Berlin. In den vergangenen zwei Jahren beschwerten sich 68 Menschen über die Berliner Polizei, weil sie sich rassistisch diskriminiert fühlten.

Mindestens 109 Menschen fühlten sich in den vergangenen Jahren von Kräften der Berliner Polizei aufgrund diskriminiert. So viele Beschwerden gegen die Behörde gingen seit Gründung der Ombudsstelle ein, die im September 2020 nach Inkrafttreten des Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) geschaffen wurde. Das teilte die Senatsjustizverwaltung mit, bei der die Stelle angesiedelt ist.

Davon gaben 68 an, aufgrund einer rassistischen oder antisemitischen Zuschreibung beziehungsweise ihrer ethnischen Herkunft ungerecht behandelt worden zu sein. Wiederum 30 davon warfen der Polizei Racial Profiling vor – also dass sie von der Polizei lediglich aufgrund ihrer äußeren Merkmale wie der Hautfarbe kontrolliert oder festgehalten wurden.

Die Erfahrungen der LADG-Ombudsstelle stünden damit im Widerspruch zu den Ergebnissen der jüngst veröffentlichten Berliner Polizeistudie der Technischen Universität Berlin, sagte Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) am Mittwoch im Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses. „Menschen machen in Berlin Erfahrungen, die sie als rassistisch empfinden.“ Ein Ergebnis der Studie lautete, dass es kein Racial Profiling gebe beziehungsweise keine entsprechenden Situationen von den Forscherinnen und Forschern beobachtet wurden.

Racial Profiling und Rassismus: Oft steht es Aussage gegen Aussage

Bei der Zahlen der Ombudsstelle handelt es sich allerdings nur um Beschwerden nicht um eine objektive Statistik. In wie vielen Fällen sich der Verdacht des Racial Profilings bestätigt hat, lässt die Justizverwaltung offen und verweist auf viele noch laufende Verfahren. Und ob es am Ende eindeutige Ergebnisse gibt, bleibt abzuwarten – vor allem wenn es Aussage gegen Aussage steht.

Die Studie setzte einen alltäglichen, der Gesellschaft immanenten Rassismus voraus, der auch vor der Polizei nicht Halt macht. Ihr kommt als Trägerin des Gewaltmonopols jedoch eine besondere Rolle zu, die es auch vor diesem Hintergrund permanent zu reflektieren gilt – etwa im Rahmen der Aus- oder kontinuierlichen Fortbildung. Eine Aussage darüber, wie weit rassistische Einstellungen innerhalb der Polizei verbreitet sind, war nicht Forschungsgegenstand.

„Wir müssen strukturelle Defizite erkennen und abarbeiten“, so Kreck im Ausschuss weiter. Auszusprechen, dass Menschen sich von polizeilichem Handeln rassistisch diskriminiert fühlen würden, „bedeutet nicht, dass es einen Generalverdacht gegen die Berliner Polizei gibt“. Damit widersprach die Senatorin ihrem Parteifreund, dem Linken-Abgeordneten Ferat Kocak.

Polizist soll volksverhetzende Inhalte gepostet haben

Kocak hatte der Berliner Polizei zuletzt pauschal „ein Problem mit Rassismus“ unterstellt und damit den Unmut von Innensenatorin Iris Spranger (SPD) auf sich gezogen. Allerdings stand die Polizei zuletzt auch immer wieder in der Kritik.

Im September tauchte ein Video von einem Einsatz auf, bei dem ein Beamter gegenüber einer Syrerin ausfallend wurde und ihr sagte, dass sie hier Gast sei. Am Mittwoch wurde die Wohnung eines anderen Beamten durchsucht, weil er volkverhetzende Inhalte in einer Chatgruppe gepostet haben soll. Gegen ihn wird ermittelt.

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