Berlin. Der geplante Mietendeckel in Berlin wird voraussichtlich deutlich weniger Mietsenkungen bringen als zunächst geplant. Die rot-rot-grüne Koalition hat sich auf Änderungen am bisherigen Vorschlag verständigt, wie Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) am Freitag bei der Vorstellung des ersten Entwurfs zum Mietendeckel sagte.
Demnach liegen die Mietobergrenzen in den nächsten fünf Jahren je nach Baualter zwischen 5,95 Euro und 9,80 Euro. Diese Grenzen richten sich nach den im Mietspiegel von 2013 festgelegten Altersklassen. Die Lage einer Immobilie spielt keine Rolle. Sie gelten für Wiedervermietungen und nur bedingt für laufende Mietverträge. Bei diesen Verträgen können Mieter nur dann Mietsenkungen beantragen, wenn sie mehr als 30 Prozent ihres Netto-Haushaltseinkommens dafür aufwenden müssen.
Ähnliche Regelungen gibt es bei den städtischen Wohnungsunternehmen. Bei einer Neuvermietung darf dann nur noch der jeweilige Höchstwert verlangt werden. Wenn also Mieten jetzt bei zwölf Euro liegen, müssten sie bei einer Neuvermietung bis zur jeweiligen Obergrenze nach Baujahr gesenkt werden. Zuständig für Anträge auf Mietsenkung oder -erhöhung sollen die zwölf Berliner Bezirksämter sein.
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Mietendeckel in Berlin: Die wichtigsten Punkte des Entwurfs
- Die Mieten werden auf dem Stand vom 18.6.2019 eingefroren.
- Die Mietobergrenze liegt je nach Ausstattung und Alter der Wohnung zwischen 5,95 Euro und 9,80 Euro. Zuschläge sind unter Umständen möglich, etwa wenn es vor kurzem Modernisierungen gab.
- Die zulässigen Miethöhen gelten für Wiedervermietung und auch Absenkungsanträge.
- Solche Absenkungen sind möglich, wenn die Nettokaltmiete 30 Prozent des Netto-Haushaltseinkommens überschreitet.
- Moderate Mieterhöhungen bis zur Obergrenze, die sich an der Inflationsrate orientieren, sind ebenfalls möglich.
- Modernisierungen müssen beim Bezirksamt angezeigt oder ab 1 Euro pro Quadratmeter dort auch genehmigt werden.
- Wirtschaftliche Härtefallregelungen sind für Vermieter möglich.
- In sozialen Härtefällen können beispielsweise Menschen mit Wohnberechtigungsschein Mietzuschüsse beantragen.
- Zuständig für die Durchführung des Gesetzes sind die Bezirksämter.
Mietendeckel in Berlin: Entwurf muss noch rechtlich geprüft werden
Die Endfassung des Referentenentwurfs soll am Montag vorliegen. Dann beginnen auch das Anhörungen der beteiligten Verbände. Grüne und SPD legen Wert darauf, dass der Referentenentwurf nur einen Entwurf darstellt und zunächst noch rechtliche Fragen geprüft werden müssen. Am geplanten Zeitplan will Stadtentwicklungssenatorin Lompscher festhalten. Ziel ist es, dass das Gesetz spätestens zum 11. Januar 2020 in Kraft tritt. Nur dann wäre es möglich, nach dem 18. Juni 2019 ausgesprochene Mieterhöhungen rückwirkend rückgängig zu machen.
Die rot-rot-grüne Koalition will mit einem Mietendeckel den Anstieg der Mieten in der Stadt drosseln und das spekulative Handeln mit Immobilien erschweren. Ziel sei, dass die Menschen keine Angst haben müssen, ihr Dach über den Kopf zu verlieren. „Im Ergebnis haben wir einen sehr guten, tragfähigen und rechtssicheren Kompromiss gefunden“, sagte Lompscher am Freitag. Mit der geplanten Einführung von Mietobergrenzen gilt der Mietspiegel dann nicht mehr.
Zuletzt war Lompscher stark in die Kritik geraten, weil am vergangenen Wochenende ein Papier aus der Wohnungsverwaltung an die Öffentlichkeit gelangt war, das Höchstmieten von nur noch acht Euro vorsah. Dagegen waren Immobilienverbände, die Opposition und auch Teile der Regierungsfraktionen Sturm gelaufen.
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Mietendeckel-Entwurf sieht mehrere Ausnahmen für Vermieter vor
Der neue Entwurf sieht nun auch mehrere Ausnahmen für Vermieter vor. So können die Mieten entsprechend der Inflation angepasst werden. Modernisierungen, die Mieterhöhungen von bis zu einem Euro je Quadratmeter vorsehen, sind zwar anzeigepflichtig, aber nicht genehmigungspflichtig. Weiterreichende Mieterhöhungen bedürfen der Begründung und der Genehmigung. Weitere Zuschläge auf die Höchstmiete sollen möglich sein, wenn die Wohnung in einem Ein- oder Zweifamilienhaus liegt oder wenn in den letzten 15 Jahren modernisiert wurde, erklärte die Senatorin. Geplant ist auch eine Härtefallregelung für Vermieter, die dauerhafte Verluste oder eine Substanzgefährdung ihrer Häuser nachweisen können.
Auch neuer Entwurf für Mietendeckel löst heftige Kritik aus
Auch der am Freitag vorgestellte Entwurf des Mietendeckels löste heftige Kritik aus. „Die heute vorgestellten Eckpunkte sind auch wieder nur ein unnötiger Schnellschuss und ein weiterer Arbeitsstand“, sagte die Vorstandsvorsitzende der Berlin-Brandenburger Wohnungsunternehmen, Maren Kern. Ziel müsse es bleiben, „die soziale Wohnungswirtschaft in ihrem jahrzehntelangen bewährten Einsatz für bezahlbaren und guten Wohnraum für die Berlinerinnen und Berliner nicht zu behindern.“
„Die beabsichtigten Regelungen, politisch motivierte Mietobergrenzen festzulegen, tragen zur weiteren Verunsicherung sowohl der mittelständischen Wohnungswirtschaft als auch der Mieterinnen und Mieter in Berlin bei“, sagte die Geschäftsführerin des Spitzenverbandes der privaten mittelständischen Immobilienwirtschaft, Susanne Klage.
Auch die Opposition lehnt den Mietendeckel weiter ab. „Wir halten die getroffenen Vereinbarungen zum sogenannten Mietendeckel für grundgesetzwidrig und unsozial“, sagte CDU-Wohnungsexperte Christian Gräff. Es sei weiter geplant, dass das Wohnen im sanierten Altbau in Mitte preiswerter sei als in der Marzahner Platte. „Der Entwurf enthält so viele Unsicherheiten für Mieter und Vermieter, dass dadurch ein Bürgerkrieg angezettelt wird“, kritisierte Gräff.
„Auch der jetzige Verzicht auf radikale und wahllose Lompscher-Eingriffe in Mietverhältnisse macht diesen Mietendeckel nicht weniger verfassungswidrig“, sagte FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja.