Gewalt

Berlin will Frauen besser gegen Gewalt schützen

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Jens Anker
Frauen leiden besonders unter häuslicher Gewalt.

Frauen leiden besonders unter häuslicher Gewalt.

Foto: Maurizio Gambarini / dpa

Gewalt gegen Frauen wird immer noch tabuisiert. Das soll sich nach dem Willen des Berliner Abgeordnetenhauses ändern.

Berlin will den Kampf gegen Gewalt gegen Frauen verstärken. Dazu sollen mehr Plätze in Frauenhäusern eingerichtet, Cyber-Mobbing energischer verfolgt und mehr Aufklärung in Bildungseinrichtungen und bei der Polizei finanziert werden. Berlin folgt damit den Vorgaben der sogenannten Istanbul-Konvention, in der europaweit einheitliche Standards für den Kampf gegen Gewalt gegen Frauen festgeschrieben sind.

„Gewalt gegen Frauen kommt in allen Gesellschaftsformen, Altersgruppen und in allen sozialen Schichten vor“, sagte Frauensenatorin Dilek Kalayci (SPD) am Donnerstag im Berliner Abgeordnetenhaus. Dabei seien Frauen vor allem von häuslicher Gewalt betroffen. Allein in diesem Jahr sind nach Angaben des Bundeskriminalamtes bereits 24 Frauen durch ihren Partner oder Ex-Partner getötet worden.

Berlin will EU-Konvention umsetzen

Das Abgeordnetenhaus beauftragte nun alle Senatsverwaltungen, Möglichkeiten für einen besseren Schutz von Frauen zu prüfen und umzusetzen. Am Ende soll ein gemeinsamer Aktionsplan zur Umsetzung der seit 2018 geltenden Istanbul-Konvention entstehen.

Frauensenatorin Kalayci verwies darauf, dass Berlin bereits über eine ausgeprägte Hilfsstruktur im Land bestehe. „1976 wurde das bundesweit erste Frauenhaus in Berlin eröffnet“, sagte Kalayci. „Seit dem ist viel geschehen.“ So gebe es derzeit sechs Frauenhäuser, Zufluchtswohnungen, Beratungsstellen und eine Hotline, an die sich Frauen wenden können. Noch in diesem Monat würden 34 Plätze in Frauenhäusern geschaffen, ein siebtes Haus werde noch dieses Jahr öffnen.

Opposition kritisiert spätes Handeln

Kritik kam aus Reihen der Opposition. „Die Istanbuler Konvention gilt seit zwei Jahren, aber erst jetzt will der Senat ein Gremium einsetzen, das die Gewalt gegen Frauen bekämpft“, sagte die frauenpolitische Sprecherin der FDP, Maren Jasper-Winter. Zudem verfüge das Land trotz der von Kalayci angekündigten zusätzlichen Plätze über viel zu wenige Plätze in Frauenhäusern. Nach den Vorgaben der Europäischen Union müsste pro Zehntausend Einwohner ein Platz für eine dreiköpfige Familie in einem geschützten Raum bestehen. In Berlin wären das 900. Tatsächlich verfüge das Land aber nur über 300 Plätze.

Die CDU-Politikerin Emine Demirbüken-Wegner betonte, Gewalt gegen Frauen sei durch nichts zu entschuldigen. „Diese Haltung muss uns alle einen. Das gilt auch für die häusliche Gewalt, die nach wie vor den größten Raum einnimmt.“ Das Thema Gewalt gegen Frauen gehöre stärker in die Öffentlichkeit, sagte die Christdemokratin, die die Istanbul-Konvention als einen Meilenstein bezeichnete. Sie biete einen europaweit einheitlichen Rahmen etwa für Opferschutz und Strafverfolgung von Gewalt gegen Frauen. Demirbüken-Wegner forderte eine finanzielle Stärkung der ehrenamtliche Vereine und Frauenhäuser.

Cyber-Mobbing soll stärker verfolgt werden

Einig waren sich im Abgeordnetenhaus alle Fraktionen, das neue Phänomen des Cyber-Mobbings energischer zu verfolgen. „Die Beleidigungen und Bedrohungen von Renate Künast und Sawsan Chebli zeigen deutlich, wie enthemmt digitale Gewalt mittlerweile ist“, sagte Jasper-Winter. Die Grünen-Politikerin und ehemalige Ministerin für Verbraucherschutz Künast war im Internet heftig beleidigt worden, das Landgericht urteilte jedoch, dass die Verleumdungen hinzunehmen seien. Die SPD-Politikerin und Berliner Staatssekretärin für bürgerschaftliches Engagement Chebli ist regelmäßig Zielscheibe rassistischer Anfeindungen und Bedrohungen.

Entgegen aller Statistiken und Erfahrungen von Experten, sieht die AfD das Problem bei Ausländern und fordert als erste Maßnahme zum Kampf gegen Gewalt gegen Frauen, den Zuzug zu stoppen. Damit stand sie am Donnerstag im Abgeordnetenhaus allein.