Stadtplanung

Berlin will mehr Gebäude aus Holz bauen

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Isabell Jürgens
Die Häuser im Projekt „Urbaner Holzbau“ hat die kommunale Wohnungsbaugesellschaft Howoge erstmals in nachhaltiger Holz-Hybridbauweise in Adlershof errichtet.

Die Häuser im Projekt „Urbaner Holzbau“ hat die kommunale Wohnungsbaugesellschaft Howoge erstmals in nachhaltiger Holz-Hybridbauweise in Adlershof errichtet.

Foto: Bernd Borchardt

In Berlin entstehen vor allem durch private Bauträger ganze Wohnquartiere aus Holz. Auch der Senat will solche Projekte jetzt fördern.

Berlin. Der jährliche Berliner Neubaubedarf liegt nach den Berechnungen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in den kommenden Jahren bei 20.000 Wohnungen. Um die Stadtentwicklung Berlins nachhaltig und ökologisch zu gestalten, sollen nach dem Willen des Senats künftig deutlich mehr Gebäude mit Holz gebaut werden.

So kündigte Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) an, dass die geplanten neuen Wohnquartiere auf dem Flughafenareal in Tegel überwiegend in Holzbauweise errichtet werden sollen. Da trifft es sich, dass in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Berlin (TU) und dem Landesbeirat Holz Berlin am Dienstag und Mittwoch erstmals das Forum Holzbau tagt.

„Der moderne mehrstöckige Holzbau in Deutschland geht maßgeblich auf international beachtete Projekte aus Berlin zurück“, betont Volker Schmid, Leiter des Fachgebietes Entwerfen und Konstruieren – Verbundstrukturen der TU Berlin und Mitveranstalter des Kongresses.

Schon drei Berliner Schulen in Holzbauweise errichtet

Bei öffentlichen Gebäuden setzt Berlin bereits seit einiger Zeit auf Holzmodulbauweise. So wurde am Montag an der Sewanstraße in Lichtenberg bereits die dritte Schule in dieser Bauweise eröffnet. Doch bei mehrgeschossigen Wohnungsbauten sind in Berlin vor allem noch die privaten Bauherren Vorreiter.

Das muss sich dringend ändern, findet der Universitätsprofessor: „Mehrgeschossige Holzbauten weisen eine hervorragende Umweltbilanz mit deutlich reduziertem CO2-Ausstoß gegenüber der üblichen Bauweise mit Stahl, Mauerwerk und Beton auf“, so Schmid. Zudem baue man heute mit Holz sehr schnell, qualitätssicher und zu konkurrenzfähigen Kosten.

Rund 400 Kongressteilnehmer waren bereits am Dienstag in den Technologie- und Innovationspark im alten AEG-Werk an der Gustav-Meyer-Allee in Wedding gekommen, um zusammen mit der Holz-Fachausstellung in der großen Versuchshalle des Instituts für Bauingenieurwesen der TU Berlin über die Chancen und Risiken des urbanen Holzbaus zu diskutieren.

Deutschlands größte Siedlung entsteht in Weißensee

Einer der Kongressteilnehmer ist Christoph Deimel. Der Architekt gilt als einer der Vorreiter des mehrgeschossigen Holzbaus in Berlin. Das vom Büro Deimel Oelschläger Architekten geplante „Quartier Wir“ in Weißensee gilt mit seinen 113 Wohnungen, die sich auf fünf Wohnhäuser verteilen, sowie einer Kita und einem Schwimmbad als größte Holzbausiedlung Deutschlands.

Am Mittwoch wird Deimel das Projekt, das bereits zu 90 Prozent bezogen ist, auf der Konferenz vorstellen. „Anders als unser Projekt an der Schönholzer Straße in Pankow, das wir vor zehn Jahren in Hybridbauweise fertiggestellt haben, sind jetzt wesentlich mehr Bauteile aus Holz“, so Deimel. „Nur noch der Keller und die Treppenhäuser sind aus Beton.“ Insgesamt 24 Millionen Euro habe das „Quartier Wir“ gekostet.

Würde es in Berlin wie in München das „Münchener Modell“ geben, das Holzbauten mit zwei Euro je Quadratmeter fördert, hätte man bei 6000 Kubikmetern verbautem Holz 6,5 Millionen Euro sparen können. Noch jedoch gibt es eine solche Förderung nicht. „Für den Anschub dieser Bauweise wäre das aber ein wichtigstes Zeichen“, findet Deimel.

Insgesamt habe sich aber bei den Baukosten auch ohne Förderung inzwischen viel getan, so Deimel weiter. Zwar sei Holzbauweise noch immer teurer als die Standardbauweise. „Unsere Gebäude in Weißensee in Beton umgerechnet wäre aber lediglich sieben bis zehn Prozent preiswerter“, versichert Deimel.

Kosten liegen 15 Prozent höher als bei herkömmlichem Bau

Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) hatte im Februar bei der Vorstellung des Tegel-Projektes noch von Kosten eines Holzbaus gesprochen, die derzeit noch rund 15 Prozent über denen in herkömmlicher Bauweise liegen. „Aber das wird sich in dem Moment ändern, wenn es uns gelingt, die Holzbauwirtschaft in der Region zu puschen“, sagte die Senatorin damals.

Das „Quartier Wir“ unterscheidet sich von dem „Urbanen Holzbau“, das die kommunale Howoge erstmals in nachhaltiger Holz-Hybridbauweise in Adlershof errichtet hat, vor allem dadurch, dass hier zwar auch mit Holz gebaut wurde, aber auch noch deutlich mehr Stahlbeton zum Einsatz gekommen ist. Holz überwiege aber als Baustoff für die drei Punkthäuser mit insgesamt 42 Wohnungen an der Newtonstraße Ecke Alexander-von-Humboldt-Weg.

Holz-Elemente müssen aus Süddeutschland oder Österreich angeliefert werden

Howoge-Geschäftsführer Ulrich Schiller sieht derzeit allerdings nicht nur in den Kosten ein Hemmnis für größere Holzbau-Projekte. „Unsere Neubau-Projekte liegen im Schnitt bei 180 Wohnungen“, sagt Schiller. Produktionsstätten, die diesen Größenordnungen entsprechen, könne die Berliner beziehungsweise Brandenburger Bauwirtschaft nicht abdecken, sodass die Holz-Elemente im Berliner Wohnungsbau aus Süddeutschland oder Österreich angeliefert werden müssten.

„Logistik und mangelnder Wettbewerb beeinflussen daher die Preise“, so Schiller weiter. Die Voraussetzung dafür, dass der Holzbau in Berlin an Fahrt gewinne, sei, dass die Bauindustrie den wachsenden Markt erkenne und die benötigten Baukapazitäten und Materialien abrufbar würden.

„Insofern ist es richtig, dass Berlin sich so zeitig vor dem Baustart in Tegel zum Holzbau in dem Quartier bekannt hat“, betont TU-Professor Volker Schmid. Dies sei ein wichtiges Signal für die Hersteller, ihre Kapazitäten in der Region auszubauen – oder überhaupt erst, aus Süddeutschland und Österreich kommend, Tochterwerke in der Metropolregion anzusiedeln.