Clan-Kriminalität

Prozess gegen Abou-Chaker: Bushido-DJ droht Ordnungshaft

| Lesedauer: 4 Minuten
Alexander Rothe
Abou-Chaker wird unter anderem Freiheitsberaubung vorgeworfen. Ein DJ, der mit ihm und Bushido früher zusammengearbeitet hat, brachte als Zeuge keine neuen Erkenntnisse.

Abou-Chaker wird unter anderem Freiheitsberaubung vorgeworfen. Ein DJ, der mit ihm und Bushido früher zusammengearbeitet hat, brachte als Zeuge keine neuen Erkenntnisse.

Foto: Pool / Getty Images

Im Abou-Chaker-Prozess brachte der ehemalige Bushido-DJ als Zeuge keinen Fortschritt. Stattdessen droht ihm nun eine Ordnungshaft.

Berlin. Nächster Akt im kuriosen Prozess gegen den Berliner Clan-Chef Arafat Abou-Chaker und drei seiner Brüder: Nachdem am vergangenen Verhandlungstag der Rapper Samra in schläfriger Lässigkeit vor dem Berliner Landgericht ausgesagt hat, folgte am Mittwoch ein schmallippiger Zeuge, gegen den aufgrund von Aussageverweigerungen am Ende ein Ordnungsgeld ausgesprochen wurde.

Farhang Ganji Dastjerdeh, der unter dem Künstlernamen DJ Gan-G den Nebenkläger Anis Mohamed Youssef Ferchichi aka Bushido jahrelang als DJ auf Tour begleitet hat, wurde in das Berliner Landgericht geladen, um Licht in den Prozess gegen den Clanchef Arafat Abou-Chaker zu bringen. Diesem werden Straftaten zum Nachteil Bushidos vorgeworfen: Freiheitsberaubung, versuchte schwere räuberische Erpressung und gefährliche Körperverletzung.

Ganji Dastjerdeh war oft mit Abou-Chaker und Bushido zusammen, sein Zeugenbeistand spricht gar von einem „Wanderzirkus“, da die drei auf gemeinsamen Tourneen unterwegs waren. Eine enge Beziehung also, die an diesem Prozesstag jedoch keine Aufklärung verspricht:

Zeuge: Aussageverweigerung wegen möglicher Selbstbelastung

Ganji Dastjerdehs Zeugenbeistand beruft sich auf das Auskunftsverweigerungsrecht, das seinem Mandanten zustehe. Seine Begründung: Gegen Arafat Abou-Chaker wird wegen mutmaßlicher Schwarzgeldzahlungen bei Clubshows und Konzerten ermittelt, bei denen sein Mandat involviert sei.

Ganji Dastjerdeh habe keinen Spielraum, ohne sich selbst zu belasten. Da die geschäftliche Beziehung zwischen ihm, dem Angeklagten und dem Nebenkläger derart verdichtet gewesen sei, gebe es für ihn keinen Platz, gefahrlos antworten zu können.

Richter Martin Mrosk sieht das hingegen anders und sieht kein umfassendes Schweigerecht gegeben. Die dem Zeugen zu stellenden Fragen hätten keinen Bezug zu Zahlungen oder Verträgen, die ihn im Steuerstrafverfahren gefährden könnten. Sie seien lediglich auf die zwischenmenschliche Beziehung ausgerichtet.

Ringen um richtige Formulierungen

Schließlich stimmen Ganji Dastjerdeh und sein Anwalt doch zu, sich die Fragen zumindest anzuhören – mehr aber auch nicht: Gleich bei der ersten Frage, ob der Zeuge einen im Prozess relevanten Mercedes an Bushido ausgeliehen hätte, machen sie vom Schweigerecht Gebrauch. Es folgen weitere Fragen seitens des Richters, mit denen er sich vorsichtig vortasten möchte. Dabei ringt er um Formulierungen, um dem Argument der möglichen Selbstbelastung den Boden zu entziehen. Damit ist er mal mehr mal weniger erfolgreich, denn zwischenzeitlich lässt sich Ganji Dastjerdeh zu einer Aussage verleiten. Doch schon beim weiteren Nachbohren stößt Richter Mrosk gegen eine Schweigewand. „Ihr Ernst?“, ruft er erstaunt, als der Zeuge sich zunächst nicht an seine eigene Aussage auf einer Audiodatei erinnern kann und sich schließlich erneut auf das Aussageverweigerungsrecht bezieht. Einmal verweigert Ganji Dastjerdeh sogar die Aussage noch bevor die Frage gestellt wurde.

800 Euro Ordnungsgeld oder acht Tage Ordnungshaft

Das Schauspiel sorgt für Belustigung bei den Verfahrensbeteiligten, hat jedoch auch ernsthafte Konsequenzen für den Ganji Dastjerdeh. „Haben Sie eine Zahnbürste dabei?“, fragt ihn Mrosk, als er nach einer Beratungspause die Urteilsverkündung einleitet. Das Gericht sehe bei nur einer Frage das Aussageverweigerungsrecht als zulässig, bei den restlichen Fragen hingegen nicht. So habe die Frage, ob sich der Zeuge daran erinnert, was ihm Bushido zu den Handgreiflichkeiten zwischen ihm und Arafat Abou-Chaker erzählt hat, keine Relevanz für dem Steuerstrafverfahren.

Der Antrag der Oberstaatsanwältin, eine viermonatige Ordnungshaft gegen den befragten DJ zu verhängen, wurde zunächst zurückgestellt. Am Ende entscheid das Gericht die Verhängung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 800 Euro, ersatzweise eine achttägige Ordnungshaft.

Ganji Dastjerdeh und sein Anwalt müssen in spätestens zwei Wochen eine schriftliche Beschwerde einreichen. Der Anwalt erklärte, sein Mandant werde sich einer Entscheidung des Beschwerdegerichts beugen. Am 28. März wird der Prozess gegen Abou-Chaker fortgesetzt.