Berlin. Wer auf die offizielle Internetseite Berlins klickt, dort über "Gesundheit und Beauty" zu den sozialen Einrichtungen kommt, landet auch beim Muslimischen Seelsorgetelefon. Was dort allerdings als Beratungsangebot aufgelistet ist, sorgt nun für Kritik. Denn mit Islamic Relief Deutschland e.V. (IRD) wird ein Verein beworben, der laut Bundesamt für Verfassungsschutz den Muslimbrüdern nahesteht.
Herausgekommen ist das durch eine parlamentarische Anfrage von Holger Krestel, Sprecher für Recht und Verfassungsschutz der FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus. In der Antwort schiebt der Senat allerdings die Verantwortung von sich. Die Internetseite BerlinOnline werde seit 1998 als Private-Partnership-Vertrags (PPP) betrieben. In diesem PPP-Modell erfülle die Seite dabei die Rolle des Vermarkters, der Redaktion der vermarkteten Seiten und auch die des technischen Dienstleisters.
FDP-Politiker: Senat macht sich schlanken Fuß
Die Senatskanzlei koordiniere zwar das Hauptstadtportal, habe aber keine Weisungsbefugnisse gegenüber der Seite. In seiner jetzigen Form sei der Eintrag seit 2013 online, heißt es auf die parlamentarische Anfrage. Vereine und Institutionen könnten einen Eintrag für den "BerlinFinder" einreichen. BerlinOnline prüfe dann all eingehenden Veröffentlichungswünsche vorurteilsfrei und veröffentliche diese Kontaktinformationen nach erfolgreicher Kontrolle, heißt es in der Antwort.
Das wiederum kritisiert FDP-Politiker Krestel. "Der Senat hat sich hier einen schlanken Fuß gemacht", sagte er der Berliner Morgenpost. Letztendliche führe die Seite, obwohl ein Drittanbieter für den Inhalt verantwortlich ist, trotzdem zu einer Identifizierung mit dem Land. "Menschen, die so eine Nummer anrufen, müssen da Vertrauensschutz genießen und nicht bei jemandem landen, der den Muslimbrüdern nahesteht."
Das musste wiederum die Bundesregierung im November des vergangenen Jahres, ebenfalls auf eine Anfrage der FDP, erneut einräumen. Demnach verfüge „Islamic Relief Deutschland e. V.“ über personelle Verbindungen zur Muslimbruderschaft oder zu ihr nahestehenden Organisationen.
Berliner Verfassungsschutz teilt Erkenntnisse des Bundes
Der Berliner Verfassungsschutz sieht sich in seiner Beurteilung im Einklang mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz, heißt es seitens der Senatskanzlei. Die Bewertung, nach der „Islamic Relief Deutschland e.V.“ über Verbindungen zu Organisationen verfügt, die im Umfeld der „Muslimbruderschaft“ stehen, bestehe weiterhin fort. Die 1928 in Ägypten gegründete Muslimbruderschaft strebt eine Gesellschaftsordnung an, die auf dem islamischen Recht («Scharia») gründet.
Der IRD hatte im vergangenen Jahr seine Führung umstrukturiert und nach anti-westlichen Äußerung mancher Vorstände Richtlinien für den Umgang in den sozialen Medien erlassen. Außerdem forderte der Verein die Bundesregierung und den Verfassungsschutz auf, ihre Erkenntnisse offenzulegen. Eine enge Verflechtung, wie behauptet, gebe es nicht. "Wir wollen die aktuelle Situation zügig auflösen und unsere erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung fortführen.“, heißt es in einer Stellungnahme auf der Internetseite des Vereins.