Timothy Shriver ist Vorsitzender der Special Olympics – und Neffe von John F. Kennedy. 2023 werden die Weltspiele in Berlin ausgetragen

Zwei Jahre nach dem Bau der Berliner Mauer, im Juni 1963, stand der damalige US-Präsident John F. Kennedy vor dem Rathaus Schöneberg in Westberlin und sagte die vier Wörter, die seinen Tod noch immer überdauern: „Ich bin ein Berliner.“ Ein Appell an die Freiheit, ein Bekenntnis zur Stadt und ein Solidaritätsversprechen an alle ihre Bewohner.

Heute, fast 60 Jahre später, ist Kennedys Neffe Timothy Shriver zu Besuch in Berlin. Er ist internationaler Vorsitzender der Special Olympics, der weltweit größten Sportbewegung für Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung, die vom internationalen Olympischen Komitee anerkannt ist.

Special Olympics kommen 2023 nach Berlin

Am Donnerstag wurde mit der Vertragsunterzeichnung im Schloss Bellevue offiziell, dass die Weltspiele im Jahr 2023 nach Berlin kommen werden. Voraussichtlich 7000 Athleten aus 170 Ländern treten dann in insgesamt 24 Disziplinen gegeneinander an. Für ihn selbst seien die Spiele in Berlin die Chance, den Versprechen aus der berühmten Rede seines Onkels neues Leben zu geben, sagt Shriver: „In diesem Jahrhundert braucht die Stadt ein neues Symbol. Und ich glaube, dieses Symbol kann das sein, wofür die Special Olympics stehen: Inklusion.“

Die Rede seines Onkels kennt Shriver fast so lange, wie er zurückdenken kann. Berlin sei allerdings erst mit den Jahren immer wichtiger für ihn geworden. „Als Kind versteht man die Bedeutung einer solchen Rede natürlich nicht. Ich erinnere mich, wie ich sie als Fünfjähriger hörte und dachte: Warum ist das so eine große Sache? ‘Ich bin ein Berliner’ – das könnte ich auch sagen.“ Seitdem sei er aber schon oft in Berlin gewesen, auch dort, wo Kennedy einst die berühmten Worte sprach. Heute sei die Rede ein besonderes Symbol für Stolz in seiner Familie.

Special Olympics wurden einst von Kennedy-Schwester gegründet

Auch die Special Olympics entspringen aus dem Engagement von Shrivers Familie. Gegründet wurden sie 1968 von seiner Mutter Eunice Kennedy-Shriver, einer Schwester von John F. Kennedy. Shriver selbst war zu dem Zeitpunkt um die neun Jahre alt. Menschen mit geistiger Behinderung habe er daher schon in seiner Kindheit auf dem Spielfeld kennen gelernt: „Für mich waren alle in erster Linie Teammitglieder“, sagt er.

Shriver sei deshalb der Überzeugung, dass Inklusion am besten über Sport und das gemeinsame Spielen gelinge. „Das bringt dich aus deinem Kopf und löst dich von all deinen Vorurteilen.“ Menschen unabhängig von ihren Behinderungen freundschaftlich zu begegnen, das habe Shriver von seiner Mutter gelernt. Außerdem: „Lass dich von nichts zurückhalten, um deine Ziele zu erreichen.“ Shriver beschreibt seine Mutter als starke, ehrgeizige Frau, die sich, umringt von mächtigen Männern, nie klein kriegen ließ. „Immer wenn ich mich entmutigt fühle, dann höre ich in meinem Kopf die Stimme meiner Mutter, die ruft: Steh auf, geh raus, leg los.“

Fast sechs Millionen Sportler gehören zur Bewegung

Die Special Olympics starteten einst mit rund 1000 Athleten in den USA. Heute gehören fast sechs Millionen Sportler und Athletensprecher aus über 170 Ländern zu der Sportbewegung. Der Verband Special Olympics Deutschland verzeichnet rund 40.000 Mitglieder in insgesamt 14 Landesverbänden.

In den vergangenen 50 Jahren hätten Menschen mit geistigen Behinderungen nicht nur rechtlich, sondern auch gesellschaftlich viel Anerkennung gewonnen, sagt Shriver. Das sei allerdings erst der Anfang von dem, was er eine „soziale Revolution“ nennt. „Ich will sehen, dass jeder einzelne Sportverein in Berlin anfängt, inklusive Sportprogramme mit Special Olympics Deutschland einzuführen. Ich will, dass jeder Klub mit seinem Special Olympic-Team angibt“, fordert Shriver.

Bis 2023, dem Jahr der Special Olympic Weltspiele, solle jeder Mensch in Berlin mit geistiger oder mehrfacher Behinderung die Chance bekommen haben, einem solchen Team anzugehören. „Das wäre ein historischer Triumph.“

In der Vergangenheit hätte Berlin Menschen buchstäblich voneinander getrennt, sagt Shriver. Aber die Stadt sei auch eine, die Mauern durchbricht. Deshalb sei sie ein so passender Austragungsort für die Special Olympics.

Mit all dem wofür Kennedys berühmten Worte stehen – Freiheit, Würde, Solidarität - solle die Stadt jetzt nach vorn blicken. „Berlin steht für Veränderung. Mit den Special Olympics hat die Stadt eine große Chance zu zeigen: Wir wollen eine Welt, der alle angehören.“ Bis zum Start der Special Olympics wird Shriver regelmäßig in Berlin sein – und das freue ihn immer.