Berlin. Die CDU in der deutschen Hauptstadt schlägt eine strukturelle Neuaufstellung der Messe Berlin vor. Wie aus einem Grundsatzpapier zur Zukunft der Landesgesellschaft hervorgeht, soll dafür das operative Geschäft der Messe an private Investoren verkauft werden. Auch einen Teileinstieg von privaten Geldgebern in das Landesunternehmen hält die CDU für denkbar. Messegelände und Immobilien sollen aber in Landeshand verbleiben, so die Partei. Einen entsprechenden Fraktionsbeschluss dazu hat die CDU bereits gefasst.
Nur eine Privatisierung des operativen Geschäfts der Messe Berlin bringe das notwendige Kapital für Investitionen in Veranstaltungen und das Messegeschäft, heißt es in dem Papier, das der Berliner Morgenpost vorliegt. Schnellstmöglich solle eine internationale Investorensuche gestartet werden, so die CDU. „Diese ist bis zum 31.12.2019 abzuschließen“, heißt es in dem Papier.
Messe Berlin soll eine feste Miete für das Gelände zahlen
Die Partei will das Land Berlin demnach dazu verpflichten, die Hälfte des durch die Privatisierung erzielten Erlöses in die Sanierung der Messehallen zu investieren. Die Messegesellschaft solle weiter einen festen Mietzins für die Nutzung des Geländes zahlen. In welcher Höhe die Partei mit Einnahmen aus dem Verkauf des Messegeschäfts rechnet, ist nicht bekannt.
„Die gegenwärtige Finanzierung der Messe steht insbesondere vor dem Hintergrund der enormen finanziellen Herausforderungen auf tönernen Füßen. Wenn der Senat als Eigentümer die Erfolgsgeschichte Messe Berlin zukunftssicher machen will, muss entweder viel Geld aus dem Landeshaushalt zusätzlich fließen, oder man muss sich überlegen, ob dieses Geld durch eine Teilprivatisierung durch Dritte erbracht werden kann“, sagte der beteiligungspolitische Sprecher der CDU im Berliner Abgeordnetenhaus, Michael Dietmann.
Die Messe wollte den Vorschlag auf Anfrage der Berliner Morgenpost nicht kommentieren. Lautstarken Widerspruch zu der CDU-Idee gab es aus Kreisen der Regierungskoalition in Berlin. „Wir lehnen eine Teilprivatisierung der Messe ab. Der Vorschlag der CDU-Fraktion ist nicht neu, sondern aus guten Gründen schon in den Nuller-Jahren verworfen worden. Die Beteiligung eines privaten Investors löst kein finanzielles Problem, denn der Investor wird seinen Anteil an der Rendite einfordern“, erklärte der Sprecher für Beteiligungen bei der Linksfraktion, Harald Wolf.
SPD: Messe sollte Wachstum im Kongressgeschäft suchen
Auch Jörg Stroedter, Sprecher für Beteiligungen bei der SPD, sprach sich gegen eine Privatisierung des Messegeschäfts aus. Die Messe solle sich vielmehr auf den Ausbau des Kongressgeschäfts konzentrieren. Angesichts der noch immer unklaren Zukunft des Internationale Congress Centrum Berlin (ICC Berlin) fehlten in der Stadt Flächen, um am derzeitigen Wachstum des Kongress-Marktes teilzuhaben, beklagte Stroedter.
Für die von den Grünen geführte Senatsverwaltung für Wirtschaft ist der Verkauf des Messegeschäfts keine Option. „Die Messe ist ein erfolgreiches Unternehmen und erwirtschaftet steigende Gewinne, die nicht ans Land Berlin abgeführt werden müssen, sondern in die Geschäftstätigkeit investiert werden“, so eine Sprecherin. Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) ist auch stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der Messe.
Die Landesgesellschaft steht in den kommenden Jahren vor zwei großen Herausforderungen. Einerseits muss die Messe das in die Jahre gekommene Messegelände und die darauf stehenden Hallen sanieren. Berechnungen gehen davon aus, dass die Renovierungsarbeiten mindestens 1,2 Milliarden Euro verschlingen werden. Ein Teil des Geldes soll aus dem Landeshaushalt zur Verfügung gestellt werden.
Den Großteil – rund 700 Millionen Euro – muss die Messe Berlin allerdings selbst finanzieren. Um die Kreditaufnahme zu erleichtern sollen dafür die derzeit noch in Landesbesitz befindlichen Hallen und Flächen auf die Messegesellschaft übertragen werden. Andererseits muss die Messe Berlin in das eigentliche Messegeschäft investieren, um so neue Formate zu kreieren und bestehende Messen weiterzuentwickeln.
Zuletzt hatte die Messe bereits erfolgreiche Ableger der Internationalen Tourismusbörse ITB in Asien etabliert. Die Ausflüge nach Übersee sollen auch den langfristigen Erfolg der in Berlin etablierten Leitmessen absichern. Neben der ITB zählen die Internationale Funkausstellung, die Grüne Woche, die InnoTrans sowie die FruitLogistica zur Basis des erfolgreichen Kerngeschäfts der Messe.
2018 besuchten rund 2,5 Millionen Gäste die 130 Veranstaltungen der Messe. Mehr als 40.000 Unternehmen haben auf dem Messegelände unter dem Funkturm ausgestellt. Von dem Erfolg der Messe profitiert Berlin auch direkt: 2018 gaben Besucher der Messen und Kongresse in der Stadt für Übernachtungen, Gastronomie oder im Einzelhandel insgesamt 1,8 Milliarden Euro aus.
Die CDU sieht vor allem in dem Auslandsgeschäft den Schlüssel, um den weiteren Erfolg der Messe zu sichern. Ableger in Singapur oder Schanghai seien als „Zubringer für das hiesige Messegeschäft unerlässlich und schützen die globalen Leitmessen in Berlin“, heißt es in dem Papier der Fraktion. Angesichts der finanzstarken internationalen Konkurrenz hat sich der Wettbewerb in den vergangenen Jahren allerdings verschärft. Zwar gilt Deutschland noch immer weltweit als führende Messenation, doch vor allem global agierende Private-Equity-Unternehmen, regelrechte Messe-Konzerne, drängen in den Markt.
Messe-Chef Göke sieht wachsende globale Konkurrenz
Berlins Messe-Chef Christian Göke hatte im vergangenen Jahr in einem Zeitungsinterview deshalb eine Zusammenlegung aller deutschen Messegesellschaften vorgeschlagen. Ansonsten drohe Deutschland seine globale Vormachtstellung in der Messewirtschaft zu verlieren. Göke sah harte Zeiten auf die überwiegend öffentlich-rechtlichen Messegesellschaften hierzulande zukommen.
Berlins FDP fordert daher, den Vorschlag der CDU-Fraktion ernsthaft zu prüfen. „Tatsächlich ist der anstehende Investitionsbedarf der Messegesellschaft enorm und sollte den Steuerzahler so wenig wie möglich belasten“, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP im Abgeordnetenhaus, Florian Swyter. Berlin würde mit eine so weit gehenden Privatisierung der Messe im Vergleich zu anderen deutschen Städten und Ländern allerdings einen Sonderweg einschlagen, so der Politiker.
„Ob die Erlöse einer Privatisierung ausreichen, um den Investitionsbedarf zu decken ist die wesentliche und offene Frage“, sagte er. Die CDU müsse daher mit einem Konzept die Vorteile einer Privatisierung klar belegen, forderte Swyter.