Berlin

Justizsenatorin Lena Kreck lässt Professorinnen-Titel ruhen

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Joachim Fahrun
Lena Kreck

Lena Kreck

Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa/Archivbild

Justizsenatorin Lena Kreck wird den Titel Professorin nicht mehr führen. Wie die Linken-Politikerin die Entscheidung begründet.

Berlin. Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) wird sich bis auf Weiteres nicht mehr Professorin nennen. Das teilte die Linken-Politikerin am frühen Freitagmorgen mit. Sie reagierte damit auf Kritik, sie sei nicht berechtigt, den Titel nach ihrer Beurlaubung an der Evangelischen Fachhochschule zu führen, weil sie noch nicht fünf Jahre als Hochschullehrerin tätig gewesen sei. Nach ihrer politischen Karriere im Berliner Senat werde sie aber wieder zurückkehren und den Professorinnentitel wieder führen. Die Juristin unterrichtete vor ihrem Wechsel in den Senat Soziale Arbeit an der Evangelischen Fachhochschule.

Hintergrund der Entscheidung ist die Meinung der Senatswissenschaftsverwaltung, die das Thema anders einschätzt als ihr eigenes Haus. Dieses hatte mit Blick auf das Berliner Senatorengesetz befunden, dass ein Senatsmitglied sich weiterhin Professorin nennen darf, wenn es wie Kreck in erlaubter Nebentätigkeit weiter Studierende unterrichtet. Die Wissenschaftsverwaltung bezieht sich hingegen auf das Hochschulgesetz. Dieses sieht vor, dass man fünf Jahre Professor gewesen sein muss, um im Falle einer Unterbrechung der Tätigkeit weiterhin den Titel führen zu dürfen.

Juristen hatten im Juli die formalen Voraussetzungen für das Tragen des des Professorentitels öffentlich gemacht. Daraufhin ließen sowohl Kreck als auch Wissenschaftssenatorin Ulrike Gote (Grüne) den Sachverhalt in ihren Verwaltungen prüfen. Während die Justizverwaltung darin keinen Verstoß sah, weil Kreck weiter Prüfungen an der Hochschule abnehme, sieht das die Wissenschaftsverwaltung nun offenbar anders.

Justizsenatorin Kreck will Debatte über ihren Titel entschärfen

Kreck will mit ihrem Schritt vor allem Debatten vermeiden. „Ich bin der Auffassung, dass ich mich nach meiner Ernennung zur Senatorin berechtigterweise Professorin genannt habe“, sagte Kreck: „Ich nehme aber zur Kenntnis, dass es dazu auch andere Meinungen gibt.“ In den aktuellen Krisenzeiten gebe es für eine Senatorin Wichtigeres als Debatten in eigener Sache über verschiedene Rechtsauffassungen zu Berufsbezeichnungen zu führen. Die Berlinerinnen und Berliner erwarteten völlig zurecht, dass sich eine Senatorin auf die Bewältigung der anstehenden großen politischen Aufgaben konzentriere. „In den Bereichen Justiz, Vielfalt und Antidiskriminierung haben wir noch sehr viel vor, darauf werde ich meine ganze Energie richten“, sagte Kreck.

Die CDU will es mit der Entscheidung der Justizsenatorin nicht beruhen lassen und will Akteneinsicht in die Senatsprotokolle beantragen. „Woher nun der plötzliche Sinneswandel kommt, ist nicht erklärlich und bedarf einer Aufklärung, unter anderem ob es eine geänderte Auffassung im Senat und/oder an der Uni gibt sowie in welchem Umfang die Justizsenatorin in den letzten Monaten ihre Lehrtätigkeit ausgeübt hat“, sagte der rechtspolitische Sprecher der Fraktion, Alexander Herrmann. „Regierungsmitglieder haben eine besondere Vorbildfunktion. Daher muss schnellstmöglich geklärt werden, inwieweit Linken-Justizsenatorin Kreck ihren akademischen Titel zu Unrecht getragen hat.“

Die AfD kündigte am Freitag an, Strafanzeige gegen Kreck erstatten zu wollen. Es stehe der Verdacht des Titelmissbrauchs im Raum, heißt es in einer Mitteilung der Fraktion.

Kreck steht seit ihrer Nominierung in der Kritik der Opposition

Kreck ist seit Dezember vergangenen Jahres Senatorin für Justiz, Vielfalt und Antidiskriminierung. Zwei Jahre zuvor sollte sie bereits auf Vorschlag der Linken ehrenamtliche Richterin am Berliner Verfassungsgerichtshof werden, scheiterte jedoch entgegen den üblichen Absprachen zwischen den Fraktionen bei der Wahl. Jede Fraktion hat das Vorschlagsrecht für einen Richter oder eine Richterin, das in der Regel von den anderen Fraktionen getragen wird. In diesem Fall nicht.

Seit ihrer Ernennung zur Justizsenatorin und der Ankündigung, eine linke Justizpolitik durchsetzen zu wollen, wird sie von der Opposition immer wieder kritisiert. CDU und FDP bezeichneten die Nominierung Krecks als Fehlbesetzung.

Erstes Urteil wegen Straßenblockaden gegen Klimaaktivisten

Zuletzt empörte sich die Opposition über die Senatorin, nachdem ein im Zusammenhang mit Schießereien am Kottbusser Tor zu acht Jahren Haft verurteilter Rocker der „Hells Angels“ nach einem unbegleiteten Hafturlaub am vergangenen Sonnabend nicht in das Gefängnis zurückgekehrt war. CDU und FDP warfen der Senatorin vor, persönlich dafür verantwortlich zu sein.

Auch im Zusammenhang mit verschiedenen Straßenblockaden von Klimaaktivisten zog sich die Justizsenatorin die Kritik der Opposition zu. Sie warf Kreck vor, mögliche Straftaten nicht energisch genug verfolgen zu lassen und forderte sie auf, die Ermittlungen zu beschleunigen.

Kreck wies die Vorwürfe zurück. Die Staatsanwaltschaft habe eine Schwerpunktabteilung für diese Fälle gebildet, alle vermeintlichen Taten müssten gründlich ausermittelt werden, damit rechtssichere Konsequenzen gezogen werden können. Bis dahin gelte die Unschuldsvermutung.

Im Zusammenhang mit den Blockaden und verschiedenen Anklebe-Aktionen von Mitgliedern verschiedener Klima-Gruppen leitete die Staatsanwalt bislang mehr als 70 Verfahren ein. In einem ersten Urteil verurteilte das Amtsgericht Tiergarten am Mittwoch einen 20-Jährigen zu 60 Stunden Sozialarbeit.

Lesen Sie dazu unseren Kommentar: Die nächste Titelaffäre im Senat