Medizin

Ab Montag gilt Masern-Impfpflicht - die wichtigsten Fragen

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Jens Anker
Ab dem 1. März gilt für Kita-Kinder, Schüler, Erzieher und Lehrer die Masern-Impfpflicht

Ab dem 1. März gilt für Kita-Kinder, Schüler, Erzieher und Lehrer die Masern-Impfpflicht

Foto: Julian Stratenschulte / dpa

Kita-Kinder und Schüler müssen eine Masern-Impfung nachweisen. Impfgegnern drohen Bußgelder, die Gewerkschaft befürchtet viel Aufwand.

Berlin. In Schulen und Kitas gilt von Montag an eine Masern-Impfpflicht. Eltern müssen dann vor der Aufnahme ihrer Kinder nachweisen, dass ihre Tochter oder ihr Sohn geimpft ist. Was die Kitas jetzt beachten müssen, steht in einem Brief der Bildungsverwaltung, der am Donnerstag verschickt wurde.

Für Kinder, die schon zur Kita oder zur Schule gehen, gibt es Übergangsfristen. Bei Verstößen drohen den Eltern Bußgelder. Die Berliner Morgenpost beantwortet die wichtigsten Fragen zur Masernpflicht:

Was sind Masern und wie gefährlich sind sie?

Masern sind eine hochansteckende Viruserkrankung, die in 20 bis 30 Prozent der Fälle mit zum teil schwerwiegenden Komplikationen verläuft. Der große Masernausbruch von Herbst 2014 bis Sommer 2015 führte zu insgesamt 1359 Masernfällen in Berlin, von denen jeder vierte im Krankenhaus behandelt werden musste. Die Berliner Fälle waren für die Hälfte der bundesweiten Masernfälle in dieser Zeit verantwortlich. Im vergangenen Jahr registrierten die Behörde lediglich 22 Masernerkrankungen in Berlin – der niedrigste Wert seit 2012. Das erklärte Ziel der WHO ist die weltweite Elimination der Masern, wofür eine Impfungsrate mit zwei Impfdosen bei mindestens 95 Prozent der Bevölkerung erforderlich ist. Gemäß den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut soll die erste Masernimpfung im Alter von 11 bis 14 Monaten, die zweite Masernimpfung im Alter von 15 bis 23 Monaten erfolgen.

Für wen gilt die Impfpflicht?

Alle Menschen, die nach 1970 geboren wurden und in einer Kita, Schule oder ähnlichen Betreuungseinrichtung tätig oder untergebracht sind, müssen einen Impfnachweis erbringen. Ebenso Ärzte und Heilpraktiker. Kinder und Jugendliche, die bereits in einer Kita untergebracht sind oder schon zur Schule gehen, müssen bis zum 31. Juli 2021 einen Impfnachweis vorlegen. Diese Regel gilt auch für private oder kirchliche Einrichtungen. Die Altersbeschränkung wurde eingeführt, da vor 1970 Geborene mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit eine Masern-Erkrankung durchgemacht haben und sind durch diese immun sind. Ein Nachweis erübrigt sich somit. Die Impfpflicht gilt auch für Mitarbeiter entsprechender Einrichtungen, also zum Beispiel Erzieher, Lehrer oder medizinisches Personal – jedenfalls, wenn diese nach 1970 geboren sind. Ebenfalls Pflicht werden Masern-Impfungen für Bewohner und Mitarbeiter von Flüchtlingsunterkünften. Eltern, die sich nur für die Eingewöhnung ihrer Kinder ein paar Tage in der Kita aufhalten, müssen nicht geimpft sein. Nach Angaben der Bildungsverwaltung kann der Nachweis durch das Vorlegen des Impfausweises, des gelben Kinderuntersuchungshefts oder ein ärztliches Attest erfolgen, wenn das Kind die Masern bereits durchgemacht hat.

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Was droht Eltern, die ihre Kinder nicht impfen lassen?

Ab 1. März müssen Kitas und Schulen die Impfpässe von allen Kindern kontrollieren, die neu aufgenommen werden. Wer schon in der Kita oder der Schule ist, muss bis zum 31. Juli nächsten Jahres nachweisen, dass er oder sie geimpft ist. Wer das nicht tut oder wegen fehlender Impfung nicht kann, dem droht ein Bußgeld von bis zu 2500 Euro. Kinder, die nicht geimpft sind, dürfen dann nicht mehr in die Kita gehen. Vom Schulbesuch dürften Kinder ohne Impfung aber nicht ausgeschlossen werden. In dem Fall wiegt die Schulpflicht rechtlich schwerer als die Masern-Impfpflicht. Die Schulleitung muss allerdings das Gesundheitsamt informieren. Eine Ausnahme von der Impfpflicht gibt es aber: Wenn Kinder aus medizinischen Gründen bewusst nicht gegen Masern geimpft worden sind, können Eltern ein entsprechendes Schreiben vom Arzt vorzeigen.

Wo gilt die Impfpflicht noch?

Ansonsten betrifft die Impfpflicht unter anderem auch Kliniken. Mitarbeiter, die ab dem 1. März neu anfangen, müssen zum Beispiel bei den Vivantes-Kliniken den Masern-Impfschutz nachweisen. Der landeseigne Klinikkonzern mache dies zur Einstellungsvoraussetzung, teilte eine Sprecherin mit. Auch hier gilt, dass nach 1970 geborene Bestandsmitarbeiter bis Ende Juli 2021 Zeit zur Vorlage haben. Allein bei Vivantes betreffe diese Frist mehr als 10.000 Menschen, hieß es. Das Universitätsklinikum Charité erklärte, seit 2015 in den klinischen Bereichen nur noch Mitarbeiter mit ausreichendem Impfschutz einzustellen. „Vom sogenannten Masernschutzgesetz sind nunmehr alle Personen, die ab 1971 geboren sind und in der Charité tätig sind, betroffen.“ Zahlen wurden nicht genannt. Man rechne mit einem „nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand“, so eine Sprecherin.

Entsteht ein weiteres Bürokratiemonster?

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) befürchtet einen enormen Zusatzaufwand für Schulen und Kitas. „Es kommt da eine nicht ganz unproblematisch Arbeit auf die Kolleginnen und Kollegen zu“, sagte GEW-Sprecher Markus Hanisch. Als Beispiele nannte Hanisch mögliche Auseinandersetzungen mit Impfgegnern und Eltern, die sich nicht um das Thema kümmerten oder gar nicht wüssten, wo der Impfpass ist. Die Beschäftigten müssten in solchen Fällen „hinterherlaufen“ und gegebenenfalls auch Sanktionen wie den Kita-Ausschluss oder Geldstrafen veranlassen. „Die Pädagoginnen und Pädagogen wollen sich nicht zu Polizisten in den Einrichtungen aufschwingen“, betonte Hanisch. Generell begrüßt die GEW die Impfpflicht, allerdings seien zum Beispiel Haftungsfragen nicht geklärt. „Was passiert, wenn eine Kollegin nicht richtig hingeguckt hat und auf einmal ein Kind oder ein Beschäftigter die Masern hat?“, so Hanisch. Nach Angaben der Bildungsverwaltung lässt sich der Verwaltungsaufwand noch nicht abschätzen. Auch bisher hätten Kitas bei neuen Kindern den Impfstatus erfragen oder sich nachweisen lassen müssen, dass die Eltern sich zum Thema beraten ließen.

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