Berlin. Vor den Augen ihrer Töchter ist eine Frau im Bus in Berlin niedergestochen worden. Verdächtiger ist ihr Halbbruder.
Nach einer Messerattacke auf eine Frau in einem Berliner Bus hat die Polizei den mutmaßlichen Täter gefasst. Das bestätigte der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft Sebastian Büchner der Berliner Morgenpost. Demnach haben Zielfahnder der Polizei den Verdächtigen am Donnerstagabend um 23.40 Uhr an der Luxemburger Straße in Wedding (Mitte) gestellt. Der Mann sei zum Landeskriminalamt gebracht worden. Am Karfreitag erließ ein Richter Haftbefehl, der Mann sitzt jetzt in Untersuchunghaft. Zuerst hatten die Zeitungen BILD und BZ darüber berichtet.
Es handelt sich bei dem Mann um den 41 Jahre alten Halbbruder der Frau. Zuerst hieß es, dass die Frau ein Zufallsopfer war. Der Verdächtige habe sich bislang nicht zu der Tat geäußert, so die Generalstaatsanwaltschaft weiter, weshalb das Tatmotiv derzeit noch unklar sei.
Messerattacke in Bus: Töchter mussten alles mitansehen
Der Mann hatte am Dienstagabend eine Frau mit einem Messer angegriffen und lebensgefährlich verletzt. Nach Polizeiangaben mussten die sieben und neun Jahre alten Töchter der 33-Jährigen mit ansehen, wie ihre Mutter in der Buslinie 327 in Richtung Schönholz attackiert wurde. Fahrgäste eilten der Frau zur Hilfe, wie Polizei und Staatsanwaltschaft mitteilten. Daraufhin sei der Täter an der Haltestelle Nauener Platz in Gesundbrunnen zu Fuß geflüchtet. Eine Mordkommission ermittele wegen eines versuchten Tötungsdelikts, hieß es.
Die Frau wurde laut Polizei in einem Krankenhaus notoperiert und wird intensivmedizinisch betreut. Laut Generalstaatsanwaltschaft ist ihr Zustand kritisch, aber stabil. Akute Lebensgefahr bestehe nicht mehr. Allerdings konnte sie noch nicht vernommen werden.
Nach einem Bericht der "BZ" erlitt die Frau Verletzungen unter anderem an Herz, Lunge und im Bauch. Sie sei zehn Stunden operiert worden. Die Polizei machte dazu keine Angaben mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen und mögliches Täterwissen. Die Töchter der Frau blieben körperlich unverletzt, so die Polizei. Sie seien in der Obhut der Familie. Um herauszufinden, wie sich die Situation unmittelbar vor dem Angriff im Bus gestaltete, hoffen die Ermittler auf Aussagen von Fahrgästen der Buslinie 327. Zudem wurde der Linienbus zur Spurensicherung sichergestellt.
Wie die Generalstaatsanwaltschaft am Freitag zudem mitteilte, habe der Verdächtige durch die Auswertung von Videoaufnahmen und Zeugenbefragungen identifiziert werden können.
Polizeipräsidentin: "Wir betrachten diese Entwicklung sehr genau"

Im vergangenen Jahr kam es nach Angaben des Senats zu 3317 Straftaten im Bereich „Messerangriff“, 2021 waren es noch 2777, ein weiteres Jahr zuvor weniger als 2600. Auch vor der Corona-Pandemie lagen die Zahlen unter 3000, ein Vergleich ist wegen geänderter Erfassung in der Kriminalstatistik aber schwierig. Im laufenden Jahr wurden bis zum 21. März mehr als 600 solcher Straftaten gezählt.
Polizeipräsidentin Barbara Slowik beklagte bereits zum Jahreswechsel, dass auch Jugendliche und Kinder immer häufiger Messer dabei hätten und auch einsetzen würden. „Das hat leider zugenommen. Wir betrachten diese Entwicklung sehr genau“, sagte Slowik Ende 2022.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser: Messer in Bus und Bahn verbieten

Bundesinnenministerin Nancy Faeser löste mit einem Interview eine Debatte darüber aus, ob in Bussen und Bahnen ein Messerverbot gelten sollte. Die SPD-Politikerin sagte unserer Redaktion: "Wir sollten auch über Messerverbote in öffentlichen Verkehrsmitteln - in Bus und Bahn - nachdenken. Wer mit dem Flugzeug reist, darf ja auch kein Messer mitnehmen." Von der Deutschen Bahn kam Unterstützung für den Vorschlag. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hält ein solches Verbot dagegen für kaum kontrollierbar.
"Wir würden ein landesbehördliches Messerverbot in Zügen und an Bahnhöfen begrüßen. Das kann das Risiko von Straftaten minimieren", sagte Hans-Hilmar Rischke, Sicherheitschef der Deutschen Bahn, auf die Aussagen der Ministerin. In Bahnen kam es in den vergangenen Jahren einige Male zu Messerangriffen mit Verletzten und auch Toten.
Die Berliner GdP sieht Probleme bei der Umsetzung: Für flächendeckende und dauerhafte Kontrollen sehe sie keine Kapazität, so Sprecher Benjamin Jendro. Die Forderung ergebe Sinn, lasse sich jedoch bereits in den Beförderungsbedingungen der Deutschen Bahn und anderen Verkehrsunternehmen umsetzen. "Wichtig ist, dass ein solches Verbot dann auch umgesetzt werden kann, wofür sehr personalintensive Kontrollen nötig sind", so der Sprecher.
psi/JP/dpa