Umfrage

Berlin Trend: Ärger über die Corona-Politik wächst

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Joachim Fahrun
Vor allem die jüngeren Menschen zwischen 18 und 39 Jahren sind frustriert: Die Zustimmung zur Corona-Politik sank in dieser Altersgruppe von 45 auf nur noch 19 Prozent, 80 Prozent sind unzufrieden.

Vor allem die jüngeren Menschen zwischen 18 und 39 Jahren sind frustriert: Die Zustimmung zur Corona-Politik sank in dieser Altersgruppe von 45 auf nur noch 19 Prozent, 80 Prozent sind unzufrieden.

Foto: dpa

Der Berlin Trend zeigt: Gerade junge Menschen sind zunehmend frustriert. Rot-Rot-Grün schadet das aber nicht.

Berlin. Fünf Monate vor der Wahl zum Abgeordnetenhaus sind die Chancen der Opposition auf einen Sieg weiter gesunken. Die CDU sackte sicher auch in Folge der bundesweiten Querelen um die Kanzlerkandidatur auf nur noch 18 Prozent ab und liegt damit neun Punkte hinter den führenden Grünen. Die Kräfte, die derzeit den rot-rot-grünen Senat stützen, stehen hingegen einigermaßen stabil da und hätten ohne Probleme wieder eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus, wenn auch mit Bettina Jarasch eine Grüne ins Rote Rathaus einzöge.

Berliner Grüne kommen bei unter 40-Jährigen auf 37 Prozent

Die Grünen konnten besonders bei den Jungen überproportional zulegen. Ein Plus von neun Punkten bei den 18- bis 39-Jährigen sorgt in dieser Altersgruppe für ein Rekord-Umfrageergebnis von 37 Prozent. Weit abgeschlagen folgen die Linken (15 Prozent) sowie gleichauf SPD und CDU mit 13 Prozent. Zudem kommen die Grünen auch in Kreisen außerhalb ihrer hochgebildeten Stammklientel besser an.

Bei Abiturienten und Hochschulabsolventen holen sie schon lange stabil deutlich mehr als 30 Prozent. Unter Stimmberechtigten mit niedrigem oder mittlerem Bildungsabschluss legte die Partei aber im April doppelt so stark zu wie in der gesamten Wählerschaft und erreicht nun auch dort Werte um oder leicht über 20 Prozent.

Auffällig ist, dass SPD und CDU beide in genau dieser Klientel mit mittleren Bildungsabschlüssen überproportional an Zustimmung eingebüßt haben. Das sind Ergebnisse des Berlin Trends, für den Infratest dimap im Auftrag von Morgenpost und RBB-„Abendschau“ vom 20. bis 24. April 1162 Wahlberechtigte telefonisch und online befragt hat.

Corona in Berlin: Stimmung schlägt um

Für die Berliner Wahl-Umfrage ohne sichtbare Auswirkungen ist der eklatante Umschwung in der Bewertung des Corona-Managements durch den Senat. Inzwischen sind 70 Prozent sehr oder eher unzufrieden mit der Pandemie-Politik, nur noch 29 Prozent sehen sie positiv. Im Februar hatten sich noch 43 Prozent zufrieden geäußert.

Wobei es angesichts bundesweit geltender Regeln plausibel erscheint, dass viele Befragte nicht zwischen Maßnahmen des Senats auf Landesebene und den Vorgaben von Bundesregierung und Bundestag unterscheiden. Auch deswegen schlägt sich der Ärger über die Corona-Politik nicht in schlechten Umfrageergebnissen für die Senatsparteien nieder.


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Junge Leute sind zu 80 Prozent mit Corona-Politik unzufrieden

Vor allem die jüngeren Menschen zwischen 18 und 39 Jahren sind frustriert. Die Zustimmung zur Corona-Politik sank in dieser Altersgruppe von 45 auf nur noch 19 Prozent, 80 Prozent sind unzufrieden. Unter den Älteren über 65 Jahren ist die Zustimmung zur Corona-Politik hingegen kaum gesunken. Im Februar waren 45 Prozent zufrieden, jetzt sind es noch 42 Prozent. In der mittleren Altersgruppe der 40- bis 64-Jährigen sind noch 28 anstatt zuletzt 40 Prozent zufrieden.

Entsprechend der Altersstruktur ihrer Sympathisanten gab es im Lager der sonst so staatstragenden Grünen einen Absturz: Im Februar waren noch 60 Prozent der Grünen-Wähler mit der Corona-Politik zufrieden, jetzt sind es nur noch 33 Prozent.

Trotz dieses insgesamt überaus skeptischen Blicks auf die Pandemie-Bekämpfung finden einzelne Vorgaben der Bundes-Notbremse aber doch Unterstützung. 69 Prozent finden es „eher richtig“, dass ab einer Inzidenz von 165 die Schulen geschlossen werden und dass das überall in Deutschland gleich gehandhabt wird. 28 Prozent finden das eher falsch. Nur unter AfD-Anhängern ist mit 51 Prozent eine knappe Mehrheit gegen die Schulschließung.

Michael Müllers persönliche Werte sinken wieder

Wenn sich der Meinungsumschwung zur Corona-Politik zwar nicht auf die Umfrageergebnisse der Parteien auswirkt, so tut sie das doch in der Bewertung eines der bundesweiten Protagonisten der Anti-Corona-Politik. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD), als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz in den vergangenen Monaten sehr exponiert an der Seite der Kanzlerin, hat zuletzt gewonnene Sympathien wieder eingebüßt. Nach einem Verlust von neun Punkten bewerten nur noch 42 Prozent Müllers politische Arbeit positiv.

Im Lager der SPD-Anhänger kommt der in den Bundestag strebende Noch-Regierungschef aber weiterhin gut an. Müller wird von SPD-Sympathisanten mit 67 Prozent positiver Bewertung sogar besser eingeschätzt als seine potenzielle Nachfolgerin Franziska Giffey, die unter SPD-Freunden auf 62 Prozent kommt, nach 69 Prozent im Februar. Insgesamt hat der Glanz der SPD-Hoffnungsträgerin ein paar Schrammen abbekommen. Ihre Partei büßte einen Prozentpunkt ein. Sie selbst verlor in den persönlichen Werten fünf Punkte. Nur noch 41 Prozent zeigten sich mit Giffey zufrieden. 36 Prozent bewerten ihre Arbeit als SPD-Landeschefin und Bundesministerin negativ.

Über die Grüne Bettina Jarasch können sich drei von vier Befragten kein Bild machen. CDU-Spitzenmann Kai Wegner steht kaum besser da. Immerhin hat er unter CDU-Anhängern zugelegt.