Berlin. Der Senat hat am Dienstag die Kontaktverbote und die Maskenpflicht für Berlin ausgeweitet. „Wir sind in einer besorgniserregenden Situation“, sagte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) nach der Senatssitzung. „Jenseits eines Lockdowns hat die Politik nicht mehr viele Möglichkeiten, Maßnahmen zu beschließen, die genau das verhindern.“
Künftig gilt eine verschärfte Maskenpflicht im öffentlichen Raum. Sie soll überall da Anwendung finden, wo der Mindestabstand von 1,50 Metern nicht eingehalten werden kann: auf Floh-, Wochen- und Weihnachtsmärkten, in Warteschlangen und in zehn besonders belebten Straßen. Außerdem verschärfte der Senat die Regeln für private Zusammenkünfte. Die neuen Regeln sollen ab dem 24. Oktober gelten.
Dringender Appell des Regierenden Bürgermeisters
Müller richtete einen dringenden Appell an die Berliner, die Vorgaben ernst zu nehmen und auf soziale Kontakte weitgehend zu verzichten, um einen erneuten Lockdown zu verhindern. „Ich hoffe, dass es doch noch diese letzte Chance gibt, sich das letzte Stück Freiheit zu bewahren“, sagte Müller.
Der Senat beschloss außerdem, künftig eine Sperrstunde und ein Alkoholverbot gesetzlich zu regeln. Entsprechende Verordnungen waren in der vergangenen Woche vom Verwaltungsgericht gekippt worden. Mit einem Gesetz ist das nicht mehr so leicht möglich. Müller kritisierte die Gastwirte, die gegen die Sperrstunde geklagt hatten. „Meine Sorge ist, dass einige sich auch noch das letzte Stück Egoismus einklagen werden.“ Das sei kein Erfolg, sondern gefährde Menschenleben.
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Müller will neuen Lockdown verhindern
Einen Lockdown, wie ihn Pankows Bezirksbürgermeister Sören Benn (Linke) vorschlaug, will Müller unbedingt verhindern. „Mein Ziel ist es, einen erneuten Lockdown zu verhindern“, sagte Müller. Zudem könne er nicht garantieren, dass die Schließung von Geschäften, Schulen und Unternehmen nach der geplanten Zeitspanne zurückgenommen werden könne. Auch die Folgen eines vorübergehenden, zeitlich begrenzten Lockdowns würden verheerend sein.
„Der Lockdown steht vor der Tür, es ist nicht mehr weit weg, auch in Berlin“, sagte Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci im rbb. „Wir müssen jetzt definieren, was ist uns wichtig und worauf können wir verzichten.“ Sie nahm etwa Bezug auf den Schulunterricht, der nach den Herbstferien weitergehen soll. „Bildung ist nun mal wichtig, aber man kann andere Treffen vermeiden.“
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Maskenpflicht im öffentlichen Raum
Auf Flohmärkten, Wochenmärkten, Weihnachtsmärkten, in Warteschlangen und auf belebten Straßen gilt künftig eine Maskenpflicht. Konkret sind diese Straßen betroffen:
- Tauentzienstraße (Schöneberg)
- Wilmersdorfer Straße (Charlottenburg)
- Kurfürstendamm (Charlottenburg-Wilmersdorf)
- Altstadt Spandau
- Schloßstraße (Steglitz)
- Bergmannstraße (Kreuzberg)
- Friedrichstraße (Mitte)
- Karl-Marx-Straße (Neukölln)
- Bölschestraße (Köpenick)
- Alte Schönhauser Straße (Mitte)
Die Liste ist nach Angaben des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD) nicht abschließend. Sollte sich herausstellen, dass auch auf anderen Straßen der Abstand zwischen den Passanten nicht eingehalten werden kann, können weitere hinzukommen.
An allen anderen Orten, an denen der Mindestabstand von 1,5 Metern aufgrund räumlicher Enge nicht immer möglich ist, sind alle angehalten, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen.
Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) hält trotz der Ausweitung Kontrollen der Behörden für machbar. Sie sagte am Dienstagabend in der Sendung Rbb-Spezial: „Die Ordnungsämter sind sehr stark dabei, zu kontrollieren.“ Maskenverweigerer auf diesen Straßen und Plätzen müssten mit einem Bußgeld rechnen. „Wenn man der Pflicht nicht nachkommt, muss man davon ausgehen, dass man auch erwischt wird“, sagte Kalayci. Sie sprach davon, dass Bußgelder von 50 bis 500 Euro möglich seien.
Private Feiern werden eingeschränkt
Auch die Teilnehmerzahl für private Feiern wird weiter eingeschränkt. Draußen dürfen sich nur noch 25 statt 50 Menschen treffen. In geschlossenen Räumen gilt laut Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) eigener Haushalt plus fünf Personen oder zwei Haushalte.
Keine neuen Regeln für Kinos, Konzerthäuser, Opern
Für öffentliche Veranstaltungen gelten weiterhin 1000 Personen in geschlossenen Räumen und 5000 Personen im Freien. Von diesen Veranstaltungen, wie Opern- und Kinoaufführungen oder Sportwettkämpfen, geht nach Überzeugung des Senats wegen der hohen Hygiene- und Abstandsstandards kein erhöhtes Infektionsrisiko aus. Die Sicherheitsvorkehrungen seien in Oper, Philharmonie oder Kinos jetzt schon sehr streng, davon habe er sich selbst als Gast überzeugt, sagte Müller am Dienstag.
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Sperrstunde und Alkoholverkaufsverbot soll bleiben
Die Sperrstunde soll trotz der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bleiben. Das Berliner Verwaltungsgericht hatte am Freitag die Sperrstunde für elf Gastronomen gekippt. Sie dürfen wieder länger öffnen, aber keinen Alkohol nach 23 Uhr ausschenken. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) hatte eine Zwischenverfügung abgelehnt, eine endgültige Entscheidung steht noch aus. Mehrere Gastronomen haben auch eine Klage gegen das Alkoholverbot angestrengt. Wann das Verwaltungsgericht darüber entscheidet, ist noch nicht klar.
Müller kündigte am Dienstag an, man werde eine entsprechende Verordnung erarbeiten und eine gesetzliche Grundlage schaffen, um die Sperrstunde abzusichern.
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Besuchsregeln in Krankenhäusern
Wegen eines Fehlers bei den neuen Besuchsregeln für Krankenhäuser bessert die Gesundheitsverwaltung nach. Das kündigte Senatorin Kalayci in einem Schreiben an. Darin bittet sie die Kliniken, Besuche von Eltern bei Kindern und Jugendlichen im Vorgriff auf die überarbeitete Verordnung ohne Einschränkung zu ermöglichen. Kalayci appellierte zudem an die Berliner, sich bei der Nachverfolgung von Infektionsketten kooperativ zu zeigen.
Derzeit seien 90 Prozent der Infektionen nicht nachvollziehbar, weil Informationen fehlen oder Betroffene sich der Zusammenarbeit verweigern. In Neukölln ist die Situation nach Angaben des Gesundheitsstadtrates Falko Liecke (CDU) bereits außer Kontrolle geraten. „Wir sind im absoluten Krisenmodus“, sagte er.