Berlin. Die Zahl der durch die Bauaufsichtsbehörden in Berlin genehmigten Wohnungen ist im vergangenen Jahr erneut gesunken. Einer am Donnerstag veröffentlichten Auswertung des Amts für Statistik zufolge haben die Ämter 2021 insgesamt 18.716 Wohnungen in den zwölf Bezirken der deutschen Hauptstadt genehmigt. Das seien 8,5 Prozent weniger als im Vorjahr. Damit ist die Zahl laut Amt für Statistik das fünfte Jahr in Folge zurückgegangen.
Wie viele Wohnungen davon tatsächlich in den nächsten Jahren gebaut werden, ist allerdings unklar. In der Stadt sind bereits jetzt einige Zehntausend Wohnungen genehmigt. Mit dem Bau wird jedoch nicht begonnen. Diese Grundstücke mit Genehmigungen werden zum Teil einfach weiterverkauft, ohne dass es bislang zu einem Spatenstich kam. Berlins neuer Senat hat sich vorgenommen, dass jedes Jahr rund 20.000 Wohnungen neu entstehen sollen. Immobilienexperten haben jedoch Zweifel, dass sich die Zahlen realisieren lassen.
Rund 17.000 der genehmigten Wohnungen sollen neu gebaut werden
Schon 2020 hatte es bei den Baugenehmigungen einen Rückgang in ähnlicher Größenordnung gegeben, damals standen in der Jahresbilanz am Ende aber immerhin noch 20.459 genehmigte Wohnungen in Berlin. Experten sahen auch in der Corona-Krise einen Grund und nannten auch den damals noch geltenden Mietendeckel, der möglicherweise Investoren abschrecke.
Von den 2021 genehmigten 18.716 Wohnungen werden 17.005 neu gebaut (minus 5,9 Prozent). Als Eigentumswohnungen werden 26,3 Prozent (4465) der Neubauwohnungen geplant. Der Großteil der genehmigten Neubauwohnungen (15.322) entstehen in Mehrfamilienhäusern. In neuen Ein- und Zweifamilienhäusern sind 1503 (Vorjahr: 1317) Wohnungen geplant. Weitere 1711 Wohnungen werden dem Amt für Statistik zufolge dem Wohnungsmarkt infolge von Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden, zum Beispiel durch Dachgeschossausbauten oder Nutzungsänderungen, zur Verfügung stehen.
Für alle Bauvorhaben seien die Kosten durch die Bauherren auf insgesamt 5,9 Milliarden Euro veranschlagt worden. Ein Plus von 5,1 Prozent im Vergleich zum Jahr 2020. Einerseits waren Baustoffe weiter teurer geworden, andererseits gab es zwischen Juli und Dezember 2020 eine Mehrwertsteuersenkung, deren Rücknahme sich nun auf die Statistik auswirkt.
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Vor allem Lichtenberg als Bauplatz für Wohnungen stark nachgefragt
In den Berliner Bezirken verlief das Genehmigungsgeschehen sehr unterschiedlich. Die meisten Wohnungen sollen weiterhin im Berliner Osten gebaut werden. An der Spitze der Zahlen zu den genehmigten Wohnungen liegen Lichtenberg (3950 Genehmigungen) und Treptow-Köpenick (3846). Aber auch in Spandau (2831) und Pankow (1861) werden viele Wohnungen geplant.
Deutlich weniger Genehmigungen als noch 2020 gab es in Charlottenburg-Wilmersdorf, Mitte, Neukölln und Marzahn-Hellersdorf. Berlins östlichster Bezirk hatte 2020 noch die Genehmigungsstatistik mit 3909 Wohnungen angeführt. Im vergangenen Jahr wurden zwischen den Ortsteilen Marzahn und Mahlsdorf jedoch nur noch 1550 Wohnungen neu genehmigt.
Statistiksprünge nach oben verzeichneten Lichtenberg (von 1976 auf 3950 genehmigte Wohnungen), Reinickendorf (305 auf 842) und Spandau (1627 auf 2831).
Experten beobachten schon länger, dass Wohnungssuchende und Investoren stärker nach Brandenburg ausweichen. Dort wurden 15.465 neue Wohnungen genehmigt, 16,3 Prozent mehr als im Vorjahr. Der weitaus größte Teil davon entsteht in Landkreisen, die an Berlin grenzen. Nahezu verdoppelt hat sich die Zahl im Havelland und in Barnim. Zuwächse gab es auch in Potsdam-Mittelmark und Teltow-Fläming, Rückgänge in Märkisch-Oderland, Oberhavel und Oder-Spree.
Der BBU setzt Hoffnung in die Ankündigung der neuen Regierenden Bürgermeisterin
Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) schlug angesichts der neuen Zahlen versöhnliche Töne in Richtung des seit Dezember amtierenden neuen Senats an. Die 2021 in Berlin weiter gesunkenen Baugenehmigungszahlen seien noch ein Echo des schwierigen Neubauklimas aus der letzten Legislatur, hieß es von BBU-Vorständin Maren Kern. Es gelte jetzt, gegenzusteuern. „Die Ankündigung der Regierenden Bürgermeisterin, Neubau zur Chefinnensache zu machen, war hierzu ein erster sehr wichtiger Schritt. Weitere Ansatzpunkte: die Beschleunigung von Planungsverfahren, die digitale Stärkung der Verwaltung, der Ausbau des Verkehrsnetzes oder mehr bezahlbares Bauland, auch für Genossenschaften“, so Kern weiter. Sie setze nun auch darauf, dass das derzeit verhandelte „Bündnis für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen“ hierfür einen starken Rahmen schaffen werde.
Kritik gab es hingegen von der Oppositionspartei FDP: Es bleibe dabei, dass es der vergangene Berliner Senat nicht geschafft habe, die Zahl der Wohnungsbaugenehmigungen in der Hauptstadt auszubauen. „Somit hat die rot-rot-grüne Koalition den Zustand nur verwaltet, anstatt unverzüglich zu handeln und für Verbesserungen zu sorgen“, monierte der Sprecher für Bauen und Wohnen, Stefan Förster. Nun sei eine mietensenkende Neubau-Offensive nötig, die durch ein Baulückenkataster, schnellere Baugenehmigungen, ein „Mieten-TÜV“ und die Ausweitung des Dachgeschossausbaus vorangetrieben werden könne, sagte er.