Berlin. In Berlin gibt es rund 40 Autovermietungen, die „einzig und allein dazu da sind, das kriminelle Milieu mit Fahrzeugen zu versorgen“.
Die Hintermänner dieser Verleihfirmen sollen kriminelle Mitglieder polizeibekannter Großfamilien sein. Das erklärt Adham Charaby, Leiter des Zentrums für Analyse und Koordination zur Bekämpfung krimineller Strukturen im Landeskriminalamt (LKA) Berlin, dem RBB.
„Diese dubiosen Autovermietungen sind für das kriminelle Milieu in Berlin systemrelevant. Das kriminelle Milieu, das eine gewisse Mobilität benötigt, bedient sich dieser Firmen“, so Charaby weiter.
Autos dieser Verleihfirmen seien nach den Erkenntnissen der Ermittler bei zahlreichen Straftaten benutzt worden: als Fluchtfahrzeug bei Einbrüchen, bei Raubtaten, für Kurierfahrten und als sogenannte Kokstaxis. Auch bei illegalen Autorennen würden die oft hochmotorisierten Autos dieser Verleihfirmen auftauchen. Lesen Sie auch: Berlin zieht von Kriminellen Millionen Euro ein
Zusammenhänge zwischen Autovermietungen und Clan-Aktivitäten sind den Ermittlern schon länger bekannt. So gab es beispielsweise bei einem tödlichen Unfall in Treptow Hinweise darauf, dass der Unfallwagen bei einer Neuköllner Autovermietung gemietet worden war, bei der Clan-Bezüge bestehen.
Clan-Autos in Berlin: Geld soll aus kriminellen Geschäften stammen
Das Geld für die erworbenen oder geleasten Fahrzeuge dieser Firmen soll nach Erkenntnissen des LKA ebenfalls aus kriminellen Geschäften stammen. Man könne, so Charaby, von einem Kreislauf sprechen: „Inkriminierte Gelder werden in diese Firmen gesteckt, um Fahrzeuge anzumieten etc.“ Mit diesen Fahrzeugen würden dann Gewinne generiert, die wiederum den Kriminellen zur Verfügung stünden. Der Verdacht der Geldwäsche stehe im Raum. Auch interessant: Razzien in Berlin – Ermittler finden Viagra-Fakes
Das LKA hält die faktischen Eigentümer dieser Firmen für kriminelle Mitglieder polizeibekannter Großfamilien: „Wir haben festgestellt, dass es zahlreiche Firmen gibt, die wir der Clan-Kriminalität zuordnen. Die haben natürlich Strohleute eingesetzt, aber sie stecken dahinter und besitzen praktisch diese Firmen und lenken sie auch.“
Nach Erkenntnissen des RBB gehen die Hintermänner dieser Firmen sehr professionell dabei vor. Um die Firmen nach außen legal erscheinen zu lassen und die tatsächlichen Besitzverhältnisse zu verschleiern, werden Strohleute eingesetzt, Schein-Adressen, fingierte Steuernummern und häufig wechselnde Firmenbezeichnungen genutzt. Die Vermietung der Fahrzeuge erfolgt zumeist über bekannte Online-Handelsplätze, bezahlt wird in aller Regel in bar.
Clans rekrutieren Strohleute im osteuropäischen Ausland
Ihre Strohleute werden vor allem im osteuropäischen Ausland rekrutiert. Der RBB machte einen 50-jährigen verarmten Mann im polnischen Legnica ausfindig, der als geschäftsführender Gesellschafter für eine Autovermietung in Berlin-Neukölln eingesetzt wurde. Außerdem war er laut Handelsregister zeitgleich Geschäftsführer von sechs weiteren Firmen im gesamten Bundesgebiet. Lesen Sie auch: Justizsenatorin Kreck über Kriminalität – „Katz- und Maus-Spiel ist gekippt“
Aus einem der notariell beglaubigten Gesellschaftsverträge geht hervor, dass der Mann weder deutsch spricht noch versteht. Nach seiner Aussage sei er mehrfach nach Deutschland gefahren worden und habe hier Gesellschaftsverträge unterschrieben. Dafür soll er jeweils 25 Euro erhalten haben.
Das RBB-Fernsehen zeigt am 11. Oktober 2022 um 20.15 Uhr den Film „Bis in den Tod“, in dem es um Autoraser und das Geschäft der Verleihfirmen in Berlin geht. Der Film ist am 11. Oktober 2022 ab 7 Uhr in der RBB-Mediathek abrufbar.