Berlin. Ein Einwanderungszentrum kommt. In der Debatte im Landesparlament sorgte ein AfD-Abgeordneter für einen Eklat.

Das neue Landeseinwanderungszentrum soll am 1. Januar 2024 seine Arbeit aufnehmen. Das kündigte die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) am Donnerstag im Abgeordnetenhaus. „Das ist der Plan, das wollen wir machen“, sagte Giffey. Im kommenden Jahr sollen dafür die rechtlichen Rahmen und die personellen Strukturen geschaffen werden, so Giffey.

Um die Einbürgerungsverfahren zu beschleunigen, will der Senat ein Einbürgerungszentrum einrichten. Dafür sollen 83 Stellen aus den Bezirken, die die Einbürgerungsanträge bislang bearbeitet haben, in dem neuen Amt zentralisiert werden. 40 weitere Stellen sollen neu geschaffen werden. Ziel ist es, die Verwaltungsprozesse zu beschleunigen. In manchen Bezirken dauert die Antragsbearbeitung bis zu drei Jahren. „Es geht darum, Teilhabe schneller und besser zu ermöglichen“, sagte Giffey.

In Berlin leben rund 700.000 Menschen ohne deutschen Pass. Ein großer Teil davon, könnte die deutsche Staatsbürgerschaft zwar beantragen, scheut aber offenbar wegen des hohen bürokratischen Aufwandes davor zurück. Das soll sich ändern. „Derzeit bürgern wir 8000 Menschen pro Jahr ein, Ziel ist es, dass es 20.000 werden“, sagte Giffey.

SPD-Fraktionschef erinnert an Berlins Einwanderungsgeschichte

Vertreter der rot-grün-roten Regierungsfraktionen verteidigten die Einrichtung des Landeseinwanderungszentrums und die gerade vorgestellten Pläne der Bundesregierung, die Einbürgerung zu erleichtern. „Einwanderung macht uns stark“, sagte SPD-Fraktionschef Raed Saleh und verwies auf die lange Einwanderungsgeschichte der Stadt. Nur durch Einwanderung habe Berlin sich von einem Dorf im 17. Jahrhundert zu einer Weltstadt entwickeln können.

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Die Einbürgerung sei fair gegenüber Menschen, die hier schon lange lebten, sagte Jian Omar (Grüne). Für die Linke ist die Einbürgerung „der Türöffner für mehr Teilhabe der Menschen“, sagte die Migrationsexpertin der Fraktion, Elif Eralp. Obwohl sie hier eine neue Heimat gefunden hätten, hier arbeiteten und Steuern zahlten, könnten sie nicht an den Gestaltungsprozessen des Gemeinwesens teilhaben.

Die Opposition lehnt die Vereinfachung der Einbürgerung ab

Dagegen lehnen CDU und AfD eine vereinfachte Einbürgerung ab. Die deutsche Staatsbürgerschaft solle nicht „unter Wert vergeben“ werden, kritisierte Björn Wohlert (CDU). Die Vergabe der Staatsbürgerschaft solle das Ergebnis einer erfolgreichen Integration sein und nicht zuerst vergeben werden, bevor eventuell die Integration erfolge.

Die AfD forderte eine Beschleunigung von Abschiebungen ausreisepflichtiger Ausländer. Auch das stelle den Abschluss einer Migrationsgeschichte dar, sagte Hugh Bronson und sprach im Zusammenhang von Menschen ohne deutschen Pass von „Undeutschen“.

Die FDP kritisierte die langen Wartezeiten in den Bezirksämtern für Einbürgerungswillige. „Viele Einwandernde werden wegen der zähen Verfahren abgehalten, einen Antrag zu stellen“, sagte Maren Jasper-Winter. Allein um ein Erstgespräch zu erhalten, vergehe in manchen Bezirken ein Jahr, die Bearbeitung könne dann weitere zwei Jahre dauern. „An kaum einer Stelle zeigt sich die Dysfunktionalität der Verwaltung so wie bei den Einbürgerungen“, sagte Jasper-Winter.

Der Senat will die Einbürgerung zentralisieren

Giffey räumte ein, dass bei der Einbürgerung in Berlin noch manches im Argen liegt: In den Bezirken werde damit sehr unterschiedlich umgegangen. Eine Folge ist, dass der Einbürgerungsprozess in einigen Bezirken deutlich länger dauert als in anderen. „Es läuft nicht so, wie es laufen muss“ sagte Giffey. „Wir müssen hier etwas ändern.“

Bislang haben Ausländer die Möglichkeit, nach acht Jahren Aufenthalt die deutsche Staatsangehörigkeit zu beantragen. Außerdem müssen sie nachweisen, dass sie ihren Lebensunterhalt bestreiten können, über ausreichend Sprachkenntnisse verfügen und einen Test bestehen.

Die Bundesregierung will die Wartezeit auf fünf Jahre verkürzen und Ausnahmen für besonders Integrierte schaffen, um die Einbürgerung schon nach drei Jahren zu ermöglichen.

Auch beim Wahlrecht sollen Änderungen dazu führen, dass mehr Menschen sich an Abstimmungen beteiligen. So plant der Senat, das Wahlalter für die Wahlen zum Abgeordnetenhaus auf 16 abzusenken. Für die Bezirkswahlen gilt die Altersgrenze bereits.

Abgeordnetenhaus beschließt Erschließung zum Wahlrecht

Am Donnerstag verabschiedete das Abgeordnetenhaus eine entsprechende Entschließung zur Volksinitiative „Demokratie für Alle“. Die Initiative hatte zuvor mehr als 20.000 Unterschriften für ihre Ziele gesammelt und beim Abgeordnetenhaus eingereicht. „Auf Bezirksebene hat sich das Wahlalter 16 bewährt“, heißt es in der Entschließung des Abgeordnetenhauses. „Entsprechende politische Entscheidungsmöglichkeiten sollen jungen Menschen auch auf Landesebene eröffnet werden, mit allen daraus erwachsenden Konsequenzen.“

Die Forderungen der Initiative sehen auch vor, das Wahlrecht für alle Menschen zu ermöglichen, die mindestens seit fünf Jahren in Deutschland leben – unabhängig davon, ob sie die deutsche Staatsangehörigkeit haben oder nicht.

Grundsätzlich begrüßt der Senat auch diese Forderung, vor allem für EU-Bürger. Doch dazu müsste Bundesrecht geändert werden. Der Senat wurde aufgefordert, sich mit einer Bundesratsinitiative für die Öffnung des Wahlrechts einzusetzen.