Berlin. Ob unerlaubtes Fahren auf dem Gehweg, betrunkene Fahrer oder Gefährdung des Straßenverkehrs: Die Beschwerden über E-Scooter reißen in Berlin nicht ab. Knapp einen Monat nach der Zulassung von E-Tretrollern haben nun Verkehrsverbände eine kritische Zwischenbilanz gezogen.
E-Scooter in Berlin in mehrere schwere Unfälle involviert
Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat und der ADAC fordern angesichts erster Unfälle eine bessere Aufklärung über Sicherheitsgefahren. Aus Berlin und anderen Städten seien seit der Zulassung zum Teil schwere Unfälle gemeldet worden, sagte Christian Kellner, Hauptgeschäftsführer des Verkehrssicherheitsrats. „Das zeigt, wie gefährlich das Fahren mit E-Scootern ist und wie sehr es von einigen unterschätzt wird.“ Immer häufiger seien unachtsam abgestellte E-Scooter Stolperfallen auf den Bürgersteigen, sagte Kellner. Das müsse verhindert werden – auch dass diese Fahrzeuge zu zweit benutzt werden.
„Sollte sich die Unfallsituation weiter verschlechtern und sollten mehr Menschen mit Kopfverletzungen und Brüchen in Krankenhäuser eingeliefert werden, müssen wir über eine Helmpflicht nachdenken“, sagte Kellner. „Dann müsste die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern die Verordnung entsprechend anpassen.“
E-Scooter in Berlin: Bezirke fordern Senat zum Handeln auf
Massenhaftes Vorkommen von E-Scootern, das ist in Berlin bisher vor allem ein Problem im Bezirk Mitte. Neue Zahlen des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) zeigen, dass in Berlins zentralstem Bezirk mit Abstand die meisten E-Tretroller unterwegs sind. Damit werden Daten des Beratungsunternehmens Civity bestätigt, die die Berliner Morgenpost bereits in der Vorwoche veröffentlichte. Laut RBB waren in Mitte vergangene Woche durchschnittlich 2165 E-Tretroller unterwegs – fast so viele wie in allen anderen Bezirken zusammen.
Mit der Zahl der E-Scooter würden auch die Verstöße zunehmen, sagte Mittes Bürgermeister Stephan von Dassel. Als er kürzlich Mitarbeiter des Ordnungsamts auf Streife schickte, erfassten diese in nur vier Stunden 60 Ordnungswidrigkeiten. „Die Zahl der Verstöße ist so hoch, dass wir da tätig werden müssen“, sagte der Bezirksbürgermeister.
Lesen Sie auch: Gewerkschaft der Polizei regt Helmpflicht für E-Scooter an
Außenbezirke sind bislang frei von E-Scootern
Den Nutzen der Tretroller hält er für begrenzt. Touristen, die früher zu Fuß gegangen seien, führen nun eben durchs Zentrum. Die einzigen Orte, wo die Roller seiner Meinung nach wirklich sinnvoll wären, die Außenbezirke, sind bisher jedoch E-Scooter-freie Zonen. Der Mitte-Bürgermeister forderte daher die von Regine Günther (Grüne) geführte Senatsverkehrsverwaltung zum Handeln auf. „Die Lage nur im Auge behalten reicht nicht, man muss ein Konzept haben und das umsetzen.“
Für von Dassel heißt das: Entweder der Senat muss den E-Scooter-Betrieb ausschreiben und die Betreiber verpflichten, auch am Stadtrand Tretroller aufzustellen. Oder die Unternehmen müssten für die Nutzung zahlen. „Warum“, fragt der Bezirksbürgermeister, „stellen wir unser Straßenland kostenlos zur Verfügung, um Gewinnstreben von Privatunternehmen zu ermöglichen?“
Mitte könnte Sondernutzungsgebühren für E-Scooter verlangen
Sollte die Verkehrsverwaltung nichts unternehmen, denkt von Dassel darüber nach, selber zu handeln. „Wenn es keine Regelung auf Landesebene gibt, nutzen wir die rechtliche Lücke, die es da wohl gibt.“ Konkret heißt das: Der Bezirk Mitte könnte von den E-Scooter und Leihrad-Unternehmen Sondernutzungsgebühren verlangen für den gewerblichen Gebrauch des öffentlichen Straßenlands. „Alleine die Ankündigung würde die Masse verringern“, ist von Dassel überzeugt.
Für den Plan will er nun weitere betroffene Bezirke wie etwa Friedrichshain-Kreuzberg mit ins Boot holen. Auch dort ächzt man schon unter der Flut von E-Scootern. „Die Frage, ob E-Scooter für die Ordnung und Sicherheit im öffentlichen Raum ein Problem darstellen, ist eindeutig zu bejahen“, heißt es aus dem Ordnungsamt dort. Die E-Tretroller würden kreuz und quer abgestellt und insbesondere Fußgänger gefährden. Einen Alleingang der Bezirke hält man jedoch in Friedrichshain-Kreuzberg nicht für angebracht. „Wir gehen davon aus, dass auf Landesebene eine generelle Regelung gefunden werden muss.“