Berlin. Drei Tatverdächtige sollen sich 70.000 Euro Corona-Hilfe erschlichen haben. Es wurde auch eine Moschee durchsucht.
Am Mittwochmorgen hat in Kreuzberg ein Einsatz des Landeskriminalamtes (LKA) stattgefunden. Unterstützt wurden die Beamten von einer Einsatzhundertschaft der Polizei. Sie setzten mehrere Durchsuchungsbeschlüsse wegen des Verdachts auf Subventionsbetrug im Zusammenhang mit Corona-Hilfen durch.
Im Zuge des Ermittlungsverfahrens durchsuchten rund 150 Polizisten drei Wohnungen, zwei Geschäfte und eine Gebetsstätte: die Mevlana-Moschee an der Skalitzer Straße unweit des U-Bahnhofs Kottbusser Tor in Kreuzberg.
Vorwurf des Betrugs: 46.000 Euro auf Konto von Moschee überwiesen
Drei Tatverdächtige sollen unberechtigt Corona-Hilfen in Anspruch genommenn haben. Die Männer seien laut Polizei bislang nur wegen Bagatellstraftaten in Erscheinung getreten. Von den 70.000 Euro Corona-Hilfen wurden 46.000 Euro tatsächlich auch ausbezahlt. Nach Informationen der Berliner Morgenpost gingen die Zahlungen auf das Konto des Moscheevereins.
Von den Durchsuchungen erhoffen sich die Ermittler Beweismittel, um den Vorwurf des Subventionsbetrugs erhärten zu können. Die Beamten sicherten 7000 Euro in bar, Datenträger und Geschäftsunterlagen.
Die Mevlana-Moschee ist eine der größten Moscheen in Kreuzberg. Sie ist vor allem ein Anlaufpunkt für Berliner Muslime aus der Nachbarschaft. Sie gilt aber auch als Treffpunkt von Anhängern der türkischen Milli-Görüs-Bewegung. Der Verfassungsschutz rechnet die Bewegung dem sogenannten legalistischen Islamismus zu. Anhänger von Milli Görüs werden demnach nicht als gewaltbereit eingestuft. Nach Ansicht der Behörde streben sie aber eine Umgestaltung der Gesellschaft in Richtung eines islamistischen Gottesstaates an.
Vertreter des Moschee-Vereins kritisierten die Polizeimaßnahme als überzogen. „150 Polizisten stürmen eine Moschee. In Anbetracht der Vorwürfe reden wir nicht mehr von Verhältnismäßigkeit sondern von einer eindeutigen Schweinerei“, twitterte der Moschee-Vertreter Oguz Ücüncü.
Nicht das erste Ermittlungsverfahren wegen Subventionsbetrugs
Das aktuelle Ermittlungsverfahren ist nicht der erste Verdachtsfall wegen mutmaßlichen Subventionsbetrugs zur Auszahlung von Corona-Hilfen. Bereits im April hatte die IBB über 71 Verfahren berichtet, in denen das Landeskriminalamt ermittele. Für Schlagzeilen sorgte der Fall eines salafistischen Predigers aus der As-Sahaba-Moschee, die im Fokus des Verfassungsschutzes steht. Er wurde beschuldigt, versucht zu haben, ohne Berechtigung 18.000 Euro Corona-Hilfe für einen vom Lockdown angeblich betroffenen Honighandel zu erhalten.
Zuletzt hatte die Staatsanwaltschaft über den Fall eines Neonazis berichtet, der im Verdacht steht, mitverantwortlich für die Brandanschläge der „Neuköllner Anschlagsserie“ zu sein. Er soll 5000 Euro Corona-Hilfen für eine Garten- und Landschaftsbaufirma erhalten haben, die faktisch ohne Geschäftstätigkeit war.
Ende April hatten die Behörden auch gegen Mitglieder einer polizeibekannten arabischstämmigen Großfamilie ermittelt. Auch sie sollen zu Unrecht und in betrügerischer Absicht Hilfen aus dem Corona-Unterstützungstopf der IBB erhalten haben. Das Amtsgericht Tiergarten hatte im Juli einen Gebäudereiniger zu einer Strafe von einem Jahr und sieben Monaten auf Bewährung verurteilt. Ihm war vorgeworfen worden, durch unberechtigte Anträge Unterstützungsleistungen von fast 80.000 Euro kassiert zu haben.
Antragsteller mussten nur wenige Angaben machen
Die Hürden für den Erhalt von Corona-Hilfen waren sehr niedrig. Antragsteller mussten nur wenige Angaben machen, die von den Bearbeitern der IBB angesichts der Fülle von Anträgen praktisch nicht überprüft wurden. Im August war bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit der Auszahlung von Corona-Hilfen gegen zwei Mitglieder des Vorstands der IBB, sowie gegen drei weitere IBB-Verantwortliche wegen des Verdachts der Untreue oder der Beihilfe zur Untreue ermittelt. Es gebe den Verdacht, dass bei der Vergabe der Gelder nicht für eine ausreichende Kontrolle der Anträge auf Missbrauch gesorgt worden sei, hieß es damals. Eines dieser Verfahren wurde nach Informationen dieser Zeitung mittlerweile eingestellt.
Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) hatte das Vorgehen des Landes bei der Vergabe der Hilfen dennoch stets verteidigt. Es sei um schnelle und unbürokratische Hilfe gegangen. Allein in Berlin seien so 360.000 Arbeitsplätze gerettet worden, sagte Pop.
Subventionsbetrug kann mit einer Strafe von bis zu zehn Jahren Haft geahndet werden. Als Straftat kann bereits ein Antrag mit falschen Angaben gewertet werden.
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