Berlin. Der Zuzug geflüchteter Menschen aus der Ukraine, aber auch aus anderen Kriegsregionen reißt nicht ab. Rund 10.000 Menschen haben von Januar bis April in Berlin Schutz vor Krieg und Verfolgung gesucht, die meisten davon aus der Ukraine. Diese Zahlen nannte der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) am Dienstag nach der ersten Sitzung der sogenannten Taskforce des Senats zur Unterbringung und Integration von Geflüchteten. Deshalb werde das Ukraine-Ankunftszentrum in Tegel auch nicht wie ursprünglich geplant vom Netz gehen – sondern sogar ausgebaut, kündigte Wegner an.
Die Task Force unter Federführung des Regierenden Bürgermeisters und der Senatorin für Arbeit, Soziales und Integration, Cansel Kiziltepe (SPD) soll dafür sorgen, dass über die Berliner Bezirke gerecht verteilt neue Unterbringungsmöglichkeiten sowie die entsprechende soziale Infrastruktur wie Schulen und Kitas entstehen, umriss Kai Wegner die Aufgabenstellung. Auf Staatssekretärsebene würden dazu regelmäßige Treffen der verschiedenen involvierten Senatsverwaltungen stattfinden, um die „enorme Herausforderung anzugehen“, betonte Wegner.
Berlin: So viele Plätze werden zusätzlich benötigt
Regelmäßig einbezogen werden, ergänzte die Integrationssenatorin, die Senatsverwaltungen für Stadtentwicklung und Bauen sowie für Bildung, Gesundheit und Inneres. Zudem sollen die Bezirke über den Rat der Bürgermeister (RdB) einbezogen und informiert werden. Die Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten sei eine Querschnittsaufgabe, die nur von allen gemeinsam zu leisten sei. Der Bedarf an Unterbringungsplätzen sei gewaltig, nach Prognosen müssten allein in diesem Jahr 10.000 bis 12.000 Plätze geschaffen werden – zusätzlich zu den bestehenden rund 32.500 Plätzen in Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften. Eine Zahl, die in diesem Jahr deutlich unterschritten wird, wie Kiziltepe einräumte.
„Deshalb ist klar, dass wir das Ankunftszentrum in Tegel länger nutzen als bislang geplant“, so Wegner weiter. Vor gut einem Jahr wurde der ehemalige Flughafen Tegel innerhalb kürzester Zeit zu einem Ankunftsort für geflüchtete Menschen aus der Ukraine umfunktioniert. Die Nutzung sollte ursprünglich am 31. März 2023 auslaufen und wurde bereits vom rot-grün-roten Vorgängersenat bis Ende Juni 2023 verlängert.
1600 Kinder leben auf dem Airport-Gelände in Tegel
Die weitere Nutzung des Ukraine-Ankunftszentrum im früheren Terminal C und die Leichtbauhallen soll nach Auskunft Wegners nunmehr bis ins Jahr 2024 fortgesetzt werden – ein Ende sei aus heutiger Sicht noch nicht absehbar. Details dazu würden nun erarbeitet, sagte Wegner weiter.
In Tegel ist derzeit Platz für 4500 Flüchtlinge. Rund 2800 Plätze sind nach Angaben von Integrationssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) belegt. 700 Bewohner seien Kinder, sagte sie.
Weil sich gezeigt habe, dass die Menschen nicht mehr wie ursprünglich angedacht lediglich bis zu drei Tage, sondern Wochen und sogar Monate im Ankunftszentrum verbleiben, bevor sie eine reguläre Unterkunft finden, sollen nach Wegners Worten in Tegel nunmehr auch Bildungs- und Freizeitangebote für Kinder geschaffen werden.
Wie das genau gelingen soll, dazu hielt sich Wegner bedeckt: „Genau das ist die Aufgabe der Task Force, die heute erstmalig zusammengekommen ist“, sagte er. Klar sei aber schon heute, dass es ohne eine deutlich aufgestockte finanzielle Unterstützung des Bundes nicht gelingen werde. Um die Kosten zur Aufnahme von Geflüchteten werde es auch bei der kommenden Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) am 15. Juni gehen. „Mein Wunsch wäre, dass wir dann auch schon eine Zusage vom Bund über die finanziellen Hilfen bekommen“, sagte Wegner weiter. Geplant sei dies allerdings erst für den November.
Wegner fordert Sonderbaurecht für Kitas und Schulen
Berlin werde sich beim Bund auch für die Ausweitung des Sonderbaurechts für Geflüchteten-Unterkünfte einsetzen, sagte Wegner. Ergänzend sei ein Sonderbraurecht auch für die soziale Infrastruktur, speziell für Schulen und Kitas erforderlich, „damit die Kinder nicht gegen eine weiße Wand starren“ sondern Bildungschancen und Spielmöglichkeiten bekämen.
Auf dem früheren Flughafenareal in Tegel plant und baut die landeseigene Tegel Projekt GmbH den Forschungs- und Industriepark für urbane Technologien: Berlin TXL – The Urban Tech Republic und ein neues Wohnviertel mit rund 5000 Wohnungen. Ob sich durch die Verlängerung der Nutzung als Ankunftszentrum für Geflüchtete die Planungen dort ändern, wollte Wegner am Dienstag nicht sagen: „Auch das wird in der Task Force thematisiert. Das Gelände ist aber riesengroß, ich kann mir vorstellen, dass dort die weiteren Entwicklungsschritte weiterlaufen können“, so Wegner.
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