Berlin. Im Berliner Abgeordnetenhaus zeichnet sich eine Mehrheit für die sogenannte „Richterklage“ ab. Ein entsprechender Antrag der CDU fand am Mittwoch im Rechtsausschuss eine breite Zustimmung. Er sieht vor, dass Richterinnen und Richter, die „im Amte oder außerhalb des Amtes gegen die Grundsätze des Grundgesetzes oder gegen die verfassungsmäßige Ordnung des Landes Berlin“ verstoßen, auf Antrag des Parlaments entlassen werden können. Nötig wären zwei Drittel der Stimmen.
Die letztgültige Entscheidung darüber soll das Bundesverfassungsgericht treffen. Nötig dafür wäre eine Änderung der Berliner Landesverfassung. Der rechtspolitische Sprecher der CDU-Fraktion Alexander Herrmann verwies im Ausschuss darauf, dass es entsprechende Regelungen im Grundgesetz für Bundesrichter sowie in den Verfassungen der meisten Länder gebe.
Da es die Regelung auch in Brandenburg gibt, „unterliegen die Richter an unseren Obergerichten ihr bereits“, so der Unionspolitiker. Es gehe auch um eine Gleichbehandlung etwa der Richter am Oberverwaltungs- oder Finanzgericht Berlin-Brandenburg.
Grüne sehen „gewisse Signalwirkung“
Der Vorschlag erntete Zustimmung sowohl aus der Senatsjustizverwaltung als auch von den anderen Fraktionen. Ihn umzusetzen, würde eine gewisse Signalwirkung haben, sagte die rechtspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Petra Vandrey. Man wolle „bei sehr extremen Fällen“ gegen Richter vorgehen können, die nicht mehr auf dem Boden des Grundgesetz stehen würden.
Außerdem nannte Vandrey aus ihrer Sicht neben der Harmonisierung mit Brandenburg zwei weitere Vorteile. So lasse das aktuell geltende Disziplinarrecht zwar zu, dass Richterinnen und Richter auf andere Stellen oder in den Ruhestand versetzt würden – allerdings bei vollen Bezügen. Diese würden im Fall der Richterklage wegfallen.
Auch die Linke sprach sich prinzipiell für die Verfassungsänderung aus. „Es soll und kann nicht darum gehen, Einzelfallentscheidungen einem anderen Ergebnis zuzuführen“, sagte der Rechtsexperte der Fraktion, Sebastian Schlüsselburg, und spielte auf die Richterin Birgit Malsack-Winkemann an. Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) scheiterte in der vergangenen Woche damit, sie in den Ruhestand zu versetzen.
AfD gegen Verfassungsänderung
Malsack-Winkemann saß zwischen 2017 und 2022 für die AfD im Bundestag und kehrte im März in den Berliner Richterdienst zurück. Nach Ansicht der Justizverwaltung habe sich die 58-Jährige im Parlament herabwürdigend über Geflüchtete geäußert und eine Falschbehauptung zur Corona-Pandemie verbreitet, weshalb sie nicht mehr unvoreingenommen Recht sprechen könne. Das Berliner Dienstgericht für Richter folgte dem nicht und wies den Antrag zurück.
Während sich auch SPD und FDP für den CDU-Vorschlag aussprachen, sah die AfD die bestehenden Instrumente als ausreichend. Es bestehe „aktuell kein akuter Handlungsbedarf für eine Verfassungsänderung“, so der rechtspolitische Sprecher der Fraktion, Marc Vallendar. Der Schutz der Richterschaft sei ein hohes Gut – auch vor der Mehrheit der Parlamentarier. Der Antrag wurde zunächst vertagt.