Polizei im Einsatz

Derby und Demonstrationen: Berlin im Ausnahmezustand

| Lesedauer: 4 Minuten
Alexander Dinger
Vor drei Wochen demonstrierten die Kurden schon einmal am Potsdamer Platz. Für die Polizei ein Großeinsatz.

Vor drei Wochen demonstrierten die Kurden schon einmal am Potsdamer Platz. Für die Polizei ein Großeinsatz.

Foto: Sergej Glanze

2000 Beamte sichern das Fußballderby zwischen Union und Hertha und mehrere Demonstrationen in der Innenstadt ab.

Für die Berliner Polizei ist der Sonnabend ein besonderer Tag. Mehrere Demonstrationen und das Derby zwischen Union Berlin und Hertha BSC in der Alten Försterei in Köpenick verlangen den Einsatzkräften einiges ab. Knapp 2000 Polizisten sind insgesamt in Berlin im Einsatz und damit noch einmal deutlich mehr als erst geplant.

Weil in Neukölln und Friedrichshain-Kreuzberg auch die Hausbesetzerszene aufmarschiert und Unterstützer der kurdischen Freiheitskämpfer durch Berlin ziehen, bekommt die Polizei nun Unterstützung von Bund und Ländern. Die Polizei steht damit vor der Herausforderung, in der Stadt drei große Einsatzlagen meistern zu müssen.

Unter dem Motto „Stoppt den Krieg. Solidarität mit Rojava“ ist eine Großdemonstration angemeldet, die vom Alexanderplatz zum Potsdamer Platz führen soll. Angemeldet wurde die Demonstration von einer Einzelperson. Dauern soll sie von elf bis 20 Uhr. Auch mehrere linke Gruppen, darunter die vom Verfassungsschutz beobachtete interventionistische Linke, rufen zur Teilnahme auf.

Die Morgenpost berichtet live über das Derby und die Demonstrationen - hier.

Sicherheitsbehörden sind alarmiert

Der Krieg im Norden Syriens, die Rolle der Türkei und die Lage der Kurden haben auch direkte Auswirkungen auf Berlin. Die Sicherheitsbehörden beobachten zunehmende Spannungen zwischen Unterstützern der kurdischen Freiheitskämpfer und türkischen Nationalisten.

Anfang Oktober hatten Unbekannte etwa ein Auto der türkischen Botschaft in Brand gesetzt. Bei einer Demonstration gegen den Krieg der Türkei in Rojava zeigten mehrere türkische Nationalisten den faschistischen Wolfsgruß und gerieten mit den mehrheitlich linken Demonstranten aneinander. Zwischen die beiden Fronten geriet die Berliner Polizei. Einem Beamten wurde sogar versucht, die Pistole zu entwenden.

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In Sicherheitskreisen beobachtet man dieses „Pulverfass“ mit Sorge. Man geht davon aus, dass das Thema noch an Intensität zunehmen werde. Vor allem, weil die kurdischen Freiheitskämpfer mit einer breiten Unterstützung aus der linksextremen Szene rechnen können. Allerdings wird die Anschlussfähigkeit des Themas bei breiteren Gesellschaftsschichten als gering eingeschätzt.

Das habe man auch beim zurückliegenden 1. Mai gesehen. Auch da versuchte die linke Szene den kurdischen Freiheitskampf für sich zu vereinnahmen. Kurdische Verbände gingen aber eher auf Distanz zur extremen Linken.

Mehrere linke Themen verschmelzen miteinander

Höher sei die Anschlussfähigkeit bei Themen wie Mieten und Gentrifizierung. Aus Sicherheitskreisen heißt es, dass die Debatte um Enteignungen und den Mietendeckel das Potenzial zur Radikalisierung habe. Erste Vorboten seien Attacken wie kürzlich jene auf mehrere CDU-Abgeordnete, die sich öffentlich gegen Enteignungen ausgesprochen hatten. Je polarisierter die Debatte sei, desto radikalisierter verlaufe sie.

Verdrängung und Gentrifizierung sind auch die Themen von drei Demonstrationen der linken bis linksextremen Szene am Sonnabend, die sich von der Weisestraße in Neukölln und der Köpenicker Straße in Kreuzberg in Richtung Lausitzer Platz bewegen, sich dort vereinigen und als neue Demonstration bis zur Rigaer Straße ziehen werden, wo die Demonstration am Abend auch enden soll.

Nahezu die komplette Berliner linke bis linksradikale Szene ruft zu der Demonstration auf ­– darunter die Rigaer Straße, die Liebigstraße und die von der Schließung bedrohte Kiez-Kneipe Syndikat. In dem Aufruf heißt es: „Für den Erhalt der räumungsbedrohten Projekte in Berlin“. Szenekenner vermuten, dass es zwischen der Kurden-Demonstration und der am Lausitzer Platz auch Verschmelzungen geben wird.

Zeitgleich ist die Berliner Polizei in Treptow-Köpenick gebunden, das wegen des Fußball-Derbys zwischen Union Berlin und Hertha BSC komplett abgeriegelt sein wird. „Das ist einsatztechnisch sehr anspruchsvoll“, hieß es aus Polizeikreisen.

Fußballfans wollen sich in Friedrichshain treffen

Mit Spannung wird auch erwartet, wie sich die Fans von Hertha BSC und Union Berlin verhalten. In Facebook-Aufrufen wird dazu aufgerufen, dass die Hertha-Fans sich 14 Uhr am Boxhagener Platz in Friedrichshain treffen. Geplant ist offenbar, ab Ostkreuz mit der S-Bahn zur Alten Försterei zu fahren. Die Union-Fans werden sich weit vor dem Spiel um das Stadion versammeln. Unklar ist allerdings noch, ob es Fanmärsche geben wird. Laut Polizei sollte man die Anreise nach Treptow-Köpenick aber zeitig antreten, da es zu massiven Sperrungen kommen wird.