Berlin. Die Schulstadträte in den Bezirken schlagen Alarm. Sie kritisieren, dass ein großer Teil der Schulbauinvestitionen um drei bis fünf Jahre nach hinten verschoben werde. Laut Heike Schmitt-Schmelz, Schulstadträtin von Charlottenburg-Wilmersdorf, habe das „fatale“ Auswirkungen. Wichtige Sanierungsmaßnahmen und kapazitätsrelevante Erweiterungsbauten könnten nicht erfolgen und würden „gnadenlos“ nach hinten verschoben. „Wenn wir wollen, dass jedes Kind einen guten Schulplatz bekommt, dürfen wir die Schulbauoffensive nicht verschieben“, sagt die SPD-Politikerin. Schulplätze zu schaffen, sei eine gesetzliche Pflichtaufgabe und könne nicht nach hinten verschoben werden.
Hintergrund des Aufruhrs ist ein aktuelles Revisionsschreiben der Senatsverwaltung für Finanzen an die Bezirke zur aktuellen Fortschreibung der Investitionsplanung der Jahre 2022 bis 2026. Darin stehe, dass mehrere Bezirke dreistellige Millioneneinbußen bei ihren Investitionsplanungen bis 2026 hinnehmen müssen. Bis Ende der Woche können die Bezirke dazu Stellung beziehen.
Bildungsstadträte wollen Maßnahmen widersprechen
Erste Stadträte kündigten bereits an, Widerspruch einzulegen. „Teilweise wurden Baumaßnahmen verschoben, die bereits weit vorangeschritten und wo Planungsunterlagen erstellt sind und ein Baubeginn in den nächsten zwei Jahren möglich ist“, kritisiert Torsten Kühne (CDU), Schulstadtrat von Marzahn-Hellersdorf. „Der Bezirk Marzahn-Hellersdorf wird dem Entwurf deshalb nicht zustimmen und beim Senat um Anpassung der Raten an den Projektfortschritt bitten.“
Zudem spiegele der vorliegende Entwurf des Investitionsprogramms bezüglich der bezirklichen Schulbaumaßnahmen nicht die aktuellen Projektsachstände wider. Auch auf mehrfache Bitte bei der Senatsverwaltung für Bildung erfolgte bei der Erstellung der sogenannten überbezirklichen Dringlichkeitsliste keine Abstimmung mit den Bezirken. Diese Listet bildet die Grundlage dafür, in welche Vorhaben investiert wird. Weiter gibt Kühne zu bedenken, dass ein pauschales Verschieben von Sanierungen aus baurechtlichen Gründen nicht möglich sei. Hier drohe schlimmstenfalls ein Verlust von Schulplätzen, weil Schulgebäude bei ausbleibender Sanierung baulich gesperrt werden müssten.
In Mitte würden Anmeldungen von mehr als 250 Millionen Euro verschoben
Auch der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf sei von dem Investitionskürzungen „massiv“ betroffen, so die Schulstadträtin Schmitt-Schmelz. Laut einer Liste würde dies insgesamt sieben Bauvorhaben beeinträchtigen – etwa die Gesamtsanierung der Mierendorff-Grundschule. Statt des ursprünglich vom Bezirk vorgesehenen Beginns im Haushaltsjahr 2024, sollen die Sanierungsmaßnahmen nun laut Finanzverwaltung drei Jahre später – in 2027 – beginnen. Der Neubau der Sporthalle am Herder-Gymnasium werde demnach sogar um fünf Jahre, statt 2024 auf 2029, verschoben.
Allein im Bezirk Mitte würden laut Mark Rackles, ehemaliger Staatssekretär für Bildung, Anmeldungen von mehr als 250 Millionen Euro durch die Senatsfinanzverwaltung verschoben. Damit werde die Schaffung neuer Schulplätze blockiert. „Kann nicht das letzte Wort sein“, schreibt Rackles auf Twitter.
Bildungsverwaltung über Kürzungen irritiert
Am Mittwochnachmittag reagierte auch die Senatsbildungsverwaltung in einem Schreiben an die Bildungsstadträte. Darin äußerte sich Staatssekretär Alexander Slotty „verwundert“ über die Verlautbarungen der Finanzverwaltung zu den angedachten Kürzungen von Investitionsmitteln für Schulbau- und Schulsanierungsvorhaben. Der von der Finanzverwaltung vorgelegte Entwurf zum Investitionsprogramm sei bislang nicht mit der Bildungsverwaltung abgestimmt, sondern wurde lediglich zur Kenntnis gegeben. Die Bildungsverwaltung erwarte jetzt von der Finanzverwaltung, dass den Bezirken die erforderlichen Investitionsmittel zur Verfügung gestellt werden.
Die Finanzverwaltung wiederum sagt, dass die Auswahl und Priorisierung der überbezirklichen Dringlichkeitsliste zugrunde liege, die von der Bildungsverwaltung erstellt wurde. Somit sei die Aussage nicht zutreffend, dass die zuständige Fachverwaltung in den Prozess nicht eingebunden wurde. Zudem sei der finanzielle Rahmen für die Berliner Schulbauoffensive laut Frederik Bombosch, Pressesprecher der Finanzverwaltung, in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen. Während im Zeitraum des vorigen Doppelhaushalts jährlich jeweils rund 450 Millionen Euro abgerufen worden seien, stünden im Doppelhaushalt 2022/23 bereits rund 1,75 Milliarden Euro zur Verfügung.
Investitionsplanung wird im September beschlossen
Gleichzeitung betont Bombosch, dass die bisherige Investitionsplanung „massiv überzeichnet“ war und pauschale Minderausgaben von mehr als einer Milliarde Euro pro Jahr enthielt. Das bedeute, dass die angemeldeten Vorhaben nicht dem tatsächlichen finanziellen Rahmen entsprachen. Um einen verlässlichen Rahmen zu schaffen, habe die Finanzverwaltung entsprechend der Beschlüsse der Koalition alle Senatsverwaltungen und die Bezirke darum im Frühjahr aufgefordert, für die Investitionsplanung 2022 bis 2026 ihre Vorhaben zu priorisieren – nach tatsächlichem Bedarf und Realisierungschancen.
Demnach werden Vorhaben mit niedrigerer Priorität, die außerhalb des finanziellen Rahmens liegen, auf die folgenden Jahre geschoben. Somit enthielte die künftige Investitionsplanung keine pauschalen Minderausgaben mehr und bilde damit die tatsächlich umsetzbaren Vorhaben genau ab und schaffe Planungssicherheit für Fachverwaltungen und Bezirke. Im September werde der Senat die Investitionsplanung voraussichtlich endgültig beschließen.