Mit rund 20 anderen Fahrgästen steigt Marco Speckhahn am Dienstagmorgen aus dem Shuttlebus. Haltestelle: BER. Sein Blick schweift über das große Terminal 1. „Sieht eigentlich ganz gut aus.“ Ein Weltflughafen sei das zwar nicht, merkt er an. „Aber für Berlin reicht das schon.“ Speckhahn ist heute jedoch nicht wegen der Architektur des neuen Hauptstadtflughafens hier. Er ist einer von rund 400 Komparsen, die testen sollen, ob am BER alles funktioniert. Am 31. Oktober soll der BER offiziell eröffnen. Bis dahin muss klar sein, ob der Betrieb in Schönefeld reibungslos läuft.
Zur Überprüfung führt die Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB) derzeit umfangreiche Tests durch. Seit Ende April läuft am Airport der Probebetrieb. Zunächst nur mit Mitarbeitern, dann auch mit deren Freunden und Familienmitgliedern. Vergangene Woche nun haben die öffentlichen Probetermine begonnen, für die sich alle Interessierten melden konnten.
„Es ist schön zu sehen, wie der BER zum Leben erweckt wird“, sagt Paul Hoppe. Er ist der Koordinator des auf sechs Monate angesetzten Probebetriebs. Mittlerweile sei es der 26. Testtag von insgesamt 47. Nach der Schulung der ersten Mitarbeiter an ihrem neuen Arbeitsplatz gehe es aktuell darum, die Abläufe einzuüben. „Wir wollen im Rahmen des Probebetriebs versuchen, den späteren Flugbetrieb möglichst realitätsnah zu testen“, sagt Hoppe.
Anwesend seien dafür Beschäftigte aller künftig am BER tätigen Firmen und Behörden: Airlines, Bodenverkehrsdienstleister, aber auch die Bundespolizei. „Diese Nutzer sind beim Probebetrieb zum ersten Mal in der Infrastruktur und nutzen die neuen Anlagen“, erklärt Hoppe. Aber nicht nur darum gehe es. Ziel sei auch, Schwachstellen frühzeitig zu erkennen.
USB-Anschlüsse und Steckdosen fehlen noch
Dafür tun die 400 Komparsen an diesem Tag so, als ginge es gleich auf Reisen. Jeder von ihnen bekommt dafür einen erfundenen Namen und einen virtuellen Flug zugeordnet. Für manche Tester geht es nach Antalya, andere fliegen nach Dubrovnik oder kommen gerade aus dem finnischen Kittilä. Zudem bekommen die Komparsen weitere Instruktionen wie die Zahl der Gepäckstücke und ob sie diese auf einem Gepäckwagen transportieren sollen.
Auf manche warten zudem Zusatzaufgaben: Sie wollen etwa mit einem Hund im Gepäck reisen, der zunächst aufgegeben werden muss. „Unsere Mitarbeiter müssen dann wissen, wie sie damit umgehen“, sagt Hoppe. Insgesamt gebe es 45 verschiedene Ereigniskarten, 250 davon werden an jedem Tag ausgeteilt.
Eine davon hat Vanessa Labancz erhalten. Sie schiebt einen Gepäckwagen voll beladen mit einem Kontrabass durch das Terminal 1. „Ich muss jetzt gucken, wo ich ihn abgeben kann.“ Laut Plan müsse sie ins niederländische Hilversum fliegen. Ein echter Kontrabass ist aber nicht in der Tasche, die sich gefährlich biegt. Stattdessen ist das Sperrgepäck nur ausgestopft. Labancz muss damit nun zum richtigen Check-in-Schalter – was ihr kaum Probleme bereitet.
„Das Thema Orientierung ist ganz, ganz wichtig“
Doch nicht alle Reisenden finden sich so leicht zurecht. „Das Thema Orientierung ist ganz, ganz wichtig“, sagt Katy Krüger, Managerin des Terminals 1. Heute seien viele Vielflieger aus Tegel beim Test. Dort würden sie sich bestens auskennen. „Aber das ist ab 31. Oktober eine ganz neue Situation für jedermann.“ An manchen Punkten müssten die Beschreibungen daher noch optimiert werden. „Wir sehen, dass die Komparsen an der einen oder anderen Stelle nicht weiterkommen.“ Doch gerade deshalb sei der Testlauf so wichtig, erklärt Krüger. „Am Ende braucht man echte Menschen. Sie haben ganz andere Eindrücke, als wir uns das bei der Planung gedacht haben.“
Alles lässt sich allerdings mit nur 400 Komparsen nicht testen. Gemeinsam mit den bis zu 600 Mitarbeitern täglich wären es pro Tag knapp 1000 Personen im Flughafen. Mehr ist wegen der Corona-Pandemie aktuell nicht möglich. Manche Prüfung stehe daher noch aus, sagt Patrick Muller, Leiter Operations am BER. Etwa ob der Platz im Terminal am Ende reiche, sei noch nicht klar. „Wir haben noch nicht die Mengen an Komparsen, die uns da zu einem Urteil befähigen würden.“ Nur bei den Sicherheitskontrollen erkenne man jetzt schon, dass es eng werde. „In den Bereichen sehen wir eventuell Platzprobleme“, sagt Muller. Notwendig sei, dass die Passagiere da rechtzeitig auf andere Sicherheitslinien umverteilt würden.
Kjell Sommer und Hendrik Voß haben es rechtzeitig durch Check-in und Sicherheitsschleuse geschafft. Nun warten sie auf das Boarding für den Flug nach Southampton. Der Ablauf bislang? „Wie an einem normalen Flughafen“, sagt Voß. Lediglich bei den Sicherheitskontrollen habe der Körperscanner neu gestartet werden müssen. Vielmehr verwundert sie etwas anderes: „An der Rampe hier fehlen Steckdosen und USB-Ports“, sagt Sommer. Tatsächlich gibt es im gesamten Wartebereich nicht einen Anschluss. Das Problem sei bekannt, erklärt Katy Krüger. Bis zur Eröffnung solle „ein Mindestmaß“ an Steckdosen angebracht werden. Weitere würden im laufenden Betrieb nachgerüstet.