Berlin. Die frühere Bundesvorsitzende der Linken Katja Kipping wird Senatorin im neuen rot-grün-roten Senat in Berlin. Die Politikerin aus Sachsen folgt im Ressort für Integration, Arbeit und Soziales auf Elke Breitenbach, die am Dienstag via Twitter ihren Rückzug aus der Regierung bekannt gegeben hatte. Die Linken-Landeschefin Katina Schubert bestätigte zunächst der Morgenpost einen Bericht der Chemnitzer Freie Presse, ehe die Partei dann die offizielle Meldung verschickte.
„Ich wollte es auf dem Parteitag am Samstag bekannt geben, doch angesichts der Spekulationen doch schon heute: Ich freue mich, dass ich mit Katja Kipping eine der profiliertesten Sozialpolitikerinnen unserer Partei und in Deutschland als Nachfolgerin von Elke Breitenbach vorschlagen darf“, sagte Landeschefin Katina Schubert. Formell werden die Senatsmitglieder der Linken aber erst nominiert, wenn die Mitglieder in einer Basis-Befragung dem Koalitionsvertrag und dem Regierungseintritt zustimmen. Die Gremien sollen das am 20. Dezember tun.
Die 43-jährige Kipping äußerte sich auf Twitter und lobte ihre Amtsvorgängerin: „Elke Breitenbach hat als Senatorin Großartiges geleistet. Daran anknüpfen zu können, wäre mir Ehre und Freude zugleich“, schrieb Kipping. „Doch zunächst haben die Mitglieder das Wort.“
Katja Kipping ist Befürworterin eines bedingungslosen Grundeinkommens
Die 43 Jahre alte Dresdnerin Kipping ist seit 2005 Mitglied im Deutschen Bundestag und war von 2012 bis 2021 gemeinsam mit Bernd Riexinger Bundesvorsitzende der Linkspartei. Sie gehört zum Reformflügel der Linken und passt daher gut zum pragmatisch orientierten Kurs der Mehrheit des Berliner Landesverbandes. In den innerparteilichen Kämpfen mit der Parteilinken standen die Berliner meist an ihrer Seite.
Kipping war im Bundestag sozialpolitische Sprecherin ihrer Fraktion und auch Vorsitzende des Sozialausschusses. Bekannt ist sie unter anderem auch als Befürworterin eines bedingungslosen Grundeinkommens. Sie steht auch für einer toleranten Umgang mit Geflüchteten und hatte sich unter anderem im vergangenen Jahr dafür ausgesprochen, die Menschen aus den Lagern auf den griechischen Inseln in Deutschland aufzunehmen.
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Elke Breitenbach verkündet ihren Rückzug
Auf ihrem neuen Posten in Berlin wird Kipping die Lücke füllen müssen, die die bisherige Sozialsenatorin Elke Breitenbach hinterlässt. Breitenbach verkündete am Dienstag über den Kurznachrichtendienst Twitter ihren Rückzug von dem Senatorenamt. „Meine Aufgabe ist erfüllt, und ich freue mich, das Amt in jüngere Hände zu legen“, schrieb die Politikerin, die seit Beginn der Legislatur für die Themen Integration, Arbeit und Soziales zuständig war.
Breitenbach galt als pragmatische Senatorin – auch im Umgang mit Wirtschaftsverbänden, die beim Thema Arbeit mitunter mit am Tisch saßen. Gleichzeitig hielt sie Kontakt zu vielen linksgerichteten Initiativen und auch zum linken Parteiflügel.
Ganz oben auf Breitenbachs Agenda stand die Überwindung von Obdach- und Wohnungslosigkeit. 2018 führte sie in der deutschen Hauptstadt das Projekt „Housing First“ ein. Innerhalb von drei Jahren fanden fast 80 zuvor obdachlose Menschen eine Bleibe. Zuletzt legte Breitenbach einen Masterplan vor, der unter anderem auch feste Quoten an Wohnungen vorsah, die von den landeseigenen Wohnungsunternehmen für Obdachlose reserviert werden sollen.
Auch die Unterbringung von geflüchteten Menschen lag Breitenbach als Sozialsenatorin am Herzen. Nicht selten kritisierte sie dabei auch die Berliner Bezirke, die aus ihrer Sicht nach wie vor zur wenig Engagement in der Sache zeigten.
Unrechtmäßige Förderung: Ärger für Breitenbach
Ärger gab es für Breitenbach, weil sie möglicherweise Fördergelder für das Flüchtlingsprojekt „Berlin hilft“ widerrechtlich vergab. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Breitenbach wegen des Verdachts der Untreue. Ergebnisse gibt es bislang noch nicht.
Kultursenator Klaus Lederer (Linke), der auch einem neuen Berliner Senat angehören dürfte, twitterte, Breitenbach sei eine anpackende Sozialsenatorin gewesen, die für gute Arbeit, für ‘Housing First’ sowie eine würdige Unterbringung und Teilhabe von Geflüchteten gekämpft habe. „Du hinterlässt riesige Fußstapfen – und bleibst an unserer Seite“, so Lederer.
Breitenbach und Scheel haben ein Mandat im Berliner Abgeordnetenhaus
Sowohl Breitenbach als auch der scheidende Senator für Stadtentwicklung und Wohnen sind nicht raus aus der Politik. Beide haben ein Mandat im Berliner Abgeordnetenhaus.
Sebastian Scheel kam 2017 aus dem sächsischen Landtag nach Berlin und wurde Bau-Staatssekretär anstelle des wegen uneingestandener Stasi-Verstrickungen aus dem Senat gedrängten Andrej Holm. Im August 2020 übernahm er das Amt von der zurückgetretenen Katrin Lompscher. Landeschefin Schubert dankte via Twitter. Scheel sei bereit gewesen, „kurzfristig Verantwortung als Senator zu übernehmen“.
Der stets mit Anzug und Krawatte gekleidete 45-Jährige schaffte es, die Baupolitik aus der bis dahin auch koalitionsintern geäußerten Kritik zu holen. Dass er nicht bauen wolle, hat ihm niemand vorgehalten. Er selbst beklagte immer wieder, wie die Senatsverwaltung von Bezirken und lokalen Abgeordneten ausgebremst werde, wenn größere Neubauvorhaben angegangen werden sollen.
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