Schlesinger-Affäre

RBB: Bonus-Zahlungen verschwiegen - Top-Gehälter viel höher

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So funktioniert die ARD

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Beim RBB gibt es ein komplexes System von Boni. Die Einkünfte der Intendantin und der Direktoren liegt deutlich höher als bekannt.

Berlin. Die Gehälter der abberufenen RBB-Intendantin Patricia Schlesinger und der Geschäftsführung sind laut einem Medienbericht des Senders deutlich höher als bisher bekannt. Das auf ARD-Seiten veröffentlichte Gehalt von Schlesinger in Höhe von 303.000 Euro enthalte weder Bonuszahlungen, noch entspreche es dem vollen Gehalt, meldete das RBB-Rechercheteam am Dienstagabend.

Ein komplexes System von Boni führe dazu, dass die tatsächlichen Einkünfte von Intendantin und Direktoren deutlich höher als die bisher bekannten Gehaltssummen seien. Von dem 2018 von Schlesinger eingeführten System profitierten auch weitere Führungskräfte im mittleren Management.

Nach Informationen des RBB-Rechercheteams bezahlte der Sender einer Beratungsfirma eine fünfstellige Summe, um das ausgeklügelte Bonussystem zu entwickeln. Demnach bekommen die Mitglieder der Geschäftsleitung, das heißt die Intendantin plus vier Direktorinnen und Direktoren, laut Vertrag ein Basisgehalt von 100 Prozent und ein sogenanntes Grundgehalt. Das Grundgehalt liege 8,33 Prozent unter dem Basisgehalt und werde monatlich ausgezahlt.

Der Differenzbetrag von 8,33 Prozent werde zunächst zurückgehalten und sei an die Erfüllung von personalisierten Zielen durch die jeweiligen Mitarbeitenden gebunden. Haben die Mitglieder der Geschäftsleitung ihre Ziele erreicht, winke ihnen ein Zuschlag von 20 Prozent. Wer seine Ziele „deutlich überschritten“ hat, könne sogar mit 25 Prozent rechnen. Als Berechnungsgrundlage werde dafür das gekürzte Grundgehalt herangezogen.

RBB: Bonus-Zahlungen in Höhe von bis zu 25 Prozent des Grundgehalts

Das RBB-Rechercheteam verdeutlicht das System anhand eines Beispiels: "Mit einem Mitglied der Geschäftsführung wird ein 'Basisgehalt' (100 Prozent) in Höhe von 200.000 Euro vereinbart. Zusätzlich werden bestimmte Ziele definiert, die im Bereich der betreffenden Person erfüllt werden sollen. Bis diese Ziele überprüft werden, wird ein gekürztes "Grundgehalt" (Basisgehalt minus 8,33 Prozent) überwiesen. In diesem Fall wären das 183.340 Euro pro Jahr. Wird bei der Überprüfung festgestellt, dass alle vereinbarten Ziele erfüllt sind, gibt es dafür eine "erfolgsabhängige" Zahlung in Höhe von 20 Prozent (36.668 Euro) und die Nachzahlung der zurückgehaltenen 8,33 Prozent (16.660 Euro). Am Ende stünde dann also eine Summe aus festen und variablen Gehaltsteilen von 236.668 Euro brutto."

Selbst wenn die vereinbarten Ziele nur "annähernd erreicht" werden würden, winke ein Zuschlag von 15 Prozent. Das "Grundgehalt" würde also aufgestockt. Und läge damit über dem vertraglich vereinbarten "Basisgehalt". Wird bei der Überprüfung indes festgestellt, dass die vereinbarten Ziele "deutlich überschritten" werden, winke ein Zuschlag von 25 Prozent – wieder bezogen auf das gekürzte "Grundgehalt", so das RBB-Rechercheteam weiter.

Patricia Schlesinger war seit 2016 RBB-Intendantin und war Sonntag vor einer Woche wegen Vorwürfen der Vetternwirtschaft, Vorteilsnahme und Verschwendung zurückgetreten. Am Montag berief sie der RBB-Rundfunkrat mit sofortiger Wirkung ab.

Journalistenverband Berlin-Brandenburg: "Schlichtweg unverschämt"

Der Journalistenverband (DJV) Berlin-Brandenburg forderte vom RBB, das Bonus-System umgehend zu stoppen. „Das intransparente Bewertungssystem und die fragwürdigen Kriterien werfen erneut kein gutes Licht auf die Geschäftsleitung des Rundfunk Berlin-Brandenburg“, kritisiert Steffen Grimberg, Vorsitzender des DJV Berlin. Das von der ehemaligen RBB-Intendantin Patricia Schlesinger eingeführte System habe auch dazu gedient, die wahren Bezüge der Anstalts-Spitze zu verschleiern, so Grimberg.

„Die durchsichtige Wortklauberei des Top-Managements, es gäbe gar keine Bonus-Zahlungen, sondern lediglich ‚leistungsabhängige Gehaltsanteile‘, ist für den RBB in der aktuellen Situation Gift und gegenüber allen festen und freien Mitarbeitenden schlichtweg unverschämt“, so Grimberg weiter. „Dass zu den Kriterien für das Erreichen der Bonus-Zielvorgaben auch Sparmaßnahmen und Personalabbau gehörten, wie RBB-Programmdirektor Jan Schulte-Kellinghaus zugeben musste, schlägt dem Fass den Boden aus.“

( epd/BM )