Berlin. Neben dem Protestmarsch gegen hohe Mieten und für die Enteignung großer Wohnungskonzerne waren am Donnerstag zahlreiche weitere Demonstrationen bei der Polizei angemeldet worden.
Begleitet von Hunderten Polizisten und Gegendemonstranten war eine Demonstration der rechten Initiative „Wir für Deutschland“ am Donnerstag durch Mitte gezogen. Unter den nach Polizeiangaben rund 1700 Teilnehmern waren auch Rechtsextreme und Neonazis sowie Angehörige der sogenannten Reichsbürger-Szene, Demonstranten mit Motiven der vom Verfassungsschutz beobachteten islamfeindlichen „German Defence League“ und der Jugendorganisation der rechtsextremen NPD. Bei einer Zwischenkundgebung an der Touristenattraktion Checkpoint Charlie trat auch Ex-AfD-Politiker André Poggenburg auf.
Etwa 2200 Beamte waren den Angaben zufolge in Berlin im Einsatz, unterstützt durch Polizeikräfte aus anderen Bundesländern. Bis zum frühen Abend kam es nach Angaben eines Polizeisprechers zu „Festnahmen im einstelligen Bereich“.
Gegendemonstranten riefen "Nazis raus!"
Gegen 14 Uhr waren es zunächst etwa 600 Personen, die sich auf dem Washingtonplatz vor dem Hauptbahnhof in Mitte versammelt hatten. Etwa 30 bis 50 Gegendemonstranten riefen von der Bahnhofsterrasse „Nazis raus!“ Vor einem Jahr waren es noch etwa 2000 Rechtspopulisten, die an dem Aufmarsch teilgenommen hatten.
Mit großer Verspätung setzte sich der Zug gegen 15 Uhr in Bewegung und verlief auch friedlich und ohne Sitzblockaden linker Gegendemonstranten. Die Polizei hatte sämtliche Seitenstraßen entlang der Demonstrationsroute abgesperrt. Die erste größere Gruppe von Gegendemonstranten hatte sich an der Friedrichstraße aufgereiht und empfing die Rechtspopulisten an der Ecke Reinhardtstraße.
Im weiteren Verlauf der Veranstaltung wurden Polizeibeamte von Farbbeuteln mit roter Farbe getroffen. Festnahmen gab es unter anderem wegen Körperverletzung und Landfriedensbruch. Eine Person wurde festgesetzt, weil sie gegen das Vermummungsverbot verstoßen hatte.
Mehrere Initiativen haben Veranstaltungen angemeldet
„Um kurz vor Mitternacht am Neptunbrunnen vor dem Berliner Rathaus soll die Veranstaltung enden“, sagte ein Polizeisprecher der Berliner Morgenpost.
Die größte Gegenveranstaltung, die eine Einzelperson mit 2000 Teilnehmern angemeldet hat, fand unter dem Motto „Kundgebung für Zivilcourage gegen Rechts und für ein offenes Berlin“ bis 19 Uhr an der Friedrichstraße zwischen Reinhardtstraße und Johannisstraße statt. Daran beteiligten sich laut Polizei bis zu 700 Personen. Mehrere weitere Protestzüge sind im gesamten Bereich zwischen den Ortsteilen Mitte und Kreuzberg auf unterschiedlichen Streckenführungen für den Zeitraum zwischen 11 und 22 Uhr ebenfalls angemeldet.
Die Polizei leitete nach den Demonstrationen insgesamt 46 Strafermittlungsverfahren eingeleitet. Dabei geht es unter anderem um Landfriedensbruch, Beleidigung und das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Zudem wurden während der Aufzüge Messer, Pfeffersprays oder Vermummungsgegenstände sichergestellt, wie die Polizei am Freitag mitteilte.
Die Polizei konnte Zusammenstöße zwischen den Demonstranten verhindern. „Hierbei musste teilweise Zwang in Form von Wegschieben, Wegdrücken und Wegtragen angewendet werden“, teilte die Polizei mit.
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Neben den Demonstrationen der Rechtspopulisten und den entsprechenden Gegendemonstrationen gab es noch zwei weitere angemeldete Umzüge. „Die Partei“, die im Europäischen Parlament durch ihre Parteivorsitzenden, die Satiriker Martin Sonneborn und Nico Semsrott, vertreten ist, wollte bis etwa 19 Uhr eine „symbolische Begehung zur Ehrung der noch vorhandenen Denkmäler des antifaschistischen Schutzwalls“ abhalten. Die Veranstalter haben 99 Teilnehmer angemeldet.