Berlin. Baukostensteigerungen, energetische Anforderungen und ein Tunnelbauwerk: Die Vergrößerung des Regierungssitzes wird immer teurer.

Der geplante Erweiterungsbau des Bundeskanzleramtes in Berlin wird immer teurer. Wie auf der Homepage der Bundesregierung unter dem Stichwort „Größerer Regierungssitz“ nachzulesen ist, werden die Baukosten inzwischen mit bis zu 640 Millionen Euro beziffert. Die Seite wurde zuletzt Anfang dieses Monats aktualisiert. Ende 2020 waren die Kosten noch mit höchstens 600 Millionen Euro angegeben worden. Eine erste Machbarkeitsstudie war 2018 von 457 Millionen Euro ausgegangen.

„Derzeit findet die baufachliche Prüfung der Entwurfsunterlage Bau durch das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) statt“, heißt es dazu in der offiziellen Stellungnahme zu dem Bauvorhaben, das unter anderem mit Abrissarbeiten, Baufeldfreimachung und der Verlegung eines Schmutzwasserkanal in diesem Jahr startet und 2028 abgeschlossen werden soll.

Anschließend erfolge die haushaltsmäßige Anerkennung durch das Bundesministerium der Finanzen (BMF) sowie die Genehmigung durch den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages. Erst danach könnten verlässliche Kosten sowie Nutzflächen benannt werden: „Derzeit wird von Gesamtkosten in Höhe von 600-640 Millionen Euro ausgegangen“, heißt es nun.

Kanzleramt: Bundesrechnungshof hatte schon früh Bedenken angemeldet

Der Bundesrechnungshof hatte in einem Prüfbericht bereits 2020 Zweifel angemeldet, dass die 600 Millionen Euro tatsächlich reichen. Nicht alle Kostenfaktoren seien „umfassend abgebildet“, so etwa die vom Bundeskanzleramt „nachgemeldeten Zusatzanforderungen zur Energieeffizienz“.

Die Gründe für die gegenüber dem Bestandsbau gestiegenen Kosten liegen laut Auskunft der Bundesregierung insbesondere in den höheren Sicherheitsanforderungen beim Erweiterungsbau – „wegen seiner Errichtung auf der Grundstücksgrenze und in für die Gesamtliegenschaft erforderlichen dienenden Funktionsbereichen wie zum Beispiel dem Hubschrauberlandeplatz“.

Von der Spree aus gut zu sehen: die 23 Meter hohe Landeplattform.
Von der Spree aus gut zu sehen: die 23 Meter hohe Landeplattform. © Axel Schultes Charlotte Frank

Eine Landeplattform für Hubschrauber in 23 Metern Höhe soll die ursprüngliche Landefläche im Park ersetzen Mit der geplanten Außerbetriebnahme des militärischen Teils am Flughafen Tegel sei mit einer Erhöhung des Flugaufkommens zu rechen, heißt es zur Notwendigkeit. Daher werden im Genehmigungsverfahren bei der zuständigen gemeinsamen Oberen Luftfahrtbehörde Berlin Brandenburg rund 200 Starts und Landungen im Jahr beantragt.

Weitere 400 Arbeitsplätze werden geschaffen

Weitere Kostensteigerungen liegen aber auch, wie vom Bundesrechnungshof bereits vor zwei Jahren bemerkt, an den in den vergangenen Jahren deutlich gestiegenen gesetzliche Anforderungen bei Themen wie Energieeinsparung, Nachhaltigkeit des Bauens oder Gewährleistung der Barrierefreiheit. Diese hätten insgesamt erheblichen Einfluss auf die Höhe der Gesamtkosten, heißt es.

Zudem berücksichtige die Kostenprognose neben den ermittelten Baukosten auch eine Abschätzung zur allgemeinen Baupreisentwicklung. Der Anstieg der Baupreise entwickelt sich gerade in den letzten Monaten stark und betrifft öffentliche und private Bauvorhaben gleichermaßen.

Das Bundeskanzleramt wurde 2001 nach den Plänen von Axel Schultes und Charlotte Frank fertiggestellt Auch für den Erweiterungsbau hat das Berliner Architektenduo die Entwurfsplanung übernommen. Das Bürogebäude des Bundeskanzleramts war ursprünglich für maximal 460 Arbeitsplätze ausgelegt. Eine Vielzahl von Aufgabenerweiterungen im Bundeskanzleramt hat die Beschäftigtenzahl auf 750 anwachsen lassen, „so dass eine signifikante Überbelegung herrscht und etwa 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anderwertig untergebracht sind“, begründet die Bundesregierung die Notwendigkeit für das Neubauvorhaben.

Zukünftig soll deshalb ein bogenförmiges Bürogebäude den Kanzlerpark und damit das sogenannte Band des Bundes mit seinen Regierungsbauten im Spreebogen nach Westen hin städtebaulich abschließen. Nach Entwürfen des Architekturbüros Schultes und Frank entsteht ein sechsgeschossiger Erweiterungsbau, der als Halbrund die Kubatur des sogenannten Kanzlerparks aufnimmt.

Verbindungstunnel zum Postamt kostet 20 Millionen Euro

Daran anschließend sollen zudem in einem zweigeschossigen Bauteil weitere Serviceeinrichtungen wie etwa eine Kantine, ein Veranstaltungsbereich unter anderem für den Besucherdienst und eine Betriebs-Kita untergebracht werden. Auf einem angrenzenden bundeseigenen Grundstück wird zudem ein Post- und Logistikbereich gebaut.

Auf ausdrücklichen Wunsch des Berliner Senats soll ein Tunnel diesen Logistikbereich mit dem Hauptgrundstück verbinden: „Mit dieser aufwendigen Lösung wird sichergestellt, dass die öffentliche Parkanlage erhalten bleibt und Fußgehende und Radfahrende nicht beeinträchtigt werden“, erklärte Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) anlässlich der Baurechtsschaffung für die Erweiterung des Bundeskanzleramtes innerhalb des sogenannten Kanzlerparks und einem benachbarten Grundstück auf dem Moabiter Werder.

Das hat zu weiteren 20 Millionen Euro Mehrkosten geführt: „Aufgrund der erforderlichen Umplanungen und des größeren Bauvolumens ist nach dem derzeitigem Planungsstand mit zusätzlichen Kosten in Höhe von etwa 20 Millionen Euro (Preisstand 1. Quartal 2022) zu rechnen“, heißt es dazu von Seiten der Bundesregierung. Die kalkulierten Kosten beinhalten sowohl die Konstruktion des Tunnelbauwerks selbst, als auch die durch die geänderte Erschließung hervorgerufenen Änderungen am Büro-, Post- und Logistikgebäude sowie anteilige Planungskosten.

Eine neue Fußgängerbrücke im Süden über die Spree wird zum Teil auch öffentlich begehbar sein.
Eine neue Fußgängerbrücke im Süden über die Spree wird zum Teil auch öffentlich begehbar sein. © Axel Schultes Charlotte Frank

Neben der vorhandenen Nordbrücke über die Spree soll zudem eine neue Fußgängerbrücke im Süden Alt- und Neubau miteinander verbinden. „Die neue Fußgängerbrücke wird zum Teil auch öffentlich begehbar sein und damit eine weitere sichere Gehwegverbindung zum Großen Tiergarten und zum Platz der Republik bieten“, so Stadtentwicklungssenator Geisel.