Berlin. Nach dem tödlichen „Dooring-Unfall“ im Februar soll es keine größeren Änderungen bei der geplanten Verstetigung des Pop-up-Radweges in der Kantstraße geben. Verkehrswidriges Verhalten könne nicht gänzlich durch bauliche Maßnahmen verhindert werden, teilt das Bezirksamt von Charlottenburg-Wilmersdorf auf Anfrage der Berliner Morgenpost mit. Ohnehin sehen die Planungen vor, auf der rechten Spur neben dem Gehweg einen mit Protektionselementen geschützten Radfahrstreifen zu installieren.
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Die Senatsverwaltung für Mobilität teilt mit, sie hoffe, dass die verkehrsrechtliche Planung im Laufe des März abgeschlossen werden könne. Die Verstetigung soll im zweiten Quartal erfolgen. Es sei im Regelfall auch angedacht, die Radfahrstreifen bis an die Kreuzungen heran mit Pollern zu schützen. Zumeist innerhalb von Sperrflächen, vereinzelt bei knapper Flächenverfügbarkeit auf Trennlinien, heißt es. Dort, wo sich Bushaltestellen unmittelbar vor den Kreuzungen befinden, würden allerdings keine Poller ausgeführt werden, lautet die Antwortet der Senatsverwaltung auf eine Anfrage des Radfahrervereins Changing Cities.
Changing Cities: Radwege müssen baulich abgegrenzt werden
Laut der Initiative Changing Cities ist die Abgrenzung der Radwege durch bauliche Maßnahmen der einzige Weg, um illegales Parken auf Radwegen zu verhindern. Die Erfahrungen aus der ganzen Stadt würden eindeutig zeigen, dass, wo geparkt werden kann, auch geparkt werde – auch wenn es illegal ist. „Gefahndet wird es ja kaum, also ist das Risiko erwischt zu werden, nahezu Null. Farbe auf der Straße ist keine Infrastruktur“, sagt die Sprecherin der Initiative Changing Cities Ragnhild Sørensen.
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Das Problem bei den Pop-up-Radwegen seien vor allem die Kreuzungen. Die Strecke würde auch durch vorläufige Schutzelemente weit besser geschützt als zuvor, aber an den Kreuzungen entstünden die Probleme, denn sie würden nicht „mitangefasst“. „Und wir wissen, dass in den Kreuzungen die meisten Unfälle passieren“, so Sørensen. Mit einer fehlerverzeihenden Kreuzungsinfrastruktur, wie man es aus den Niederlanden kennt, sei es möglich, Kreuzungen viel sicherer zu gestalten, als es im Moment der Fall ist.
Bezirk verspricht deutliche Verbesserung der bisherigen Situation
Die mittlere Spur werde laut Bezirk zur „Multifunktionsspur“, die je nach tageszeitlichen Bedarfen als Bussonderfahrstreifen dient oder zum Laden und Liefern genutzt werden kann, und die linke Spur dient als „normale“ Fahrspur. Außerhalb der Gültigkeitszeiträume für den Bussonderfahrstreifen stehe praktisch die gesamte Spur für Laden und Liefern zur Verfügung. Man könne daher mit einer Entspannung der Situation für den Lieferverkehr rechnen. Es sei eine deutliche Verbesserung gegenüber der bisherigen Situation. Die Diese Planung für die Multifunktionsspur sei zudem mit den Anforderungen der Feuerwehr vereinbar.
Grundsätzlich seien Pop-up-Radwege zielführend, da sie ein gewisses Experimentieren zulassen würden, so Changing Cities. Allerdings würde die Umsetzung der Verstetigung zu lange dauern, teilt der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) Berlin auf Anfrage der Morgenpost mit. „Eine temporäre Lösung wurde bereits 2020 eingerichtet, hier hätte längst mehr passiert sein müssen“, sagt Sprecherin Lisa Feitsch.
„Dooring“-Unfälle, also das unachtsame Öffnen einer Autotür ohne Schulterblick, würden man tagtäglich in Berlin erleben. Diese Unfälle könnten im großen Stil nur vermieden werden, wenn die Polizei Berlin Regelverstöße im Straßenverkehr konsequent kontrolliert und ahndet, so der ADFC. Ein wichtiger Aspekt sei der Holländische Griff, der stärker verbreitet werden müsste. Gemeint ist, dass Fahrzeuginsassen zum Türöffnen den Arm nutzen sollten, der vom Türgriff abgewandt ist, um den Blick nach hinten zu richten.
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