Berlin. Viele Berliner wollen eine neue Gastherme, bevor ab 2024 das Heizungsgesetz greift. Doch das stößt auf massive Hindernisse.
Während die Ampel-Koalition weiter nach Wegen sucht, um das umstrittene Heizungsgesetz noch bis zur Sommerpause im Bundestag beschließen zu können, stellt die Dekarbonisierung der Berliner Haushalte eine besondere Herausforderung dar. Nach Angaben des Berliner Energieunternehmens Gasag basiert die Wärmeversorgung Berlins zu fast 70 Prozent auf Erdgas. Viele Berliner versuchen deshalb noch schnell, sich eine neue Gastherme einbauen zu lassen, bevor von 2024 an jede neueingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit Öko-Energie betrieben werden muss. Doch das stößt auf Hindernisse, wie die Innung SHK (Sanitär Heizung Klempner Klima) Berlin berichtet.
Durch den vom Kabinett bereits beschlossenen Gesetzentwurf aus dem Hause des Wirtschaftsministers Robert Habeck (Grüne) habe die Nachfrage nach Gasthermen mittlerweile Ausmaße angenommen, die zu langen Wartezeiten von etwa neun Monaten geführt habe, berichtet SHK-Obermeister Andreas Schuh. Damit müssten die Berliner im Durchschnitt nun genauso lange auf eine neue Gastherme wie auf eine Wärmepumpe warten.
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Gastherme in Berlin: Fachbetriebe lehnen neue Bestellungen ab
Die Lieferschwierigkeiten führten aber zu einem Fristenproblem. „Da die Sanitär- und Heizungsfachbetriebe nicht sicher sein können, dass sie die von ihnen bestellten Gasthermen nach dem Jahreswechsel noch einbauen dürfen, lehnen unsere Mitgliedsunternehmen entsprechende Aufträge zunehmend ab“, sagte Andreas Schuh der Berliner Morgenpost. Die Angst, auf der Ware sitzen zu bleiben, sei einfach zu groß. „Wir warten deshalb dringend auf weitere Details und eine klare Beschlusslage, damit sowohl das ausführende Handwerk als auch die Hauseigentümer wissen, woran sie sind.“
Besonders die Umrüstung der häufig mit Gasetagenheizungen versorgten Berliner Mehrfamilienhäuser gestaltet sich schwierig. Von rund 30.000 Mehrfamilienhäusern sind nach Angaben der Gasag rund 200.000 bis 250.000 Gasetagenheizungen verbaut. „Gasetagenheizungen sind spezifisch für urbane Räume“, sagt Gasag-Sprecherin Ursula Luchner.
Gerade für diese Häuser, die über keine zentrale Wärmeversorgung verfügten, sei eine deutlich verstärkte Nachfrage nach Sanierungsfahrplänen festzustellen“, sagt die Gasag-Sprecherin. Wie hoch der Druck sei, zeige sich vor allem an der Auftragsquote: „Jedes verschickte Angebot an Neukunden wurde von diesen auch bestätigt. Das heißt, die Auftragsquote liegt bei 100 Prozent.“
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Heizung: Die Verunsicherung der Kunden ist groß
Grundsätzlich, so Luchner weiter, merkten die Kolleginnen und Kollegen bei den Anfragenden „eine große Verunsicherung“. Im vergangenen Jahr seien die Anfragen vor allem wegen der Energiekrise und der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern, die in Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine deutlich wurden, eingegangen. Aktuell dominiere die Diskussion zum Gebäudeenergiegesetz in den Beratungsgesprächen. „Die Fragen gehen in die Richtung: Wie kann ich mich unabhängig von fossilen Energien machen, was sind die Alternativen?“, so die Sprecherin weiter.
Im Einfamilienhausbereich seien die Fragen die gleichen. „Daher haben wir auch hier eine steigende Zahl der Anfragen vor allem zu Wärmepumpen“, sagt die Gasag-Sprecherin. Angesichts der Herausforderung, vor der viele Immobilienbesitzer stünden, werde die Energieberatung „wichtiger und aufwendiger, weil die Konzepte vielfältiger und komplexer werden, da diese auf ein Objekt zugeschnitten werden müssen.“
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Experten warnen vor Einbau neuer Gasthermen
Unterdessen warnen Experten aus Kostengründen vor dem Einbau neuer Gasthermen. Seit dem 1. Januar 2021 gibt es in den Sektoren Wärme und Verkehr einen CO2-Preis auf fossile Brennstoffe. Im Jahr 2021 eine Tonne des klimaschädlichen Gases 25 Euro. In den folgenden Jahren steigen die Abgaben dann schrittweise, bis sie 2025 einen Wert von 45 Euro pro Tonne erreichen. Nach Berechnungen der Verbraucherzentrale, liegen die Emissionen bei einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden im Jahr (typisch für ein älteres Einfamilienhaus) bei rund vier Tonnen CO2.
Im Jahr 2021 fielen dafür Mehrkosten (inklusive Mehrwertsteuer) von rund 120 Euro an, 2025 seien es dann voraussichtlich rund 195 Euro. Für das Jahr 2026 wurde ein Preiskorridor von 55 bis 65 Euro je Tonne festgelegt, als Übergang zu einer reinen Mengenbegrenzung mit freier Preisbildung ab 2027. Ab diesem Zeitpunkt könnten die CO2-Abgaben demnach rapide, vor allem aber auch unkalkulierbar steigen.
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