Berlin. Nach Erkenntnissen der Berliner Polizei sind derzeit 388 Clankriminelle in der Stadt aktiv. 19 von ihnen sind Frauen. Im vergangenen Jahr wurden 1013 Straftaten durch 291 Tatverdächtige verübt, die dem Bereich der Clankriminalität zugeordnet worden. Das geht aus dem aktuellen Lagebericht hervor, den die Senatsinnenverwaltung und die Berliner Polizei am Montag veröffentlicht haben.
Clans in Berlin: 45 Prozent sind deutsche Staatsbürger
Der Jahresbericht der Polizei beschränkt sich ausschließlich auf Mitglieder aus Großfamilien „abgeschotteter arabischstämmiger Strukturen“. Mit etwa 45 Prozent stellen deutsche Staatsbürger den größten Anteil unter den Clankriminellen, gefolgt von libanesischen Staatsbürgern (18 Prozent) und Personen mit ungeklärter Staatsbürgerschaft (16 Prozent). Etwa 95 Prozent der Clankriminellen sind Männer, die meisten von ihnen Mehrfach- und Intensivtäter.
Den Berliner Negativ-Rekord hat ein 23-Jähriger geschafft. Auf das Konto des jungen Mannes gehen 48 Straftaten allein im vergangenen Jahr. Schon zuvor war er kein unbeschriebenes Blatt: Betrug, Raub, Drogendelikte, Bestechung, Hausfriedensbruch - das ist nur ein Teil der 173 Straftaten, die dem Libanesen in den vergangenen fünf Jahren zugerechnet werden. Besonders auffällig sei der frühe Beginn von Straftaten, heißt es in dem am Montag veröffentlichten Bericht.
Laut Bericht lagen die Schwerpunkte im Bereich der Verkehrsstraftaten (139), der Betäubungsmittelkriminalität (130), der Gewalt- (118) und Eigentumskriminalität (100). Wie aus dem aktuellen Lagebericht für 2020 hervorgeht, werden die Straftaten und Ordnungswidrigkeiten stadtweit in unterschiedlicher Intensität begangen. Dabei werden auch Verbindungen zur Rocker- und Türsteherszene, sowie zu Boxern und Rappern genutzt. Ebenso mit einbezogen werden gewerbliche Aktivitäten wie das Betreiben von Shisha-Bars, An- und Verkaufsgeschäften, Juweliergeschäften und Autovermietungen.
Clans in Berlin - lesen Sie auch:
- Clan-Kriminalität: „Mann fürs Grobe“ wird abgeschoben
- Vermögensabschöpfung auch bei verjährten Straftaten rechtens
- Gangster-Stadt Berlin
- Hunderte Ermittler bei Razzia im Clan-Milieu in Berlin
Verunsicherung bei kriminellen Clanmitgliedern
Laut Innensenator Andreas Geisel (SPD) richten sich die Ermittlungen grundsätzlich gegen einzelne Straftäter oder Gruppierungen. „Wir nehmen niemanden in Sippenhaft, nur weil er oder sie Mitglied einer bestimmten Familie ist. Wir gehen gegen Kriminelle vor, nicht gegen Familien“, teilte er mit. „Bei den kriminellen Clanmitgliedern stellt die Polizei eine zunehmende Verunsicherung fest. Die Kriminellen merken jetzt offenbar, dass wir es ernst meinen. Gut, dass diese Botschaft angekommen ist.“
2020 hat die Polizei 240 Kontrolleinsätze durchgeführt, an 71 Einsätzen waren auch andere Behörden beteiligt. Insgesamt kontrollierten die Beamtinnen und Beamten 525 Objekte, 85 wurden geschlossen. Beschlagnahmt wurden beispielsweise mehr als 21.000 unversteuerte Zigaretten, 374 Kilogramm Wasserpfeifentabak, 40.500 Euro aus dem Handel mit Drogen und Zigaretten sowie 78 Autos und zwei Motorräder. Nach Ansicht der Innenverwaltung und der Polizei haben die Beschlagnahmung von 77 Immobilien 2018 und die Beschlagnahmung der Mieteinnahmen 2019 die kriminellen Strukturen nachhaltig geschwächt.
Gewerkschaft der Polizei: Drogen sind das Schmiermittel der Organisierten Kriminalität
„Das Lagebild zeigt uns eine schöne Übersicht über die Straftäter aus den ethnisch abgeschlossenen arabischstämmigen Strukturen und liefert so eine wichtige Arbeitsgrundlage. Wir sehen, dass die meisten von ihnen mehrfach Straftaten begehen und sich die Probleme durch Abschiebungen nicht erledigen, weil viele die deutsche Staatsbürgerschaft haben.“, sagte GdP-Landeschef Norbert Cioma. „Die Art der Straftaten macht deutlich, dass sie selbst einfachste Regeln unseres Rechtsstaates, wie etwa Verkehrsstraftaten, missachten, Drogen das Schmiermittel der Organisierten Kriminalität sind und gerade in diesen Bereich vor schwersten Gewalttaten und der Nutzung von Waffen nicht zurückgeschreckt wird.“
Seiner Meinung nach würde die Ablehnung des Rechtsstaates und der demokratischen Normen durch die entsprechende Erziehung bei Kindern und Jugendlichen manifestiert und viele bereits in jungen Jahren Straftaten begehen. Cioma forderte, dass die Jugendämter noch mehr eingebunden und tätig werden.
„Innensenator Geisel hat in den letzten Jahren vieles angeschoben, Berlin den Kampf gegen kriminelle Strukturen in arabischen Clans endlich angenommen. Jetzt muss es darum gehen, diesen Weg mit einem ordentlichen Unterbau aus personellen Kapazitäten, technischen Voraussetzungen und fachspezifischer Expertise wie im Bereich der Cyberkriminalität zu verfestigen.“
Burkard Dregger, Vorsitzender und innenpolitischer Sprecher der Berliner CDU-Fraktion, erklärte: „Unsere Polizei macht einen guten Job gegen Clankriminelle. Sie könnte erfolgreicher sein, wäre sie technisch und rechtlich auf dem Stand der übrigen Bundesländer." So habe es die rot-rot-grüne Koalition versäumt, die Überwachung des mobilen Datenverkehrs der Verdächtigen zu ermöglichen. Weiter teilte Dregger mit: "Wir unterstützen auch Forderungen, die Jugendämter vor allem stärker in die Prävention einzubinden. Berlin muss deutlich mehr tun, damit Behörden im Kampf gegen arabischstämmige Großfamilien bestehen können.“