Berlin. Bei illegalen Demos von Gegnern der Corona-Politik kam es zu Ausschreitungen. Der UN-Berichterstatter fordert eine Stellungnahme.
Die Polizeigewalt bei Berliner Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen haben den UN-Sonderberichterstatter für Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung auf den Plan gerufen. Der Schweizer Rechtsprofessor Nils Melzer will bei der Bundesregierung kommende Woche um eine Stellungnahme bitten, wie er der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag sagte. Die Bundesregierung hat dann 60 Tage, um darauf zu antworten.
„Es sind einige Videos verbreitet worden, die Besorgnis erregend sind“, sagte Melzer. „Die Hinweise sind stark genug, dass möglicherweise Menschenrechtsverletzungen begangen wurden.“ Er habe bereits mit Augenzeugen gesprochen. Es gehe nach erstem Augenschein womöglich um ein Dutzend Vorfälle. Der UN-Sonderberichterstatter hat sonst mit Polizeigewalt etwa in Hongkong oder Belarus zu tun. „Deutschland ist kein großer Kunde bei mir“, sagte er.

Polizeigewalt bei Demos in Berlin? UN-Sonderberichterstatter verweist auf Videos
Melzer verweist etwa auf ein Video, in dem ein Polizist eine Frau am Hals packt und zu Boden stößt. „Die hätte sterben können“, sagt Melzer. Von der Frau sei keine Gefahr ausgegangen, aber der Beamte habe eine Technik der Selbstverteidigung angewendet, statt schlicht eine Ordnungswidrigkeit zu verhindern. Auf anderen Videos sei ein Mann zu sehen, der blutig geschlagen wurde, obwohl er in Handschellen am Boden lag, oder jemand, der von hinten vom Fahrrad gerissen wurde.
Bei einer Demonstration mit tausenden Menschen, die angeordnete Maßnahmen ignorierten aber nicht gewalttätig seien, müsse anders reagiert werden, sagte Melzer. „Das ist ein Kommunikations-, kein Gewaltproblem. Da ist eine gepanzerte Polizeitruppe vielleicht nicht die richtige Antwort.“
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Es gehe auch um die Entschädigung von Opfern
Die deutsche Regierung müsse bei Rechtsverstößen durch die Polizei rechtliche Schritte einleiten. Dabei gehe es auch um die Entschädigung von Opfern und Präventionsmaßnahmen.
Die Tatsache, dass er hinschaue, löse hoffentlich ein Umdenken aus, sagte Melzer. Zunehmende Polizeigewalt sei ein weltweiter Trend. Polizeikräfte würden zunehmen militarisiert. Dann betrachte sich die Polizei nicht mehr als Freund und Helfer. „Das scheint mir eine gefährliche Eskalationsspirale zu sein.“ Melzer hatte auch mit der „Berliner Zeitung“ gesprochen.
Berliner Polizei: Anzeigen seien eingegangen
Im Zusammenhang mit dem Demonstrationsgeschehen in Berlin gingen laut Berliner Polizei entsprechende Anzeigen "im mittleren zweistelligen Bereich" ein. Diese würden momentan geprüft, so dass noch keine Aussage über die Zahl daraus resultierender Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte möglich sei. Man habe auch die Prüfung mehrerer Videos veranlasst, die im Internet kursieren. In einem Fall sei hier bereits ein Verfahren wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt eingeleitet worden.
dpa