Rundfunk

Sparmaßnahmen: Rundfunkräte sauer auf RBB-Intendantin

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Jessica Hanack und Joachim Fahrun
RBB-Intendantin Katrin Vernau hat ihre Sparpläne für den Sender präsentiert. Ihre Kommunikation wird von Berliner Rundfunkräten kritisiert.

RBB-Intendantin Katrin Vernau hat ihre Sparpläne für den Sender präsentiert. Ihre Kommunikation wird von Berliner Rundfunkräten kritisiert.

Foto: Christian Ditsch / epd

RBB-Intendantin Katrin Vernau hat am Mittwoch Sparpläne für den Sender vorgestellt. Ihr Vorgehen trifft dabei nicht nur auf Zustimmung.

Berlin.  Im Rundfunkrat des RBB wächst die Verstimmung über die Interims-Intendantin Katrin Vernau. Die im September nur mühsam im zweiten Anlauf gewählte ehemalige WDR-Frau hat mit ihrem öffentlichen Vorpreschen in Sachen Einsparungen viele Mitglieder des Kontrollgremiums verärgert. „Es ist sehr schade, dass die Kommunikation nicht über die Gremien läuft“, sagte Christian Goiny, der für das Berliner Abgeordnetenhaus im Rundfunkrat sitzt. Er verstehe, dass Vernau auf die nötige Einsparsumme kommen müsse, so der CDU-Politiker, der sich aber zunächst ein Gespräch mit den zuständigen Vertretern der gesellschaftlichen Gruppen über die inhaltliche Ausrichtung des RBB gewünscht hätte, ehe einzelne Sendungen in Frage gestellt werden. Aus seiner Sicht werden die Besonderheiten Berlins im RBB-Programm viel zu wenig dargestellt und erklärt.

Wie berichtet hatte Intendantin Vernau am Mittwoch in einer Belegschaftsversammlung und fast zeitgleich in einem Interview ihre Pläne vorgestellt. Demnach soll der heruntergewirtschaftete RBB allein beim Programm 40 Millionen Euro im Jahr einsparen. 100 Stellen sollen wegfallen, auf Kündigungen will die Intendantin aber verzichten. Zwar sollen auch die sieben Radiowellen des RBB ihre Ausgaben kürzen, der wesentliche Beitrag wird aber dem wesentlich teureren Fernsehen abverlangt.

Tarifverhandlungen mit freien Mitarbeitern sollen wieder aufgenommen werden

Der RBB soll sich nach den Vorstellungen Vernaus auf das Vorabendprogramm zwischen 18 und 20 Uhr konzentrieren. Zwischen 20 und 22 Uhr sind dann günstigere Eigenproduktionen vorgesehen. Der größte Sparbeitrag soll das bisher vom RBB für die ARD produzierte Mittagsmagazin bringen. Gesucht werden nun andere ARD-Anstalten als Geldgeber. Sollte niemand an der Seite des ZDF einsteigen, müsste die Sendung eingestellt werden. Das Magazin kostet den RBB dem Vernehmen nach 3 Millionen Euro im Jahr.

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Nach Angaben der Freien-Vertretung stehen dort 100 Personen auf dem Verteiler, rund 80 seien freie Mitarbeiter, die um ihren Job fürchten müssten. Überhaupt sei es völlig unklar, wie die Intendantin mit den 1500 Freien umzugehen gedenke, die einen Großteil des Programms erbringen. Dass Vernau die Tarifverhandlungen über einen Bestandsschutz für die meist langjährigen freien Mitarbeiter stillschweigend beendet hatte, wie bei der Belegschaftsversammlung herauskam, habe für große Empörung gesorgt, hieß es. Der Redaktionsausschuss hat deshalb in einem Brief die Wiederaufnahme der Gespräche verlangt.

Der Druck auch von einigen Führungskräften sei offenbar so groß gewesen, dass die Senderspitze am Donnerstag eine Wiederaufnahme der Gespräche angekündigt habe, hieß es aus der Freienvertretung.

Grünen-Politikerin Kapek bemängelt fehlende Information des Rundfunkrates

Dass das Mittagsmagazin geopfert werden soll, hält die langjährige Rundfunkrätin Antje Kapek für nachvollziehbar. „Hier wird ein vergoldeter Zopf aus der Ära Schlesinger abgeschnitten“, sagte die Berliner Grünen-Politikerin der Berliner Morgenpost mit Blick auf die wegen Vetternwirtschaft und anderer Vorwürfe entlassene Ex-Intendantin Patricia Schlesinger.

Aber auch Kapek findet die Kommunikation der Nachfolgerin mit den Kontrolleuren des Senders schlecht. Nächste Woche Dienstag findet die letzte Sitzung des alten Rundfunkrates statt, bei der es um den Bericht mehrerer Anwaltskanzleien zu den Interna im RBB gehen soll. Zwei Tage später trifft sich der neue Rundfunkrat zu seiner ersten Sitzung. Warum Vernau mit der bisherigen Film- und Kulturchefin Martina Zöllner bereits Mitte Februar ihre neue Programmdirektorin vorgeschlagen hat, versteht Kapek nicht. Der neue Rundfunkrat werde die neue Spitzenfrau nicht vor April wählen, deshalb bestehe keine Eile.

Kapek beklagt zudem, dass der Rundfunkrat seit anderthalb Jahren keinen Wirtschaftsplan des RBB gesehen habe und immer erst im Nachhinein über Entscheidungen der Intendantin informiert werde. Sie geht davon aus, dass die Berichte der beiden Landesrechnungshöfe Ende März zeigen werden, dass die wirtschaftliche Lage des RBB auch wegen der extrem hohen Pensionslasten für Führungskräfte noch schlechter sei als bisher eingeräumt. Es gehe um die Existenz des Senders, warnte Kapek.

Brandenburger Linke befürchtet Qualitätsverluste im Programm

Die Möglichkeiten der Politik in Berlin und Brandenburg, in die Geschäfte des Senders einzugreifen, sind aber begrenzt. Auch die Absicht, neue Strukturen und Aufsichtsrechte der Gremien gegenüber der Intendanz im neuen Medienstaatsvertrag festzuschreiben, scheint sich zu zerschlagen. Aus Berlin hieß es, die Brandenburger Koalition aus SPD, CDU und Grünen könne sich nicht über die gewünschten Inhalte einigen, deshalb sei ein neuer Staatsvertrag erst nach den Brandenburger Landtagswahlen im Sommer 2024 zu erwarten.

In Brandenburg werden die angekündigten Sparmaßnahmen durchaus mit Skepsis gesehen. „Einsparungen bei Produktionen sehen wir kritisch“, sagt der medienpolitische Sprecher der Linksfraktion im Landtag, Thomas Domres. „Wenn man die Einschaltquote verbessern möchte, muss man natürlich gucken, wie man ein Programm auf die Beine gestellt bekommt, das bei den Leuten ankommt und auch gewollt ist.“ Inwieweit das mit einem Stellenabbau zusammenpasst, stellt Domres zumindest in Frage. Er erwartet, dass Intendantin Vernau im Hauptausschuss des Landtags zeitnah darlegt, was die Einsparungen konkret bedeuten. Das habe sie zuvor angeboten, so der Linken-Politiker.

Eine Bewertung der konkreten Programmgestaltung des RBB will CDU-Fraktionschef Jan Redmann derweil nicht vornehmen – das sei nicht Aufgabe der Politik, sagt er. „Einspar- und Umstrukturierungen sind in Anbetracht der wirtschaftlichen Situation des RBB wohl angebracht“, so Redmann. Er setzt darauf, dass die Intendantin einen angekündigten Schwerpunkt umsetzt: „Lokale und regionale Berichterstattung aus und für Brandenburg darf nicht zu kurz kommen“, fordert er.