Organisierte Kriminalität

Remmo-Clan: Geheimer LKA-Bericht blieb folgenlos

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Polizisten bei einer Razzia in der Villa des Remmo-Clans in Berlin-Neukölln im November 2021.

Polizisten bei einer Razzia in der Villa des Remmo-Clans in Berlin-Neukölln im November 2021.

Foto: dpa

2012 verfassten Experten eine detaillierte Analyse zum Berliner Remmo-Clan. Laut einem Bericht wurden die Erkenntnisse nicht geteilt.

Berlin. Der Diebstahl der 100-Kilo-Goldmünze aus dem Bode-Museum, der Einstieg in das Grüne Gewölbe in Dresden, der Geldtransporter-Überfall am Kudamm: Einige der Aufsehen erregendsten Straftaten der vergangenen Jahre gehen auf das Konto des Berliner Remmo-Clans. Die arabische Großfamilie, deren Angehörige auch den abgewandelten Namen Rammo tragen, gilt als tief verstrickt in das Milieu der Organisierten Kriminalität der Hauptstadt. Etwa 1000 Personen können dem ursprünglich aus dem Libanon stammenden Clan zugerechnet werden.

Obwohl es zuletzt immer wieder zu Festnahmen und Prozessen gegen Mitglieder von Berliner Clans gekommen ist: Weit verbreitet ist der Eindruck, dass die Behörden die kriminelle Energie der Straftäter nicht in den Griff bekommen. Dabei liegen detaillierte Erkenntnisse und Warnungen seit vielen Jahren vor: Wie der RBB berichtet, verfassten Experten des Berliner Landeskriminalamts (LKA) bereits im Jahr 2012 ein 43 Seiten umfassendes Papier mit dem Titel: "Statistische Erhebung arabischer Straftätergruppierungen" zur "Teilgruppe 'Familie Rammo'".

Die Analysten kommen darin zu klaren Schlussfolgerungen. Zwei Beispiele nennt der RBB in Bezug auf jugendliche Familienangehörige:

  • "Die sozialen Kontakte und das familiäre Umfeld des Besch. [Beschuldigten; Anm. d. Red.] Remmo lassen es als nur wenig wahrscheinlich erscheinen, dass der Besch. Remmo in absehbarer Zeit ein sozialadäquates Leben führen wird."
  • "Die unterrichtende Lehrerin gab fernmündlich an, dass der junge (…) viele Verstöße und asoziales Verhalten aufweisen würde und ihrer Erfahrung nach nicht mehr sozialisierbar wäre."

Die LKA-Erhebung kam außerdem zu dem Schluss, dass zwischen 2009 und 2011 etwa 60 Prozent der in Berlin gemeldeten Familienmitglieder des Remmo-Clans als Tatverdächtige in verschiedenen Strafverfahren geführt wurden. Die sogenannte Tatverdächtigenbelastungszahl (TVBZ) des Familienzweigs sei mit 103 Personen zehnmal höher als bei Tatverdächtigen anderer Ethnien und Gruppen.

Remmo-Clan in Berlin: LKA-Analyse ohne Folgen

Doch laut RBB blieb die Analyse folgenlos. Mehr noch: Die Erkenntnisse wurden laut Bericht unter Verschluss gehalten. Andere Behörden und Stellen wie Jugendamt, Schule oder Staatsanwaltschaft erfuhren von dem Bericht nichts. Stattdessen sei man zu dem Schluss gekommen, dass weitere Erhebungen zu anderen schon damals bekannten Clan-Familien zu zeit- und personalaufwändig seien.

Für Falko Liecke (CDU), damaliger Neuköllner Jugendstadtrat und aktuell Sozialstadtrat, ein fataler Entschluss: "Daraus hätte man eine familienbasierte Handlungsanweisung ableiten können, um vor allem bei den Jüngeren zu intervenieren: Denn wir sehen ja, wie sich einige Mitglieder der Familie seither kriminell entwickelt haben." Liecke weiter: "Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass man auf dieser Erkenntnislage die kriminelle Entwicklung der Familie Remmo hätte aufhalten können."

Laut Liecke gelte dies auch für andere Clans. Aber es habe damals keine nähere familienbasierte soziologisch-kriminologische Betrachtung stattgefunden. Denn der familienbasierte Ansatz zur Bekämpfung der Clan-Kriminalität gelte als umstritten, vor allem Linken und Grünen gelte er als rassistisch.

( bee )