Niedrigere Geldstrafen

Einige Richter halten Tagessatz-Vorgabe für rechtswidrig

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Die Vorgabe niedrigerer Geldstrafen für Bürgergeldbezieher verstößt nach Ansicht einiger Berliner Richter gegen das Strafgesetzbuch (Symbolbild).

Die Vorgabe niedrigerer Geldstrafen für Bürgergeldbezieher verstößt nach Ansicht einiger Berliner Richter gegen das Strafgesetzbuch (Symbolbild).

Foto: Oliver Berg / picture alliance

Kritik an Vorgabe für niedrigere Geldstrafen für Bürgergeldbezieher: Richter halten Vorstoß der Justizsenatorin für rechtswidrig.

Berlin.  Bei Berlins Richterinnen und Richtern macht sich zum Teil großer Unmut gegen Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) und Generalstaatsanwältin Margarete Koppers breit. Grund ist die Vorgabe an die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, für Menschen mit Einkommen am Existenzminimum liegt, deutlich geringere Geldstrafen zu beantragen. Es herrsche große Aufregung, wie aus der Richterschaft zu hören ist.

Am Dienstagabend kamen Berlins Strafrichterinnen und -richter zusammen, um die bereits im Dezember von Koppers angekündigte Vorgabe zu diskutieren. Die sieht vor, dass bei Geldstrafen für Empfängerinnen und Empfänger von Bürgergeld nur noch Tagessätze von fünf statt bisher 15 Euro gefordert werden sollen. Teile der Richterschaft halten die Vorgabe für rechtswidrig.

„Die Höhe eines Tagessatzes bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters“, heißt es in Paragraf 40 des Strafgesetzbuchs (StGB). „Dabei geht es in der Regel von dem Nettoeinkommen aus, das der Täter durchschnittlich an einem Tag hat oder haben könnte.“

Berlin: Höhe der Tagessätze laut Strafgesetzbuch an Einkommen gekoppelt

Bei einem Arbeitslosengeld II-Regelsatz von rund 450 Euro im Monat waren das täglich 15 Euro. Das zum 1. Januar eingeführte Bürgergeld liegt bei 502 Euro. Der Tagessatz müsste also laut StGB bei knapp 17 Euro liegen. Allerdings gibt es auch einen Teil der Richterschaft, der die Vorgabe und deren erklärtes Ziel befürwortet.

Erklärtes Ziel der Vorgabe ist es, dass sich mehr Verurteilte die Geldstrafe auch leisten können. 15 Euro seien für viele Menschen am Existenzminimum schon jetzt kaum leistbar, sagte Senatorin Kreck am Dienstag. Wer etwa zu 30 Tagessätzen je 15 Euro und somit 450 Euro Gesamtstrafe verurteilte werden, habe nur noch 50 Euro zum Leben übrig.

Viele würden deshalb ins Gefängnis gehen und eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen und damit auch für vermeintliche Bagatelldelikte wie Ladendiebstahl oder Bahnfahren ohne Fahrschein ins Gefängnis gehen. Zuletzt betraf das in Berlin Ende November mehr als 400 Menschen.

Teile der Richterschaft finden Koppelung an Bürgergeld ungerecht

Kreck betonte dabei zuletzt, dass die die Gerichte keineswegs an die Vorschläge der Staatsanwaltschaft gebunden seien und autonome Urteile fällen. Um damit Personal, Geld und Auffand zu sparen, gibt es bei kleineren, nur von Geldstrafen bedrohten Delikten häufig jedoch keinen Prozess, sondern es ergeht ein Strafbefehl.

Dabei hält sich das Gericht an den Vorschlag der Staatsanwaltschaft. Folgt die wiederum der Vorgabe, hat der Richter oder die Richterin die Wahl, Tagessätze von fünf Euro zu akzeptieren oder auch bei kleinen Delikten einen Prozess zu beginnen. Außerdem würde mit vorab angekündigten milden Folgen das falsche Signal für Straftäter gesetzt werden, wie es am Dienstag aus den Reihen der Opposition hieß.

Aus der Richterschaft kommt allerdings noch ein weiterer Kritikpunkt. Einige würden die Vorgabe schlicht als ungerecht empfinden, weil sie an den Empfang von Bürgergeld gekoppelt sei, wie ein Richter der Berliner Morgenpost sagte. Jemand, der geringfügig beschäftigt dasselbe oder etwas mehr verdient, fällt nicht in das Schema. Hier gebe es die „größten Bauchschmerzen“, wie es heißt.

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