Berlin. Mehrere Tausend Beschäftigte an Kitas, Schulen und Jugendämtern in Berlin haben am Donnerstag bei einem ganztägigen Warnstreik die Arbeit niedergelegt. Dazu aufgerufen hatte die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Am Vormittag zogen nach Angaben der Polizei rund 6000 Demonstranten und Demonstrantinnen vom Hansaplatz in Mitte Richtung Brandenburger Tor, viele darunter mit Trillerpfeifen und zum Teil mit Trommeln. Auf Plakaten war „Systemrelevant & todgespart“ zu lesen oder „Ohne Erzieherinnen keine Ganztagsschule“. Ein Kind hielt ein Schild hoch: „Kinder brauchen Knete – meine Mama auch.“
„Wir hätten den Eltern, den Kindern und den Jugendlichen gerne erspart, dass erneut Unterricht ausfällt und Schulen und Kitas geschlossen sind“, sagte GEW-Vorstandsmitglied Udo Mertens. „Aber es sind die Arbeitgeber, die diese Streiks provozieren, indem sie den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes sogar einen Inflationsausgleich verweigern.“
Bereits seit 8. Oktober verhandeln die Gewerkschaften mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL). Sie fordern für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst des Landes Berlin fünf Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 150 Euro monatlich. Außerdem sollen Auszubildende und Praktikanten monatlich 100 Euro mehr bekommen. Die TdL wies die Forderungen bisher als unrealistisch zurück. Ende November soll weiterverhandelt werden. „Wertschätzung für die wichtige Arbeit der Erzieherinnen und Erzieher, Lehrkräfte und Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter zeigt sich auch in der Bezahlung“, so Anne Albers, Leiterin des Vorstandsbereichs Tarifpolitik bei der Berliner GEW.
Verdi-Warnstreik bei Berliner AWO: Demo am Montag, dem 15.11.
Seit Mittwoch sind die rund 2000 Beschäftigten der Arbeiterwohlfahrt Tarifgemeinschaft Berlin im Landesverband Berlin e. V., die Kreisverbände Berlin-Mitte e. V., Südwest e. V., Spandau e. V., Südost e. V., Spree-Wuhle e. V. und die AWO pro:mensch gGmbH zu einer achttägigen Arbeitsniederlegung aufgerufen. Der Streik wird bis zum Freitag, dem 19. November 2021 fortgeführt, Nachtschichten werden nicht bestreikt. Vom Streik sind Bildungseinrichtungen und Kitas der AWO betroffen.
Am kommenden Montag, dem 15. November 2021, findet ab 10 Uhr eine zentrale AWO-Streikversammlung vor dem Rathaus Spandau statt. Ab 11 Uhr wird dort eine Kundgebung abgehalten, eine Demo zum AWO-Kreisverbandsbüro Spandau (Rodensteinstraße 11, 13593 Berlin) wird gegen 11.30 Uhr beginnen.
Für den kommenden Dienstag, den 16. November 2021, weitet die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) ihre Warnstreiks auf eine Vielzahl öffentlicher Kitas und Bezirksämter sowie Schulen im gesamten Stadtgebiet aus. Die Gewerkschaft hat alle Tarifbeschäftigten, Auszubildenden und Dual-Studierenden zum ganztägigen Warnstreik aufgerufen: die Kita-Eigenbetriebe SüdOst, NordOst und NordWest, an den staatlichen Schulen des Landes Berlin (außer Lehrer/innen) sowie der Bezirksämter Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf, Mitte, Charlottenburg-Wilmersdorf, Treptow-Köpenick, Spandau, Steglitz-Zehlendorf, Reinickendorf.
Angleichung an Tarifvertrag der Länder gefordert
Auch an diesem Tag muss wieder mit Einschränkungen in den Ämtern und Schulen sowie mit Schließungen von Kindertagesstätten gerechnet werden. In den betroffenen Kindereinrichtungen wird mit Elternbriefen über eventuelle Betreuungseinschränkungen informiert. Bei der Arbeiterwohlfahrt Berlin (AWO) hatten zahlreiche Beschäftigte bereits am Mittwoch, den 10. November, mit einem insgesamt achttägigen Warnstreik begonnen.
„Zahlreiche Einrichtungen, zu denen auch Kitas gehören, sind geschlossen“, teilte die Gewerkschaft Verdi mit. „Wir wollen mit dem Streik erreichen, dass die Arbeitgeber ihr Angebot nachbessern und somit eine möglichst schnelle Angleichung an den Tarifvertrag der Länder möglich wird.“ Einige Hundert Beschäftigte beteiligten sich laut Verdi an der zentralen Demonstration vom AWO-Hauptgebäude im Berliner Ortsteil Wedding bis zum Max-Josef-Metzger-Platz gegenüber dem Kurt-Schumacher-Haus. Die Gewerkschaft fordert eine schrittweise Anhebung der Entgelte auf das Niveau des Länder-Tarifvertrags. In einem ersten Schritt soll die Bezahlung noch in diesem Jahr auf mindestens 98 Prozent dieses Tarifniveaus angehoben werden. Nach Angaben der Gewerkschaft erhielten Awo-Erzieher zwischen 150 und 400 Euro pro Monat weniger als ihre Kollegen im öffentlichen Dienst. In anderen Berufsgruppen betrage die Differenz zum Tarifvertrag der Länder (TV-L) zum Teil bis zu 700 Euro.
„Wir werden alles daran setzen, den Streik abzuwehren und eine Notbetreuung aufrechtzuerhalten“, teilte AWO-Landesgeschäftsführer Oliver Bürgel auf Anfrage mit. „Statt zum Streik aufzurufen, fordern wir Verdi auf, an den Verhandlungstisch zurückzukommen, um einen baldigen Abschluss der Verhandlungen zu erreichen.“ Bereits im September hatte die Gewerkschaft zu mehrtägigen Warnstreiks aufgerufen.