Berlin. Weder der König von Lesotho, noch der armenische Ministerpräsident oder der Präsident der Republik Malediven erregten bei ihren Besuchen in Berlin besonders viel Aufmerksamkeit. Alle drei waren in den vergangen zwei Wochen bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu Gast. Auch von der Visite des bhutanischen Ministerpräsidenten im Schloss Bellevue dürften die wenigsten in der Hauptstadt etwas mitbekommen haben.
Anders wird es ab Mittwoch sein, wenn Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu für drei Tage nach Berlin kommt. Nicht nur sind zahlreiche Demonstrationen gegen ihn und seine rechts-religiöse Regierung am Donnerstag im Regierungsviertel geplant, auch die deutschen Sicherheitsbehörden sind in höchster Alarmbereitschaft.
Denn für Netanjahu gilt wie standardgemäß für ranghohe israelische Politiker die höchste Sicherheitsstufe. Einige Gäste seien „aufgrund ihres Amts oder ihrer Vita (...) auch in Deutschland gefährdet und müssen besonders geschützt werden“, heißt es dazu auf der Internetseite des Bundeskriminalamts (BKA). Kurzum: Die Behörden gehen davon aus, dass mit einem Anschlag zu rechnen ist.
Nur berechtigte Personen dürfen gesperrte Bereiche betreten
Üblicherweise werden die Bereiche, in denen sich der Staatsgast aufhält, weiträumig für die Öffentlichkeit gesperrt. Nur Personen, mit einer Zugangsberechtigung dürfen sie betreten – etwa Anwohnende oder Menschen, die dort arbeiten.
In der Regel finden um diese Bereiche herum auch verschärfte Personen- und Fahrzeugkontrollen statt. Die Bereiche und entsprechende Gebäude, wie Tagungssäle oder Hotels, werden von Spezialisten oft mit Spürhunden und entsprechender Technik nach verdächtigen Gegenständen wie Sprengsätzen abgesucht. Mitunter sind auch Taucher im Vorfeld auf dem Grund nahe gelegener Wasserwege unterwegs.
Nicht selten werden auch Gullydeckel und Versorgungsschächte verplombt beziehungsweise zugeschweißt, um möglichen Angreifern einen Zugang durch die Kanalisation zu verwehren. Außerdem kam es bereits vor, dass öffentliche Papierkörbe abmontiert wurden. Ziel sei es, einen sicheren Bewegungsraum zu schaffen, heißt es dazu beim BKA weiter.
Um die gesperrten Gebiete sind großflächig oft mehrere Hundert bis Tausend Polizeikräfte im Einsatz. Die Bundespolizei beobachtet die Lage in der Regel außerdem per Hubschrauber aus der Luft. Für gewöhnlich beziehen auch Scharfschützen Stellung in erhöhter Position – etwa auf Dächern umliegender Gebäude.
Höchste Alarmbereitschaft bei russischem und amerikanischem Präsidenten
„Der Umfang der Maßnahmen richtet sich nach einer individuellen Gefährdungsbewertung“, heißt es auf der Internetseite des BKA. Die Beurteilung umfasse „die anlassbezogene oder wiederkehrende Analyse und Bewertung von Informationen sowie die schlüssige Feststellung des Grades der Gefährdung“. Sie werde regelmäßig und anlassbezogen fortgeschrieben.
Eine Liste, für die Oberhäupter welcher Staaten Sicherheitsstufe 1 gilt, gibt es nicht. Ranghohe israelische Vertreter gehören jedoch immer dazu. So glichen Teile Berlins bereits im Dezember 2012 bei einem Besuch Netanjahus einer Festung. In der Vergangenheit galt die höchste Alarmbereitschaft auch bei Besuchen des russischen Staatschefs Wladimir Putin und für US-Präsidenten.
Beim Abschiedsbesuch von Barack Obama im November 2016 wurde der S- und U-Bahnverkehr im Regierungsviertel zeitweise unterbrochen. Der Luftraum über dem Flughafen wurde gesperrt. Während der ehemalige US-Präsident im Charlottenburger Schloss zu Abend aß, durften Anwohner nicht die Fenster öffnen oder ihre Balkone betreten.
Secret Service spricht sich im Vorfeld mit BKA und LKA ab
Vertreter des Secret Service, der für den Schutz des Präsidenten zuständig ist, waren damals schon eine Woche vor dem Besuch nach Berlin gekommen, um die Lage zu sondieren und sich mit BKA und dem LKA Berlin zu besprechen. Die US-Präsidenten bringen in der Regel auch ihre eigenen Fahrzeuge aus den Staaten mit.
Damals kam Obama im Hotel Adlon neben der US-Botschaft unter, das über eine besonders gesicherte Präsidenten-Suite verfügt. Drei Jahre vorher schlief der US-Präsident im Ritz Carlton am Potsdamer Platz. Die nun geltenden Absperrungen rund um das Waldorf-Astoria in der City West lassen vermuten, dass Netanjahu dort Quartier beziehen wird.