Berlin. Die Bahntochter kündigt mehrere Angebotsverbesserungen ab 15. Dezember an. Dabei lebt eine alte Idee wieder auf.

Wer Glück hatte, konnte sie schon sehen, die neue S-Bahn für Berlin. Noch dürfen die Triebwagen der Baureihe 483/484 ihre Runden aber nur zu Testzwecken und daher noch ohne Fahrgäste im Berliner Netz drehen. Erst ab 2021 werden die bislang gebauten zehn Prototypen die Fahrzeugflotte der S-Bahn im Alltagsbetrieb verstärken.

Bis dahin sind die Ressourcen der S-Bahn begrenzt und die stetig größer werdende Zahl von Fahrgästen (2018: 478,1 Millionen, plus 21 Prozent gegenüber 2012) kann nur auf punktuelle Verbesserungen hoffen. Die Fahrgäste im Berliner Südosten werden dennoch schon bald von einer echten Neuerung profitieren. Auf der S3 (Erkner–Spandau) will die Bahntochter zwischen Friedrichshagen und Ostbahnhof Expresszüge fahren lassen.

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Das Zusatzangebot war im Frühjahr vom Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) bestellt worden, zum Fahrplanwechsel am 15. Dezember soll es nun endlich soweit sein.

S-Bahn Berlin: Expresszüge verschaffen Pendlern einen Zeitgewinn

Die aus je vier Wagen bestehenden Zusatzzüge werden nicht nur das Platzangebot auf diesem besonders stark genutzten Linienabschnitt spürbar erhöhen, sie verschaffen den Reisenden auch noch einen kleinen Zeitgewinn. Bis zu vier Minuten sollen die Expressbahnen früher als die Regelzüge am Zielbahnhof sein. Klingt wenig, kann sich für den Fahrgast zum Beispiel durch früher mögliches Umsteigen etwa im Bahnknoten Ostkreuz am Ende der Reise auf bis zu zehn Minuten Fahrzeitgewinn erhöhen – und dass jeweils bei Hin- und Rückfahrt. Gerade für Pendler dürfte dies eine echte Verbesserung sein.

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Erreicht wird die Einsparung damit, dass die voraussichtlich als S3X gekennzeichneten Expresszüge zwischen Friedrichshagen und Ostbahnhof nicht an jeder Station halten. Ausgelassen werden auf der Strecke vier von acht regulären Zwischenstopps, die Züge halten nicht in Hirschgarten, Wuhlheide, Betriebsbahnhof Rummelsburg und Rummelsburg. Die S3X ist montags bis freitags jeweils in der sogenannten Hauptverkehrszeit, also im Berufsverkehr am Morgen und am Nachmittag unterwegs.

Express-S-Bahn bedeuten an anderer Stelle weniger Wagen

Laut S-Bahnchef Peter Buchner soll die Express-S-Bahn aber nicht die einzige Verbesserung bleiben: Die im Berufsverkehr eingesetzten Verstärker auf der S5 (Strausberg Nord–Westkreuz) fahren künftig einheitlich bis Ostbahnhof, die Verstärker für die S75 (Wartenberg–Ostbahnhof) alle bis Warschauer Straße. Auf der S85 (Pankow–Grünau) fahren ab Dezember Züge mit sechs statt wie bisher mit vier Wagen.

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Dafür reduziert sich im gleichen Maße allerdings die Wagenzahl bei den S75-Verstärkern. „Wenn wir irgendwo mehr Wagen einsetzen, müssen wir sie anderswo wieder wegnehmen“, räumte S-Bahnchef Buchner ein. Mehr Spielraum werde es erst mit der neuen Baureihe geben. Bis Oktober 2023 will die S-Bahn insgesamt 382 der von Stadler und Siemens gebauten Wagen in Betrieb nehmen. Da gleichzeitig nur 160 Wagen der alten Baureihe 485 ausgemustert werden, gibt es unterm Strich einen Zuwachs in der Fahrzeugflotte.

Bankierzüge mit Tempo 120: Expresszüge der S-Bahn gab es schon in den 1930 Jahren

Die Idee, Züge an einzelnen Stationen durchfahren zu lassen, hatte die S-Bahn bereits vor knapp zwei Jahren. Experten arbeiteten damals an einem Programm für mehr Pünktlichkeit. Als besonders verspätungsanfällig galten die Ringbahnzüge. Deren Fahrplan ist allerdings so knapp gestrickt, dass längere Zwischenstopps etwa durch zu viele ein- oder aussteigende Fahrgäste rasch den gesamten Ringbahnverkehr durcheinander bringen.

Fahren Züge an einzelnen Stationen durch, könnten sie ihre Verspätung aufholen – so die Überlegung. Im Gespräch war, die Halte an weniger stark frequentierten Bahnhöfen wie Halensee, Hohenzollerndamm und Heidelberger Platz auszulassen. Nach einem Sturm der Entrüstung ließ die S-Bahn diesen Plan dann rasch fallen.

S-Bahn Berlin: Die Expresszüge fahren zusätzlich zu regulären Bahnen

Mit Protesten wie im Vorjahr muss S-Bahnchef Buchner jetzt nicht rechnen. Der große Unterschied zum Konzept von 2018: Die Zugdurchfahrten sind im Fahrplan eingearbeitet, jeder Fahrgast kann sich darauf vorab einstellen. Zweiter Pluspunkt: Die Expressfahrten erfolgen zusätzlich, wer in Hirschgarten oder Rummelsburg einsteigen will, für den hält die S-Bahn wie gewohnt alle zehn Minuten an seinem Heimatbahnhof.

Ganz neu ist die Idee für den Berliner Schnellbahnverkehr übrigens nicht. Bereits in den 1930er-Jahren rauschten sogenannte Bankierzüge mit Tempo 120 ohne Halt von Zehlendorf zum damaligen Potsdamer Bahnhof in die Innenstadt durch. Die „Bankierzüge“ fuhren morgens alle 20 Minuten und anschließend tagsüber stündlich.

Die Fernbahngleise auf der Wannseebahn wurden für sie extra mit einer Stromschiene ausgerüstet. Politisch bedingt waren hingegen in den 1950er-Jahren die „Durchläufer“, die bei Fahrten aus dem Umland in den Ostteil der Stadt die Stopps auf West-Berliner Gebiet einfach ausließen.

Weitere Expresszüge der S-Bahn bislang nicht geplant

Aktuell lässt die S-Bahn vor und nach Veranstaltungen im Berliner Olympiastadion Sonderzüge zwischen dem Stadion und Charlottenburg fahren, die in Heerstraße ohne Halt durchfahren. Weitere Express-S-Bahnen sind laut VBB derzeit nicht geplant. Auch, weil dies nur auf Abschnitten mit ausreichend großen Zeitfenstern möglich ist. Im Nord-Süd-Tunnel etwa fahren die Züge schon heute alle zwei bis drei Minuten. Das Auslassen einzelner Stationen würde da keinen Zeitvorteil bringen.

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