Berlin. CDU-Verkehrssenatorin Schreiner stoppt Radwegpläne und will alle Projekte neu bewerten. SPD-Chef Saleh besteht auf den Radwegeausbau.
Pläne von Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) für den vorübergehende Stopp aller laufenden Radweg-Projekte in den Berliner Bezirken haben einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub, der Verein Changing Cities und Politiker der Grünen und Linken reagierten empört auf die Absichten, die durch eine Mail aus dem Hause Schreiner an die Bezirksämter bekannt wurde. Sie warfen der Senatorin vor, sich von der Verkehrswende zu verabschieden und eine einseitige Politik für Autos anzustreben. Am Nachmittag demonstrierten wütende Fahrrad-Aktivisten vor dem Sitz der Senatsverwaltung am Fehrbelliner Platz.
Auch der Koalitionspartner ging auf Distanz. Die SPD stehe zum Ausbau der gesamten Radverkehrsinfrastruktur, sagte SPD-Landes- und Fraktionschef Raed Saleh: „Wir wollen mehr und sicherer Radwege. So ist der verabredete Weg in der Koalition.“
Eine Mail aus der Verkehrsverwaltung weist Bezirke an, Rad-Projekte auf Eis zu legen
In der Mail an die Bezirke heißt es, sie sollten Projekte für neue Radwege oder Radspuren stoppen, wenn dadurch ein Fahrstreifen für Autos oder auch nur ein Parkplatz wegfiele. Radverkehrspläne wollten vorerst nicht mehr geprüft werden, auch Stellungnahmen dazu sollten die Behörden nicht mehr abgeben.
Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Werner Graf sagte, die Koalition zeige, dass sie zur Verkehrspolitik des letzten Jahrhunderts zurück wolle. Die Senatorin zeige, „dass sie ihrer Verwaltung und den Mitarbeitenden komplett misstraut und alles infrage stellt, was diese bisher erarbeitet“ hätten. Aus der CDU heißt es, die Mail sei unabgestimmt aus der Senatsverwaltung herausgegangen. Eigentlich waren dazu noch mehr erklärende Worte vorgesehen gewesen.
Viele bisherige Vorhaben funktionierten nicht, argumentiert CDU-Fraktionschef Stettner
„Wir wollen und werden den Radwegeausbau umsetzen“, sagte CDU-Fraktionschef Dirk Stettner der Morgenpost. Aber man sei eben „für Radwege“ und nicht „gegen Autos“. Man habe sich viele bestehenden Radwegepläne anschauen müssen, weil sie eben nicht funktionierten und nicht umsetzbar seien. So gebe es Fälle, wo breite Radspuren an beiden Seiten der Straße in der Mitte kein Platz für Autos bliebe, der Weg aber zu einem Krankenhaus führe.“
Schreiner selbst versuchte mit einer Presseerklärung am Nachmittag die Wogen zu glätten und sich zu erklären. Dabei stellte sie in Aussicht, dass Projekte, bei denen nicht mehr als zehn Parkplätze auf 500 Metern wegfielen, weitergetrieben werden dürften. Sie bekräftigte aber die Absicht einer Revision aller anderen Vorhaben: „Wir gehen nicht mit der Schablone vor, sondern orientieren uns am Bedarf aller Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer.“ So müssten große Straßen in der Stadt für den Pendler-, Wirtschafts- und Lieferverkehr leistungsfähig bleiben.