Berlin. Es scheint ein Trend zu sein. Auf Instagram und Co. posten Menschen ihre Pilzfunde, unter ihnen der Rapper Materia. Nun ist Herbst, Hauptsaison für die Pilzsuche.
Auch in Berlin kann man erfolgreich sammeln. „Pilze sind faszinierende Lebewesen, weil sie überall vorkommen und wachsen können“, schwärmt Janna Einöder vom Naturschutzbund (NABU) Berlin.
Als Pilzgebiete in Berlin nennt sie folgende Stellen:
- Grunewald
- Plänterwald
- Gebiet um den Müggelsee
- Tiergarten
„Generell ist aber Konsens unter Pilzfans, dass man seine genauen Pilzfundorte nicht preisgibt,“ so Einöder.
Für Tamara Pilz-Hunter, die ihren Nachnamen zur Leidenschaft gemacht hat, sind die Berliner Parks ein guter Indikator für die Pilzsituation außerhalb der Stadt. Nach Feierabend sammelt die Pilzsachverständige vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Berlin oft im Volkspark Friedrichshain Pilze fürs Abendessen. „Wir haben die Natur vor unserer Nase. In den Parks gibt es wirklich tolle Speisepilze“, freut sie sich.
Allerdings rät sie dazu im städtischen Raum Pilze auf Bäumen zu sammeln und nicht vom Boden – wegen der pinkelnden Hunde. Außerdem sollten Sammelnde auf Champignons verzichten, da diese in Städten häufig schwermetallbelastet seien und es zudem einige giftige unter ihnen gäbe. Außerhalb der Stadt würden sich die Kieferforste Brandenburgs sehr gut eignen, erzählt der Pilzexperte von „Waldsamkeit“, Victor Grönke. Das Gebiet um Wandlitz galt einst als Geheimtipp, doch mittlerweile „ist es fast schon überrannt von Pilzsammlern“, so Grönke.
Pilze sammeln in Berlin: Wichtiger Unterschied zwischen Zersetzer-Pilzen und Symbiose-Pilzen
Letztlich können Suchende aber an vielen Orten fündig werden. „Es kommt darauf an, welche Pilze wir finden wollen. Wenn wir wissen, wie sich der jeweilige Pilz ernährt, können wir ihn gezielt suchen“, erklärt Pilz-Hunter. Sie unterscheidet in Zersetzer-Pilze und Symbiose-Pilze. Zersetzer, wie die Krause Glucke oder die Stockschwämmchen, kommen vor allem in naturnahen Wäldern mit viel Totholz vor. Wie der Name schon sagt, bauen sie totes, organisches Material ab.
Symbiose-Pilze, wie Maronen und Pfifferlinge, gingen Verbindungen mit Bäumen ein, lieferten diesen Wasser und Nährstoffe. Der Baum gäbe dem Pilz wiederum Zucker, den dieser durch die Photosynthese gewinnt, erklärt die Pilzsachverständige vom BUND. Diese Partnerschaften entstünden hauptsächlich unter der Bedingung von nährstoffarmen, sandigen Böden.
Pfifferlinge, Maronen, Edel-Reizker, Krause Glucken, Austern-Seitlinge und Schopf-Tintlinge
Dabei kooperieren bestimmte Pilze mit bestimmten Bäumen: „Wenn ich weiß, welcher Pilz auf welchen Baum angewiesen ist, dann werde ich fündig“, präzisiert Grönke. So seien Maronen vor allem in Kiefernwäldern, Steinpilze in Buchenwäldern und Pfifferlinge in Buchen- und Fichtenwäldern zu finden, erklärt er. „Der Boden in Berlin und Brandenburg ist besonders: Er ist eher sauer, sprich hat einen relativ niedrigen pH-Wert, das ist besonders gut für Pfifferlinge und Maronen. Aber es gibt auch viele Steinpilze, Edel-Reizker, Krause Glucken, Parasole, Austern-Seitlinge und Schopf-Tintlinge in der Region,“ klärt Pilz-Hunter über die Pilzvorkommen in der Umgebung auf.
Die gesammelten Pilze müssen möglichst schnell verwertet werden: „Man reinigt sie am besten mit einem Pinsel. Nicht mit Wasser, das saugen die Pilze schnell auf“, erklärt Pilz-Hunter. Eine Nacht im Kühlschrank lagern, sei ok, so Grönke. Allgemein gilt: „Frische Pilze sind wie Fisch oder Hackfleisch zu behandeln: Schnell verzehren und gut durchgaren“, sagt der Pilzexperte. Eine andere Variante sei das Trocknen und Aufbewahren in lufttrocknen Behältern, ergänzt er. Festfleischige Pilze könne man außerdem kurz blanchieren und dann einfrieren.
„Beim Pilzesammeln ist absolute Vorsicht geboten!“
Doch Pilzsuchende müssen einiges beachten: Grundlegend ist, dass nur Pilze verspeist werden, die zuvor eindeutig bestimmt worden sind. Dafür gibt es kostenlose Pilzberatungsstellen. Pilz-Hunter empfiehlt Pilze nur abzuschneiden, wenn man sie eindeutig identifizieren kann. Ansonsten rät sie dazu den Pilz vorsichtig auszugraben, mit all seinen Merkmalen, denn nur so kann dieser bei den Beratungsstellen eindeutig identifiziert werden. Grönke weist darauf hin, keine buntgemixten Pilzkörbe zu Beratungsstellen zu bringen, sondern die verschiedenen Pilzarten zu trennen, um eine mögliche Kontaminierung durch giftige Sorten zu vermeiden. Außerdem sollen Pilzsuchende nicht in Plastiktüten sammeln: „Pilze schwitzen darin“, erklärt Grönke. „Dadurch wird ein Zersetzungsprozess ausgelöst, der eine Lebensmittelvergiftung hervorrufen kann, obwohl der Pilz selbst ursprünglich gar nicht giftig ist.“
„Beim Pilze sammeln ist absolute Vorsicht geboten!“, warnt Einöder. „Man sollte zumindest zu Beginn seinen Pilzfund bei einer Pilzberatung überprüfen lassen oder mit Fachleuten sammeln gehen“, sagt sie weiter. Für Einsteiger empfehlen die Expertinnen und der Experte Pilzexkursionen: „Bei den Pilzführungen können die Teilnehmenden direkt am Objekt das Wissen anwenden und die relevanten Merkmale nachvollziehen“, so Grönke.
Immer mehr junge Menschen sammeln Pilze
Und diese werden gut angenommen – der Pilztrend beschränkt sich nicht nur auf Social Media: „Ganz viele junge Leute und Studenten kommen zu den Exkursionen und Seminaren. Es sind nicht mehr nur die Pensionäre die Pilze sammeln“, freut sich Pilz-Hunter. Und auch Grönke berichtet von einem Trend: „Immer mehr junge Menschen interessieren sich wieder für unbehandelte, frische Lebensmittel. Allgemein stelle ich einen Trend zurück zur Naturverbundenheit und Ursprünglichkeit fest. Pilzsammeln ist so viel mehr: Es öffnet die Augen für die Vielfalt des Ökosystems Wald.“
Dass auf dieses Ökosystem Rücksicht genommen wird, ist Einöder ein Anliegen. Sie betont, Pilze ausschließlich für den Eigenbedarf zu sammeln und zu junge und zu alte stehen zu lassen. Außerdem hofft sie, dass die vielen Sammelnden rücksichtsvoll mit der Natur umgehen.
Pilzberatungsstellen in Berlin
- Pilzberatung durch den BUND-Arbeitskreis Pilzkunde und Ökologie, dienstags, 18:00 bis 18:30 Uhr in der BUND-Landesgeschäftsstelle, Crellestraße 35, 10827 Berlin-Schöneberg.
- Pilzberatung im Botanischen Museum, Raum A 25, Königin-Luise-Str. 6-8, 14195 Berlin, Beratungstermine auf der Homepage
- Pilzkundliche Arbeitsgemeinschaft Berlin-Brandenburg e.V., Stiftung Naturschutz, Potsdamer Str. 68, 10785 Berlin
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