Ehrenbürger

Hindenburg soll nicht mehr Ehrenbürger von Berlin sein

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Paul von Hindenburg (Portraetfoto von 1927). Er war Generalfeldmarschall (ab 1914) und Reichspräsident (1925-34).

Paul von Hindenburg (Portraetfoto von 1927). Er war Generalfeldmarschall (ab 1914) und Reichspräsident (1925-34).

Foto: akg-images / picture-alliance

Die Regierungskoalition will Paul von Hindenburg aus der Ehrenbürgerliste streichen. Dieser hatte Hitler zum Reichskanzler ernannt.

Berlin. Paul von Hindenburg (1847–1934) soll aus der Ehrenbürgerliste Berlins gestrichen werden. Das fordert die rot-rot-grüne Regierungskoalition. Hindenburg habe seine Ehrenbürgerwürde 1933 „für seine Verdienste bei der Etablierung der NS-Herrschaft erhalten“, heißt es in dem Antrag der Koalition. Zum Ehrenbürger werden Personen ernannt, die sich in hervorragender Weise um die Stadt verdient gemacht haben.

Paul von Hindenburg wurde am 20. April 1933 gemeinsam mit Adolf Hitler auf Vorschlag der NSDAP-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung in die Liste der Berliner Ehrenbürger der Reichshauptstadt aufgenommen. Die Auszeichnung erhielt Hindenburg in Würdigung seiner „Verdienste um die nationale Wiedergeburt der Stadt Berlin“. Am 30. Januar 1933 hatte Paul von Hindenburg Hitler zum Reichskanzler ernannt, heißt es in der Begründung des Antrags zur Aberkennung der Ehrenbürgerschaft. „Neuere geschichtswissenschaftliche Forschungen belegen, dass Hindenburg dabei im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte war“, so der Antrag.

Das sind 14 der 121 Berliner Ehrenbürger

Gewährte Notverordnung und Entmachtung des Reichstages

Der Biograf Wolfram Pyta hatte es so formuliert: „Hinter Hitlers Ernennung steckte eine rationale Entscheidung Hindenburgs.“ Er hätte die Chance gesehen, statt einer allein auf die präsidiale Macht gestützten autoritären Regierung seine Vision von der „Volksgemeinschaft“ zu verwirklichen. In der Folgezeit habe Hindenburg die Notverordnung und Gesetze unterschrieben, die den Reichstag entmachtet, die Grundrechte aufgehoben und der neuen Regierung neue Machtmittel in die Hand gegeben hätten. Zahlreiche andere Städte und Kommunen wie Dortmund, Kiel, Leipzig, Köln, Stuttgart und München hätten Hindenburg die Ehrenbürgerschaft bereits aberkannt.

Der Senat von Berlin kann Menschen, die sich „in hervorragender Weise um Berlin verdient gemacht“ haben im Einvernehmen mit dem Berliner Abgeordnetenhaus das Ehrenbürgerrecht verleihen. Die Ehrenbürgerurkunde wird vom Regierenden Bürgermeister persönlich überreicht. Ehrenbürger erhalten eine Reihe von Vergünstigungen, so etwa das Recht auf ein Ehrengrab, und sie dürfen einen Künstler auswählen, der auf Kosten des Landes Berlin ein Bild von ihnen malt.

Seit 1813 wurden Menschen ehrenhalber zu Bürger Berlins gemacht, aktuell umfasst die Liste 121 Personen. Unter den Ehrenbürgern sind zahlreiche Politiker sowie Künstler, Wissenschaftler, Unternehmer und weitere Personen der Zeitgeschichte. Otto von Bismarck, Theodor Heuss, Michail Gorbatschow, Helmut Kohl und Wolfgang Schäuble stehen auf der Liste, ebenso Heinrich Zille, Marlene Dietrich, Herbert von Karajan, Rudolf Ludwig Karl Virchow und Werner Otto.

Die erste Ehrenbürgerwürde verlieh Berlin im Juli 1813 Conrad Gottlieb Ribbeck, er war Oberkonsistorialrat und Propst zu Berlin. Adolf Hitler wurde die Ehrenbürgerwürde 1933 verliehen und 1948 aberkannt. Gleichzeitig wurden Hermann Göring, Joseph Goebbels und Wilhelm Frick von der Liste gestrichen.

Der Name Paul von Hindenburg hatte auch schon in der Bezirksverordnetenversammlung von Steglitz-Zehlendorf für Diskussionen gesorgt. Im Juni wurde beschlossen, am Hindenburgdamm zwei neue Hinweistafeln anzubringen, die über den Namensgeber informieren. Sie stehen künftig am nördlichen und südlichen Anfang der Straße, die durch die Ortsteile Steglitz und Lichterfelde führt.

Streit um neue Hinweistafeln am Hindenburgdamm

Zwei Fraktionen hatte die Anbringung der Tafeln gefordert. Während die CDU in ihrem Antrag Paul von Hindenburg als Person der Zeitgeschichte für die Bürger im Alltag erfahrbar machen will, ging es der Fraktion der Linken in ihren Antrag darum, den Politiker „endlich kritisch einzurahmen“.

Beschlossen wurde mit den Stimmen von CDU, Grünen, FDP und AfD der Antrag der Christdemokraten. SPD und Linke plädierten für den Antrag der Linken. Die Linke hatten ihren Antrag zuerst formuliert. Ihren Vorstoß begründete sie damit, dass Hindenburg „als Begründer der Dolchstoßlegende und Türöffner des deutschen Faschismus“ gilt. Von einer kritischen Einordnung und der Einbeziehung der Opferverbände sei beim CDU-Antrag nichts mehr zu lesen, kritisierte Hans-Walter Krause, Sprecher für Kultur der Linksfraktion, am Tag nach der Abstimmung. Die CDU will hingegen Hinweistafeln anbringen, „anhand derer sich die Menschen über das Leben und Wirken von Paul von Hindenburg als besondere Person seiner Zeit mit allen Höhen und Tiefen, Besonderheiten und Brüchen, Stärken und Schwächen informieren können.“ Dieser Vorschlag wird jetzt umgesetzt.

Eine Umbenennung der Straße wurde jedoch von keiner Fraktion in Steglitz-Zehlendorf gefordert. Das könnte mit der Aberkennung der Ehrenbürgerschaft Thema werden. Im Südwesten werden derzeit über neue Namen für sieben Straßen und Plätze diskutiert. Darunter sind die Gallwitzallee, der Weddigenweg und der Maerckerweg.

( kla, bea )