Berlin. „Ich bin davon überzeugt, das dies eine Fälschung ist“, sagte Rechtsanwalt Steffen Tzschoppe am Mittwoch am Rande des 59. Verhandlungstages im Prozess gegen Arafat Abou-Chaker und seine Brüder. Er habe die Audiodatei, von der das Magazin „Stern“ in der vergangenen Woche berichtete, zwar bislang nicht angehört. Seiner Ansicht nach sei sie jedoch verfremdet und mit falschen Zeitstempeln versehen worden. Tzschoppe vertritt Anis Ferchichi, besser bekannt unter seinem Künstlernamen Bushido, der im Prozess gegen seinen Ex-Manager als Nebenkläger auftritt.
Die Anklage gegen Arafat und seine drei Brüder Yasser, Nasser und Rommel, die zum polizeibekannten Abou-Chaker-Clan gehören, basiert im Wesentlichen auf den Aussagen Bushidos. Der 43-Jährige gab an, von ihnen eingesperrt, bedroht, körperlich misshandelt und erpresst worden zu sein – so auch am 18. Januar 2018.
Die Audioaufnahme, die von diesem Tag stammen soll, widerlegt das laut dem „Stern“-Bericht. Demnach habe es bei dem Treffen keinerlei Drohungen, keinen Streit und keinerlei Gewaltausbrüche gegeben. Bushidos Anwalt begründete seinen Zweifel an der Echtheit der Tonaufnahme unter anderem damit, dass sie nur zwei Stunden lang sei, das Treffen allerdings vier gedauert habe.
Bushidos Anwalt vergleicht Aufnahme mit gefälschten Hitler-Tagebüchern
Dass Arafat Abou-Chaker auch von Treffen mit anderen Musikern heimlich Audioaufnahmen angefertigt haben soll, gilt als hinlänglich bekannt. Insgesamt 65 Dateien sind im Prozess als Beweismittel zugelassen – gefunden auf dem Telefon des Angeklagten.
Die, um die es jetzt geht, war jedoch offensichtlich nicht darunter, sondern tauchte erst jetzt aus unbekannter Quelle auf. Das ist laut Tzschoppe ein weiteres Indiz dafür, dass sie im Nachgang angefertigt worden sei. Der Anwalt verglich die Aufnahme sogar mit den vermeintlichen Hitler-Tagebüchern, die der Stern im Jahr 1983 veröffentlichte und die sich später auch als Fälschung herausstellten.
Der Anwalt kündigte während seiner langwierigen Ausführungen immer wieder an, am Ende den entscheidenden Beleg für die Fälschung vorzutragen. Allerdings wurde er kurz vor Schluss vom Vorsitzenden Richter Martin Mrosk jäh unterbrochen. Da eine Schöffin gesundheitliche Probleme hatte, musste ein Notarzt anrücken. Dann wurde die Verhandlung beendet. Tzschoppe will seine Stellungnahme am Montag fortsetzen.
Sachverständiger soll Echtheit der Aufnahme klären
Die Aufnahme liegt dem Gericht mittlerweile vor. Sie wurde der Kammer von Arafats Anwalt Hansgeorg Birkhoff zur Verfügung gestellt. Ein Sachverständiger soll nun die Echtheit klären, wobei Richter Mrosk angab, noch keinen gefunden zu haben. Erst dann wird entschieden, ob sie im Prozess als Beweismittel zugelassen wird.
Ferchichi und Arafat Abou-Chaker waren knapp 15 Jahre Geschäftspartner, bis der Rapper die Beziehung im Jahr 2017 aufkündigte. Dass wollte Abou-Chaker angeblich nicht akzeptieren. Ferchichi gab im Prozess mehrfach an, während der gemeinsamen Zeit von seinem Manager unterdrückt, wie Eigentum behandelt und finanziell ausgenommen worden zu sein.
Der Prozess begann im August 2020 und gilt ein Stück weit als Symbol im Kampf gegen die organisierte Kriminalität in Berlin. Mitglieder der Familie Abou-Chaker sind immer wieder in zum Teil spektakuläre Straftaten verwickelt – etwa den Überfall auf ein Pokerturnier am Potsdamer Platz im Jahr 2010. Der 45-jährige Arafat Abou-Chaker gilt als Oberhaupt des Clans, ist bislang jedoch nicht vorbestraft. Aktuell sind im Prozess Termine bis in den Juni angesetzt.
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