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BVG-Chefin Nikutta fordert Ausbau von U-Bahn-Strecken

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Thomas Fülling und Christine Richter
Eine U-Bahn fährt unter einem Schild mit der Aufschrift "BVG" vorbei. Das Netzt sollte ausgebaut werden, findet BVG-Managerin Sigrid Nikutta.

Eine U-Bahn fährt unter einem Schild mit der Aufschrift "BVG" vorbei. Das Netzt sollte ausgebaut werden, findet BVG-Managerin Sigrid Nikutta.

Foto: Daniel Naupold / dpa

Verlängerungen der U1 bis zum Ostkreuz und der U2 sind möglich. Senat setzt aber auf Straßenbahn-Verbindungen.

Berlin. In Berlin sollte nicht nur das Straßenbahn-, sondern auch das Netz der U-Bahn ausgebaut werden. In einer wachsenden Stadt dürfe es da keine Denkverbote geben, sagte die scheidende Chefin der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), Sigrid Nikutta, im Interview mit der Berliner Morgenpost. Aus verkehrlicher Sicht bestimme die Anzahl der zu befördernden Fahrgäste das optimale Verkehrsmittel. Nikutta, die zu Beginn des neuen Jahres in den Vorstand der Deutschen Bahn wechselt, kritisierte damit indirekt die einseitige Verkehrspolitik der rot-rot-grünen Senatskoalition in Berlin.

Diese hatte sich bereits zu Beginn ihrer Amtszeit im Dezember 2016 festgelegt, dass in der Hauptstadt künftig ausschließlich Straßenbahngleise gebaut werden und nach dem für Ende des Jahres 2020 geplanten Lückenschluss bei der Linie U5 keine neuen U-Bahnprojekte begonnen werden sollen. Begründet wird dies vor allem mit den geringeren Kosten und dem schnelleren Bau von Tramtrassen.

London und Paris bauen Netze der U-Bahn aus

Allerdings hat Rot-Rot-Grün größte Mühe, die noch vom rot-schwarzen Vorgängersenat gestarteten vier Straßenbahn-Vorhaben in der laufenden Legislaturperiode zu realisieren. Wie Verkehrsstaatssekretär Ingmar Streese (Grüne) auf eine Anfrage der SPD-Fraktion gerade erst in der vergangenen Woche mitteilte, wird bis Ende 2021 lediglich noch die Inbetriebnahme von zwei Linien „angestrebt“: die Verlängerung der M10 vom Hauptbahnhof bis zum U-Bahnhof Turmstraße sowie die Verbindung zwischen den S-Bahn-Stationen Adlershof und Schöneweide. Der nur einige hundert Meter lange Anschluss des Bahnhofs Ostkreuz sowie die Verlängerung der Tram bis zum Bahnhof Mahlsdorf sind dagegen auf die Zeit danach vertagt.

Weltweit gehen viele Metropolen einen anderen Weg. So haben die Stadtregierungen von London und Paris milliardenschwere Erweiterungen der bestehenden U-Bahn-Netze beschlossen. Auch in München wird mit der sogenannten zweiten Stammstrecke eine neue Verbindung im Untergrund gebaut. Die rot-grün regierte Hansestadt Hamburg entschied sich ausdrücklich gegen eine Wiederbelebung der Straßenbahn und setzt gleichfalls auf neue Trassen für S-Bahn und Hochbahn.

In Berlin gab der Senat vor allem auf Druck der SPD-Vertreter Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) den Auftrag, die Machbarkeit von vier U-Bahn-Verlängerungen zu prüfen: die Anbindung der Urban Tech Republic in Tegel (heute noch der Flughafen TXL) mit einem Abzweig der U6, der Ausbau der U7 im Osten von Rudow zum neuen Flughafen BER und im Westen bis Heerstraße Nord sowie die Verlängerung der U8 bis ins Märkische Viertel.

U-Bahn in Berlin - Welche Projekte die BVG-Chefin für sinnvoll hält

Obwohl der Auftrag bereits 2017 erteilt wurde, hat Günther bislang keine Ergebnisse offiziell vorgestellt. Vor Kurzem wurde aber bekannt, dass die Planer der BVG die Verlängerung der U8 als sinnvoll einschätzen, vor allem, weil ein Großteil des längst an die Grenzen geratenen Busverkehrs durch die umweltfreundliche U-Bahn ersetzt werden könne.

Über diese vier Vorhaben hinaus hält BVG-Chefin Nikutta zwei weitere U-Bahnprojekte für sinnvoll. Zum einen die Verlängerung der Linie U2 im Norden vom S-Bahnhof Pankow bis Pankow-Kirche. Diese Endstation hatte der Senat bereits in den 90er-Jahren vorgesehen, die Bauarbeiten wurden aber dann vorzeitig abgebrochen. Rund die Hälfte der Tunnelstrecke ist bereits vorhanden. Nikutta erneuerte zudem den Vorschlag, die U1 vom Endbahnhof Warschauer Straße oberirdisch bis zum Ostkreuz zu verlängern. Damit würde einer der größten Regionalbahnhöfe in Deutschland eine Anbindung ans U-Bahnnetz erhalten.

Die scheidende BVG-Chefin wies darauf hin, dass es gerade in einer Großstadt wie Berlin im Nahverkehr Redundanzen geben müsse. „Orte in der Stadt müssen stets mit mehreren Verkehrsmitteln erreicht werden können“, forderte Sigrid Nikutta. Wie notwendig Alternativen sind, habe sich gerade erst in den vergangenen Wochen gezeigt, als baubedingt mehrere S-Bahnlinien im Berliner Osten unterbrochen waren. Zehntausende Fahrgäste konnten in dieser Zeit auf die U-Bahnlinie 5 ausweichen, die die Bezirke Marzahn-Hellersdorf und Lichtenberg mit dem Stadtzentrum verbindet.