Mieten-Protest

Demonstration gegen „Mietenwahnsinn“ zieht durch Berlin

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Berlin: Tausende demonstrieren gegen "Mietenwahnsinn"

Berlin: Tausende demonstrieren gegen "Mietenwahnsinn"

In Berlin sind erneut tausende Menschen gegen steigende Mieten auf die Straße gegangen. Hintergrund der Demonstration ist der gekippte Belriner Mitendeckel. Zum Protest aufgerufen hatte das Bündnis gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn.

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Mehrere Tausend Teilnehmer protestieren in Berlin friedlich gegen Verdrängung - Corona-Leugner versuchten vergeblich zu stören.

Berlin.  Mehrere Tausend Menschen haben am Pfingstsonntag friedlich in Berlin gegen Mieterhöhungen und Verdrängung von Mietern aus der Innenstadt protestiert. Zwar blieben die Teilnehmerzahlen deutlich unter den erwarteten 10.000, doch die Veranstalter, ein breites Bündnis aus Mieterinitiativen, waren zufrieden.

Rouzbeh Taheri, Sprecher der Initiative „Deutsche Wohnen Co. enteignen“, sagte: „Wir freuen uns über eine kämpferische und friedliche Demonstration“. Die Initiative will ein Volksbegehren zur Enteignung großer Wohnungsunternehmen in Berlin parallel zu den Wahlen im September zur Abstimmung bringen. Auch die Polizei sprach von einem störungsfreien Verlauf. Sie zählte rund 2500 Teilnehmer, die Veranstalter sprachen von 10.000.

Bei dem Protest unter dem Motto „Gegen den Mietenwahnsinn“ waren Slogans zu lesen wie „Keine Profite mit der Miete“ oder „Wir haben Enteignungsbedarf“. Schon Mitte April waren Zehntausende Menschen in Berlin auf die Straße gegangen, als das Bundesverfassungsgericht das Berliner Mietendeckel-Gesetz gestoppt hatte.

Am Rande diskutierte diesmal der Berliner FDP-Spitzenkandidat zur Abgeordnetenhauswahl 2021, Sebastian Czaja, mit der Anmelderin der Demonstration, Karin Baumert. Czaja zeigte dabei ein Schild mit der Aufschrift „Bauen statt klauen“.

Kreuzberger Mieter haben Angst um ihre Wohnungen

Unter den Teilnehmern waren auch Vertreter der Grünen, etwa die Bundestagsabgeordnete Canan Bayram und der Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Florian Schmidt. Auch linke und marxistische Gruppierungen und verschiedene Hausbesetzer-Projekte waren vertreten. Die Demonstration führte vorbei am selbstverwalteten Jugendzentrum „Potse“ an der Potsdamer Straße, dessen angekündigte Räumung in der vergangenen Woche kurzfristig abgesagt worden war.

Das sind die Bilder:

Viele Teilnehmer vertraten direkt betroffene Mieter. So etwa Lea (40) und Julia (38) aus dem Chamisso-Kiez in Kreuzberg. Auch wenn ihr Viertel als längst “gentrifiziert“ gelte, gebe es immer noch Anwohner, die von wenig Geld lebten und Angst um ihre Wohnungen hätten, sagten die beiden. „Gerade Kreuzberg ist berühmt für seine soziale Mischung, aber sie geht zunehmend verloren, wenn langjährige Anwohner oder auch kleine Gewerbetreibende wegen Eigenbedarf oder Luxussanierung wegziehen müssen.“

Stimmung wie beim ausgefallenen Karneval der Kulturen

Der Mietenprotest war am Potsdamer Platz mit einer Stunde Verspätung gegen 14 Uhr Richtung Nollendorfplatz gestartet. Viele Teilnehmende waren bunt kostümiert. So lief etwa ein langer Stoffdrache mit, ein Frauenchor sang mit Papp-„Dächern überm Kopf”. Musik von mehrere Lautsprecherwagen und geschmückte Protest-Boote auf dem Landwehrkanal brachten den „Karneval der Kulturen” in Erinnerung, der eigentlich traditionell an Pfingstsonntag durch Berlin zieht. Er fiel nun schon zum zweiten Mal pandemiebedingt aus.

Während sich die Mieten-Demonstranten an Masken- und Abstandspflicht hielten, versuchten unmaskierte Störer am Rande immer wieder, in den Demonstrationszug zu gelangen. Einige trugen Transparente, die sich gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung richteten.

Polizei löst Ansammlungen von Corona-Leugnern auf

Nachdem am Freitagabend mehrere angekündigte Proteste von “Querdenkern” und anderen Kritikern gerichtlich verboten worden waren, war die Polizei am Sonnabend stundenlang gegen Coronaleugner vorgegangen, die sich trotz Verbot in Mitte und anderen Stadtteilen versammelt hatten. Auch am Sonntag gab es diese Versuche wieder.

Am Sonntagvormittag hatte die Polizei einen Protest am Schloss Bellevue in Tiergarten aufgelöst. Dort hatten sich Corona-Leugner zu einer sogenannten “Mahnwache” versammelt. Die Aktion wurde vom Veranstalter für 200 Teilnehmer angemeldet und war genehmigt. Rund 300 Demonstranten forderten nahe dem Sitz des Bundespräsidenten die Rückgabe ihrer Grundrechte. Weil dabei die Abstands- und Hygieneregeln nicht eingehalten wurden, löste die Polizei die Veranstaltung nach mehreren Hinweisen auf. Personalien wurden aufgenommen und es kam zu vereinzelten vorläufigen Festnahmen. Am Nachmittag versammelten sich etwa 200 Menschen spontan auf dem Breitscheidplatz in Charlottenburg. Die Polizei kesselte die Corona-Leugner ein und nahm die Personalien aller Anwesenden auf, was einige Stunden in Anspruch nahm.

( mit ag/mim/dpa )