Berlin. Die künftige Berliner Landesregierung will größere Anstrengungen beim Ausbau von Berliner U-Bahn-Strecken unternehmen. Konkret habe man sich darauf verständigt, notwendige Kosten-Nutzen-Untersuchungen für die Verlängerungen der U2 bis Pankow-Kirche, der U3 bis Mexiko-Platz, der U7 bis zum BER und zur Heerstraße sowie der U8 bis ins Märkische Viertel in dieser Legislaturperiode angehen zu wollen, sagte Berlins designierte Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) am Freitagabend.
Giffey betonte, der U-Bahn-Ausbau werde in den kommenden fünf Jahren nicht abzuschließen sein. Die genannten U-Bahn-Projekte seien zudem derzeit unterschiedlich weit. Zum Teil gebe es bereits Machbarkeitsstudien. Eine Kosten-Nutzen-Untersuchung sei aber der nächste Schritt und Voraussetzung dafür, dass man beim Bund Fördermittel beantragen könne.
Giffey will seriös planen, um Fördermittel des Bundes beantragen zu können
Die SPD-Politikerin sagte weiter, der Bund würde je nach Bedeutung des Projekts zwischen 75 und 90 Prozent der Kosten übernehmen. „Bayern ist alle zwei Wochen mit Projekten beim Bundesverkehrsministerium zu Gast. Wir haben es viel näher. Deswegen müssen wir uns jetzt seriös darum kümmern, damit man damit auch beim Bund ankommen kann“, betonte Giffey. Sie kündigte zudem an, sich auch mit den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) zusammensetzen zu wollen, um zu besprechen, wie die Planung für die U-Bahn-Infrastrukturprojekte beschleunigt werden könne.
Große Einigkeit herrschte bei den künftigen Koalitionären auch bei anderen Schienen-Projekten. Die Spitzenkandidatin der Grünen, Bettina Jarasch, sagte, man habe sich konkret darauf verständigt, welche Strecken man vorantreiben wollen. Dies seien die Heidekrautbahn, die Siemensbahn, die Verlängerung der S-Bahn-Strecke von Spandau nach Nauen sowie der Ausbau S75 von Wartenberg bis hin zur Schönerlinder Straße. Zudem werde sich die Koalition dafür einsetzen, dass die Potsdamer Stammbahn Teil des Deutschlandstakts der Deutschen Bahn werde.
Am Stadtrand mehr Park-and-Ride, grünes Licht für TVO, Seilbahn wird ÖPNV
Am Stadtrand soll es mehr Park-and-Ride-Angebote geben. Dafür werde Rot-Grün-Rot nicht nur selbst sorgen, sondern auch mit Brandenburg sprechen. Dazu sollen auch Fahrradparkhäuser gehören, sagte Jarasch. Außerdem habe man sich darauf verständigt, mehr Expressbuslinien einsetzen zu wollen, um die Umlandverbindungen und auch die Anbindung in die Stadtrandlage zu verbessern. Jarasch betonte zudem, die Koalition habe sich darauf verständigt, dass jeder Einwohner Berlins innerhalb von 400 Metern eine Haltestelle erreichen solle. In alle Neubaugebiete solle es perspektivisch zudem Schienenverbindungen geben. Für den Übergang solle es Buslinien dorthin geben, wo neue Wohnquartiere entstehen.
Grünes Licht gab die künftige Koalition auch für die umstrittene Tangentialverbindung Ost (TVO) und für den Ausbau der Tram in zahlreichen Gebieten im Berliner Osten sowie zwischen dem Hauptbahnhof und der Turmstraße. Auch dafür sollen die Planungen beschleunigt und ausgebaut werden, sagte Kultursenator Klaus Lederer (Linke). Rot-Grün-Rot verständigte sich zudem darauf, die Seilbahn in den Gärten der Welt in Marzahn in das ÖPNV-Netz auszubauen.
Fahrgastschifffahrt soll umweltfreundlicher unterwegs sein
Weiterhin soll Geld auch in den Ausbau und die Sanierung von Fuß- und Radwegen fließen, Kreuzungen sollen sicher werden, es soll noch mehr E-Busse geben und auch die Berliner Fahrgastschiffe, die derzeit größtenteils noch mit umweltschädlichen Dieselmotoren über die Gewässer schippern, sollen sauberer werden. Vorgenommen haben sich die neuen Koalitionäre zudem einen „konzertierten Ausbau“ der Infrastruktur für Elektromobilität. Auch das Taxigewerbe wolle man stärken und auch bei dem Thema Laderecht am BER endlich eine Lösung mit dem zuständigen Landkreis Dahme-Spreewald finden, sagte Franziska Giffey.
Berlins künftige Regierende betonte weiterhin zudem die Bedeutung des Wirtschaftsverkehrs in der Stadt. Sie sehe eine große Verantwortung und die Notwendigkeit darin, Lade- und Lieferzonen abzusichern, sagte Giffey.
Parken für Anwohner wird teurer
Unklar ist in einigen Bereichen offenbar weiterhin die Finanzierung. Neben den Einnahmen aus den Fahrkartenverkäufen und öffentlichen Zuschüssen sei eine dritte Säule nötig, so die Koalitionäre. Welche das sein könnte, ist noch offen. Fast sicher erscheint aber, dass ein Teil der dafür notwendigen Mittel über die Erhöhung der Parkgebühren für Anwohner gestemmt werden könnte. 20 Euro für zwei Jahre stehe in keinem Verhältnis, so Giffey. „Das ist ein extrem niedriger Betrag. Wenn jemand mit seinem Auto sechs Quadratmeter öffentliches Straßenland in Anspruch nimmt und das für nichtmal einen Euro im Monat muss das angepasst werden“, sagte sie. Giffey betonte allerdings, dass die Preise für das Anwohnerparken sozialverträglich angepasst werden sollen. Konkrete Zahlen nannte sie aber nicht.
Klar ist hingegen schon, dass die künftigen Koalitionäre ihrem eigenen Zeitplan hinterherhinken. Der angestrebte Koalitionsvertrag soll nunmehr bis kommenden Donnerstag stehen statt Mittwoch. Man sei nicht mehr ganz in der Planung, bedauerte Giffey. Viele inhaltliche Punkte seien aufwendiger als gedacht. Noch in der Nacht zu Sonnabend sollte mit dem Thema Stadtentwicklung angefangen werden. Doch auch dabei drohen viele Konflikte, weil sich Koalitionäre in wesentlichen Punkte offenbar noch nicht einig sind.