Enteignungs-Kampagne

Initiative wirft Senat „dreiste Desinformation“ vor

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Isabell Jürgens
Unterstützer der Initiative "Deutsche Wohnen & Co. enteignen"  bei der Übergabe der gesammelten Unterschriften für einen Volksentscheid zur Enteignung.

Unterstützer der Initiative "Deutsche Wohnen & Co. enteignen" bei der Übergabe der gesammelten Unterschriften für einen Volksentscheid zur Enteignung.

Foto: Christophe Gateau / dpa

Initiative "Deutsche Wohnen & Co. enteignen" kritisiert Kostenberechnung in der Stellungnahme des Berliner Senats zum Volksentscheid.

Berlin. Die Gräben zwischen der Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ und dem Senat werden immer tiefer. Erst vorige Woche hatten Unterstützer der Enteignungskampagne bei der Übergabe der gesammelten Unterschriften für einen Volksentscheid zur Enteignung von großen Immobilienunternehmen vor der Senatsverwaltung für Inneres und Sport protestiert, weil der Berliner Senat sich ihrer Meinung nach nicht klar genug für oder gegen den Volksentscheid am 26. September positioniert hatte. Am Montag legte die Initiative noch einmal nach und unterstellte dem Senat „dreiste Desinformation“.

Auslöser des Streits ist die vom Berliner Senat in der vergangenen Woche beschlossene Stellungnahme zum Volksentscheid, der zeitgleich zu den Wahlen am 26. September 2021 zur Abstimmung kommt Mit der Wahlbenachrichtigung wird auch die Stellungnahme des Senates zum Volksentscheid versandt. Die Initiative übt harsche Kritik an den ihrer Ansicht nach falschen Darstellungen in dieser Stellungnahme. Dabei geht es insbesondere um die durch den Senat veröffentlichte Kostenschätzung der Rekommunalisierung.

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Strittig sind vor allem die Entschädigungskosten

In der Stellungnahme des Senats werden die anstehende Entschädigungsleistungen für die etwa 226.000 betroffenen Wohnungen auf 29 bis 39 Milliarden Euro beziffert. Dazu kämen noch Erwerbsnebenkosten. Laut Initiative würden durch die „Vergesellschaftung“ von Wohnungsunternehmen mit mehr als 3000 Wohnungen in Berlin aber lediglich Kosten von 7,3 bis 13,7 Milliarden Euro anfallen.

„Das ist dreiste Desinformation. Es ist völlig unklar, wie der Senat auf seine Entschädigungssummen kommt. Eine Entschädigung nach Artikel 15 ist gerade kein Kauf nach Verkehrswert, wie der Senat in täuschender Absicht allen Berliner:innen mitteilen will“, heißt es in einer Mitteilung der Initiative.

Initiative droht dem Senat mit einer Klage

Angesichts der ihrer Einschätzung nach falschen Darstellung, prüfe die Initiative derzeit, ob eine Verletzung des Sachlichkeitsgebotes bei der Informationshandlung durch ein staatliches Organ vorliegt, heißt es in der Erklärung weiter. In diesem Fall müsste die Landeswahlleitung erwägen, diese Information nicht zu verschicken, so der Jurist. „Notfalls klagen wir. Der Senat müsste in diesem Fall am Ende - unter hohen Kosten - eine korrigierte Fassung seiner Stellungnahme an alle Berliner*innen versenden“, so Sprecher Moheb Shafaqyar in der Erklärung vom Montag. In der Stellungnahme werde zudem bei der Berechnung der Kosten auch die Grunderwerbssteuer einberechnet. Eine Steuer, deren Fälligkeit bei einer Vergesellschaftung nach Auffassung der Initiative gar nicht anfalle.

Finanzsenator spricht von „Wunschdenken“

Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) weist die Vorwürfe zurück. „Die Initiative heißt Deutsche Wohnen & Co. enteignen – und nicht vergesellschaften“, sagte Kollatz der Berliner Morgenpost. Bei Enteignungen gebe es Erfahrungswerte vom Bau öffentlicher Infrastrukturen. „Muss in solchen Fällen privates Eigentum weichen, wird grundsätzlich vergleichbar zum Ertragswert gerechnet“, so Kollatz weiter. Selbstverständlich falle dann auch die Grunderwerbsteuer an. „Auf diese und andere anfallenden Transaktionskosten hat die zuständige Steuerverwaltung immer hingewiesen“, betonte Kollatz, „alles andere ist Wunschdenken.“