Berlin. Die Stimmung in Berlins Wirtschaft, bei Gewerkschaftern und auch in den Einkaufsstraßen war zwiegespalten an dem Tag, als die Schließungspläne für 52 Kaufhausfilialen von Galeria Karstadt Kaufhof bekannt wurden. Nicht schön, aber es hätte schlimmer kommen können, so der Tenor.
Berlins Wirtschaftssenator Stephan Schwarz (parteilos, SPD) nannte es „bitter“, dass das Kaufhaus an der Wilmersdorfer Straße schließen müsse, weil der Mietvertrag durch den Eigentümer nicht verlängert wird. „Jetzt muss es darum gehen, gute Lösungen und Angebote für die Beschäftigten zu finden, und diesen Prozess werden wir begleiten und unterstützen“, sagte Schwarz der Berliner Morgenpost. Das Gleiche gelte auch für die Beschäftigen des Standorts an der Müllerstraße, wo das Kaufhaus ab kommenden Jahr umgebaut werden soll.
Wirtschaftssenator Schwarz sieht dennoch Chancen für Warenhäuser in Berlin
Insgesamt bemühte sich der Wirtschaftssenator aber, durchaus optimistisch auf die Zukunft der Kaufhäuser in der Stadt zu blicken. Es sei eine gute Nachricht, dass alle Berliner Standorte, die der Gruppe gehören oder langfristige Mietverhältnisse haben, laut dem Vorschlag bestehen bleiben sollen. Die Galeria-Insolvenzverwalter würden Berlin damit als Kaufhausstandort „das notwendige Zukunftspotenzial“ bescheinigen, so Schwarz.
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Nils Busch-Petersen, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg stellte fest: „Wir haben einen echten Abgang in Brandenburg mit Cottbus und einen in Berlin mit der Wilmersdorfer Straße“. Wo sich, wie in Potsdam oder an der Müllerstraße in Wedding, die Kommunalpolitiker für die Häuser stark gemacht hätten, sei eine Schließung vermieden worden. Busch-Petersen appellierte an das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf, einen Rettungsversuch für das Haus an der Wilmersdorfer Straße zu unternehmen.
Gewerkschaft Verdi: Es geht um 250 Mitarbeiter und weitere Beschäftigte drumherum
Die Gewerkschaft Verdi verlangte, den 2020 zwischen Senat und Signa abgeschlossenen „Letter of Intent“ (LoI) zu novellieren und die Häuser inklusive dem in Cottbus zu erhalten. .„Wir reden allein in den drei Warenhäusern von mehr als 250 Beschäftigten, hinzu kommen Mitarbeitende aus den Lebensmittelabteilungen, Gastronomie und Untervermietungen sowie umliegende Geschäfte und kleinere Einzelhändler, die von den Warenhäusern als Ankermieter abhängig sind“, sagte Verdi-Handelssekretärin Conny Weißbach.
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Am Leopoldplatz soll nach einer Umbauphase wieder ein Warenhaus eröffnen. Hier werde es darum gehen, die qualifizierten Mitarbeitenden in anderen Berliner Filialen übergangsweise zu beschäftigen – mit einem Rückkehrrecht in ein neues Warenhaus. „Personalabbau darf es auch in den Filialen, die fortgeführt werden, nicht geben. Eine ausreichende Personalausstattung ist das entscheidende Differenzierungsmerkmal gegenüber dem reinen Onlinehandel“, so Weißbach. Personalmangel sei das von den Kundinnen und Kunden am meisten kritisierte Manko
Signa müsse genügend Geld in die Filialen investieren und Personal behalten
Signa mit Haupteigentümer René Benko müsse beweisen, dass es für sie nicht nur Immobilien gehe. Eine Sanierung mit dem Erhalt aller Standorte und Arbeitsplätze sei möglich. „Benko muss in einer Größenordnung investieren, die er bei Erwerb der aus Karstadt und Kaufhof fusionierten Warenhauskette angekündigt hatte. Das Warenhaus der Zukunft braucht in ersten Linie genug Personal, das qualifiziert und freundlich ist“, so die Gewerkschafterin.