Berlin. Der Andrang war groß vor Saal 672 irgendwo im hinteren Teil des Moabiter Kriminalgerichts. Denn hier sollte am Mittwochmorgen kein alltäglicher Fall verhandelt werden. Detlef M., Kriminalhauptkommissar bei der Berliner Polizei, soll interne Informationen zu den Ermittlungen um den Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz an die AfD weitergegeben haben.
Der Prozess endete jedoch, kaum dass er begonnen hatte. Denn das Gericht hatte es zuvor versäumt, Zeugen zu laden. Nach gerade einmal zwei Minuten konnten Detlef M. und alle anderen Prozessbeteiligten und Zuschauer wieder gehen.
Der Fall um den heute 57 Jahre alten Polizisten sorgte bereits in der Vergangenheit für großes Aufsehen. Vorgeworfen wird ihm, in den 30 Stunden nach dem islamistischen Attentat vom 19. Dezember 2016 über eine Chatgruppe die Informationen weitergegeben zu haben. Darin sollen sich auch Mitglieder der damaligen AfD-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung von Neukölln befunden haben. Auch der stadtbekannte Neonazi Tilo P., der für die Neuköllner Anschlagsserie mitverantwortlich gewesen sein soll, war Mitglied der Gruppe.
Detlef M. noch Mitglied in weiterer rechtsextremer Gruppe
Nachdem Ermittler im Februar 2018 das Telefon von Tilo P. beschlagnahmten, fanden sie darauf die Chatgruppe und die Nachrichten von Detlef M. Die Staatsanwaltschaft begann, gegen den Beamten wegen des Verdachts des Geheimnisverrats zu ermitteln und beschlagnahmte im April 2020 auch dessen Handy. Darauf fand sie eine weitere Gruppe namens „Die Eierköppe“, in der Polizeibeamte rassistische, sexistische, menschenfeindliche und volksverhetzende Inhalte und Bilder teilten.
Die Anklage gegen Detlef M. lautet nun nur auf versuchte Verletzung von Dienstgeheimnissen. Die Staatsanwaltschaft gehe dem Vernehmen nach mittlerweile davon aus, dass die Empfänger der Chatgruppe die Informationen bereits hatten, bevor der Beamte sie verschickte. Dennoch hätte es M. nicht zu einem Strafprozess kommen lassen müssen.
Bereits im Januar 2021 erging gegen den Beamten ein Strafbefehl über eine Geldstrafe von 8100 Euro zu 90 Tagessätzen à 90 Euro. Vorbestraft ist man erst ab 91 Tagessätzen. Dennoch lehnte der Beamte ab, sodass ein Hauptverfahren eröffnet wurde. Das soll nun am 4. Mai beginnen.