Berlin Trend

75 Prozent der Berliner sind für bundesweiten Mietendeckel

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Joachim Fahrun
Ein Mietshaus nahe des Alexanderplatzes im Bezirk Mitte.

Ein Mietshaus nahe des Alexanderplatzes im Bezirk Mitte.

Foto: Wolfgang Kumm / dpa

Das Verfassungsgericht hat den Mietendeckel verboten. Die Berliner wollen aber, dass er auf Bundesebene eingeführt wird.

Berlin. Trotz aller Kritik halten die Berliner in einer übergroßen Mehrheit das Instrument des Mietendeckels für geeignet, Mieterhöhungen zu verhindern und Mieten zu senken. Nachdem das Bundesverfassungsgericht dem Senat untersagt hat, diese Regeln auf Landesebene anzuwenden, setzten die Hauptstädter ihre Hoffnungen auf neue Gesetze im Bund.

Vier von fünf Mietern wollen bundesweiten Mietendeckel

75 Prozent der Befragten im Berlin Trend der Berliner Morgenpost und der RBB-Abendschau fänden einen bundesweiten Mietendeckel gut, der in Städten mit hohen Mieten die Miethöhe für eine bestimmte Zeit begrenzt. Nur 19 Prozent fänden einen Bundes-Mietendeckel schlecht. Unter den Berliner Mietern ist der Wunsch nach einer Bundesregelung analog zu abgesetzten Berliner Vorschrift noch beliebter: 80 Prozent wünschen sich den Deckel, den Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gerade als „sozialistischen Quatsch“ bezeichnete, in ganz Deutschland.

Zwei Drittel der CDU-Anhänger befürworten Bundes-Mietendeckel

Wenig überraschend ist, dass die Anhänger der Parteien der rot-rot-grünen Berliner Koalition sich ganz überwiegend einen Bundes-Mietendeckel wünschen. Bei den Linken sind es 97 Prozent, im Lager der Grünen und SPD 82 beziehungsweise 80 Prozent. Aber auch unter den Sympathisanten der Oppositionsparteien, die den Mietendeckel politisch bekämpft haben, hat diese scharfe Form der Mietenkontrolle viele Anhänger.

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Unter CDU-Wählern sind mehr als zwei Drittel (68 Prozent) dafür. Bei der AfD sind es mit 62 Prozent ebenfalls eine klare Mehrheit. Und selbst unter den Anhängern der Liberalen findet mit 45 Prozent fast die Hälfte den Mietendeckel auf Bundesebene gut. Auch unter den Unterstützern anderer Parteien und unter Nicht-Wählern und Unentschlossenen genießt der Mietendeckel übergroße Sympathie.

Auch Eigentümer sind mehrheitlich für den Mietendeckel

Im Ostteil Berlins ist die Zustimmung zum Mietendeckel mit 79 Prozent insgesamt etwas ausgeprägter als in den westlichen Bezirken, wo aber immer noch 73 Prozent das Instrument richtig finden. Frauen sind etwas stärker für den Deckel als Männer. Und selbst unter den Menschen, die in der eigenen Wohnung oder im eigenen Haus leben, unterstützen mit einer immer noch deutlichen Mehrheit von 61 Prozent das, was Rot-Rot-Grün in Berlin auf den Weg gebracht hatte.

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Für den Berlin Trend befragte Infratest dimap zwischen dem 20. und 24. April 1162 wahlberechtigte Berlinerinnen und Berliner, es gab 757 Telefon- und 405 Online-Interviews. Die Ergebnisse sind repräsentativ, die statistische Schwankungsbreite liegt zwischen zwei und drei Prozentpunkten.

Schlappe vor Gericht zum Mietendeckel hat Rot-Rot-Grün nicht geschadet

Offenbar ist es diese große Sympathie für den Mietendeckel und der Wunsch, ihn eben auf Bundesebene einzuführen, wenn es im Land Berlin allein nicht möglich sein soll, warum die Parteien der rot-rot-grünen Koalition in der Sonntagsfrage trotz der Niederlage vor dem Bundesverfassungsgericht keine Einbußen erlitten haben. Wie berichtet, kommen SPD, Grüne und Linke derzeit zusammen auf 58 Prozent der Stimmen, mehr als bei der letzten Wahl 2016.

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Breite Mehrheit unzufrieden mit Anstrengungen zum Mieterschutz

Mit den Anstrengungen des Senats, die Mieter vor deutlich steigenden Mieten zu schützen, ist gleichwohl nur eine Minderheit der Menschen zufrieden. Die Frage, ob das Bild ohne das vom Bundesverfassungsgericht verfügte aus für den berliner Mietendeckel ein anderes wäre, ist jedoch nicht zu beantworten. Jetzt, wo mit dem Deckel das zentrale Mieten-Kontrollinstrument nicht mehr gilt in Berlin, ist nicht einmal jeder Dritte (29 Prozent) gab an, sehr zufrieden oder zufrieden damit zu sein, wie der Senat in dieser wichtigsten sozialpolitischen Frage der Stadt vorangekommen ist. Zwei Drittel (67 Prozent) zeigten sich weniger oder gar nicht zufrieden.

Dieses Bild zieht sich quer durch alle Altersgruppen und Bildungsniveaus. Sortiert man nach politischen Präferenzen so zeigt sich, dass die Wohnungs- und Mietenpolitik der Koalition nur von den Anhängern der Linken positiv bewertet wird. Wer die Partei des amtierenden Stadtentwicklungssenators Sebastian Scheel wählen möchte, schätzt dessen Arbeit auch zu 57 Prozent positiv ein. Im Lager von SPD und Grünen, aber auch unter Anhängern der CDU, entspricht die Wahrnehmung in etwa dem der gesamten Wahl-Bevölkerung. Noch einmal deutlich kritischer mit der Arbeit des Senats in der Mietenfrage sind die Wähler von FDP, AfD und der anderen Parteien.

Die persönliche Wohnsituation hat keinen Einfluss darauf, wie die Befragten die Erfolge der Mietenpolitik des Senats einschätzen. Auch unter Eigentümern ist nur ein Viertel (26 Prozent) mit den Anstrengungen der Politik zum Schutz von Mietern zufrieden, 69 Prozent sind unzufrieden.

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