Berlin. Am kommenden Sonntag, den 26. März, sind 2,4 Millionen Wahlberechtigte in Berlin aufgerufen, sich am Volksentscheid „Berlin 2030 klimaneutral“ zu beteiligen. Briefwahl ist schon seit einem Monat möglich, mehr als 300.000 Bürger haben die Unterlagen angefordert. Wie bei einer Wahl sind am Abstimmungstag 2208 Wahllokale von 8 bis 18 Uhr geöffnet. Ein Ergebnis könnte gegen 22 Uhr vorliegen. Klimaschutz-Initiativen haben den Volksentscheid mit einer erfolgreichen Unterschriftensammlung durchgesetzt. Nun müssen sie 613.000 Ja-Stimmen für ihr Anliegen erhalten, das wären 25 Prozent der Wahlberechtigten.
Berlins Klimaschutz- und Energiewende-Gesetz soll verschärft werden
Anders als beim Volksentscheid zur Enteignung großer Wohnungskonzerne 2021 steht diesmal ein konkreter Gesetzentwurf zur Abstimmung. Der Vorschlag ist, das Berliner Klimaschutz- und Energiewendegesetz deutlich zu verschärfen. Das Wort „Klimaschutzverpflichtungen“ soll den bisher genutzten Begriff „Klimaschutzziele“ ersetzen. Die Zieldaten sollen so verändert werden, dass Klimaneutralität schon 2030 statt bisher 2045 vorgeschrieben ist. Bis dahin soll der Ausstoß an Kohlendioxid gegenüber dem Basisjahr 1990 um 95 Prozent abgesenkt sein. Der Senat strebt bis dahin offiziell eine Reduktion von 70 Prozent an.
Vorgesehen ist auch, den CO₂-Ausstoß des Flugverkehrs vom jenseits der Landesgrenzen gelegenen Flughafen BER anteilig auf das CO₂-Budget Berlins anzurechnen. Sollten sich aus diesem Gesetz steigende Mieten wegen umgelegter Sanierungskosten ergeben, muss der Senat den Erhöhungsbeitrag monatlich aus dem Landeshaushalt ausgleichen. Öffentliche Gebäude soll der Senat bis 2030 energetisch saniert haben. Konkrete zusätzliche Maßnahmen für Klimaschutz über die bereits im Gesetz formulierten hinaus legt der Volksentscheid nicht vor.
Senat empfiehlt die Ablehnung, Klimaneutralität sei bis 2030 nicht zu schaffen
Der Senat empfiehlt in einer im Haus der noch amtierenden Klimaschutz-Senatorin Bettina Jarasch (Grüne) formulierten Stellungnahme, den Volksentscheid abzulehnen. 2030 sei nicht zu erreichen, vor allem, weil sich Berlin als Land nicht abkoppeln könne von dem, was um die Stadt herum passiert und für einige Themen keine eigene Regelungskompetenz besitze.
Trotz dieser Position mobilisieren inzwischen die Grünen für ein Ja zum Volksentscheid. Viele Klimaschützer sehen das Dilemma, dass etwas zur Wahl steht, was nicht zu schaffen sei, sagte Professor Bernd Hirsch vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung. Er hat in einer Studie im Auftrag des Senats dargestellt, dass Klimaneutralität in den 2040er-Jahren erreichbar sei.
Der Experte sieht aber auch, dass es in der Politik bisher an der „notwendigen Ernsthaftigkeit“ beim Klimaschutz gefehlt habe. Nun können sie durch ein Volksgesetz „das Rüstzeug bekommen“, um schneller zu werden. Sollten die Verpflichtungen wie erwartet nicht zu den vorgegebenen Zeiten eingehalten werden, bliebe dem Abgeordnetenhaus immer noch die Möglichkeit, ein vom Volk verschärftes Klimaschutzgesetz anzupassen, um Klagen und Strafzahlungen zu vermeiden.