Berlin. Naser Latif hat einen Plan. Der Syrer hat ein spezielles Leichtbauteil entwickelt, mit dem man schnell Flüchtlingsunterkünfte und andere Bauten hochziehen könnte. Um sein Unternehmen richtig in Gang zu setzen, braucht der Maschinenbauingenieur wie fast jeder Gründer Kredit. den bekommt er nicht so leicht, weil er nur ein dreijähriges Aufenthaltsrecht in Deutschland besitzt.
Hilfen für Gründer aus nicht EU-Staaten und Sozialunternehmer sind die ersten ihrer Art
In diesem Dilemma hilft jetzt die Bürgschaftsbank Berlin (BBB). Mit Unterstützung der Senatsverwaltung für Wirtschaft hat die BBB das Programm BBBwelcome gestartet. Damit können Gründungen von Migranten aus Nicht-EU-Staaten, die wegen des Aufenthaltsstatus von den Geschäftsbanken keinen Kredit bekommen, mit Bürgschaften abgesichert werden. Ein weiteres Programm BBBsocial wendet sich an Sozialunternehmen, die nicht auf Gewinnmaximierung ausgerichtet sind und es deswegen ebenfalls schwer haben, Finanzierungen zu bekommen.
Senator Schwarz: „Wir können nicht auf ein besseres Einwanderungsrecht warten“
„Wir betreten damit Neuland“, sagte Wirtschaftssenator Stephan Schwarz am Dienstag. Die beiden Förderprogramme seien die ersten ihrer Art bundesweit. In Berlin lebten 780.000 Menschen aus Nicht-EU-Staaten, darin liege ein enormes unternehmerisches Potenzial, sagte der Senator. Und die Soziale Ökonomie sei in der Stadt schon länger auf dem Vormarsch.
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Dass Berlin nun mit eigenem Fördergeld die Tücken des deutzschen Aufenthaltsrechts ausgleichen will, findet zwar auch Schwarz nicht unproblematisch. Aber mit dem Bürgschaftsprogramm schaffe man ein „Superinstrument“, um Defizite auszugleichen. „Wir können als Land Berlin nicht darauf warten, dass wir irgendwann mal ein besseres Einwanderungsrecht haben“, sagte Schwarz.
Kredite über insgesamt 50 Millionen Euro können mit Landeshilfe abgesichert werden
Für beide Programme zusammen steht ein Bürgschaftsrahmen von 50 Millionen Euro zur Verfügung. Maximal kann jeder Gründer oder Betrieb eine 80-prozentige Bürgschaft für Darlehen über maximal 1,5 Millionen Euro bekommen. „Bei den meisten Finanzierungen geht es um Summen bis 1,5 Millionen Euro“, sagte BBB_Chef Steffen Hartung. Sein Geschäftsführungs-Kollege Peter Straub sagte, viele Geflüchtete seien hochqualifiziert, hätten Ideen und wollten unbedingt weg von den Jobcentern. Ihnen könne man nun „erstklassige Kreditsicherheiten bieten“.
Maria Kiczka-Halit berät für den Träger Lok.a.Motion seit 20 Jahren Migranten aus Drittstaaten und hat schon 190 Gründungen begleitet. Neben der Sprache war meistens die Finanzierung problematisch. Einige Vorhaben habe sie mit dem Mikrokreditprogramm der landeseigenen Investitionsbank versorgt. Aber darin ist eine Tilgung vom ersten Monat an vorgesehen, um in nur drei Jahren die Summen zurückzahlen zu können Baustoff-Händler Latif musste sofort monatlich 1000 Euro für den Kredit aufbringen. „Das war schwer“, sagte der Syrer. Wenn es jetzt wirklich Geld gibt für migrantische Gründer, werde die Nachfrage deutlich zunehmen, ist die Beraterin überzeugt.
Wegen fehlender Gewinnorientierung bekommen Sozialbetriebe bei Banken kaum Kredit
Auch für Unternehmer im wachsenden Sektor der Sozialökonomie ist es bisher kompliziert, Kredite bei normalen Geschäftsbanken zu bekommen. Annette Jankowski, Gründerin der Gräfewirtschaft, die 70 Migrantinnen in einem Catering-Service 3500 Schulessen pro Tag zubereiten.
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Angefangen hatte Annette Jankowski mit einem Restaurant im Kreuzberger Gräfe-Kiez, wo sie Geflüchtete Beschäftigen wollte. „Das Problem war, wo bekommen wir das Geld her“, berichtete Jankowski. Schließlich nahm sie ihre Prämie, die sie in ihrem früheren Job in der Industrie bekommen hatte. Jetzt möchte sie expandieren und weitere Schulen versorgen. Weil sie die Gewinne aber in neue Arbeitsplätze und Qualifizierung steckt, zaudern die Banken, auch weil das Kreditwesengesetz ihnen Grenzen setzt. Dabei läuft das Geschäft. „Wir haben mehr Aufträge, als wir bewältigen können“, so die Sozialunternehmerin.